Justiz ermittelt Mafiaboss bringt Erdogan-Regierung in die Bredouille

dpa/uri

19.5.2021

Die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wird von einem türkischen Mafioso mit Enthüllungsvideos angegangen.
Die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wird von einem türkischen Mafioso mit Enthüllungsvideos angegangen.
Keystone/Turkish Presidency/AP-Pool/-

Ein türkischer Mafiaboss enthüllt Verbindungen zwischen der türkischen Regierung und dem organisierten Verbrechen. Innenminister Süleyman Soylu reagiert nun mit einer Strafanzeige.

dpa/uri

19.5.2021

Der Mafiapate Sedat Peker schiesst seit Wochen gegen die türkische Regierung – und hier vor allem gegen Innenminister Süleyman Soylu. In verschiedenen Videos macht der unter anderem wegen Mord, Mordversuch und Entführung vorbestrafte 49-Jährige angebliche Verbindungen zwischen Regierungsmitgliedern und der Mafia öffentlich.

Nun beschäftigt die Fehde zwischen Peker und dem türkischen Innenminister die Justiz in der Türkei. Der Anwalt von Innenminister Süleyman Soylu habe Strafanzeige gegen den «Chef einer kriminellen Organisation» Sedat Peker wegen Beleidigung und Diffamierung eingereicht, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag.

Erdogan bleibt bisher verschont

Zuvor hatte der Mafiaboss, der sich angeblich nach Dubai abgesetzt hat, in den vergangenen Wochen immer wieder Videos veröffentlicht, in denen er unter anderem dem Innenminister und anderen Regierungspolitikern etwa Verbindungen zur organisierten Kriminalität unterstellt.

Soylu etwa habe ihm Bescheid gegeben, als Ermittlungen gegen ihn aufgenommen wurden, bevor er aus der Türkei floh, so Peker. Er habe ihm auch eine sichere Rückkehr versprochen, behauptet er in einem Video. In der Strafanzeige weist der Anwalt Soylus die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück und nannte sie «erfunden».



Den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan spart Peker bei seiner Kritik bisher aber aus. Wie der «Tagesspiegel» berichtet, sei der nationalistische Mafiaboss zudem eine Zeit lang als «rabiater Anhänger» der Erdogan-Regierung aufgetreten. Er habe regierungskritischen Akademikern, die ein Ende des Kurden-Konfliktes gefordert hatten, öffentlich gedroht, er werde sie am nächsten Baum aufhängen und in ihrem Blut baden.

In einem Video rühmt er sich zudem damit, er haben einen ehemaligen AKP-Abgeordneten wegen angeblich respektloser Äusserungen über Erdogans Frau verprügeln lassen. Mit Pekers Unterstützung der Erdogan-Regierung sei es indes vorbei, seit er im Januar 2020 ins Ausland geflohen sei. Ein Rivale Pekers sei auf Betreiben von Erdogans rechtsnationaler Koalitionspartei MHP aus dem Gefängnis entlassen worden und habe dessen Platz als staatsnaher Mafiaboss übernommen, weiss der «Tagesspiegel».

Vor allem der türkische Innenminister Süleyman Soylu (Zweiter von rechts) wird von Peker angegangen. 
Vor allem der türkische Innenminister Süleyman Soylu (Zweiter von rechts) wird von Peker angegangen. 
Bild: Keystone

Die Serie seiner regierungskritischen Videos habe erst begonnen, so die Zeitung, nachdem die türkische Polizei in landesweiten Razzien Dutzende Mitglieder seiner Bande habe festnehmen lassen. Peker ärgert sich demnach in seinen Videos besonders über Soylu, der ihn angeblich lange geschützt, dann aber habe fallen lassen.

Innenminister Soylu schiesst via Twitter zurück

Soylu hatte auf die Vorwürfe via Twitter reagiert und Peker unter anderem als «Mafia-Dreckskerl» bezeichnet. Der Innenminister steht für einen streng nationalistischen Kurs und gilt als Politiker, der grossen Rückhalt in der regierenden islamisch-konservativen AKP geniesst.

Peker war in der Vergangenheit unter anderem wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung und Dokumentenfälschung zu 14 Jahren Haft verurteilt worden, wurde aber 2014 frühzeitig entlassen. Gegen ihn wird in der Türkei ermittelt – ausserdem wird er von Interpol gesucht.