Weil Theresa May die Abstimmung über den Deal auf Eis gelegt hat, wollen die Hinterbänkler die Premierministerin zu Fall bringen. Doch May kämpft weiter. Die Wahl eines neuen Chefs könnte den geplanten EU-Austritt verzögern oder sogar verhindern, warnte May.
Wandbild in Dover des Street-Art-Künstlers Banksy. EU-Vertreter hatten am Dienstag erklärt, es gebe keinen Raum für Neuverhandlungen des Brexit-Abkommens. (Archivbild)
EU-Befürworter kritisieren vor dem britischen Parlament das Brexit-Monster. (Bild vom 11. Dezember)
EU-Befürworter protestieren in London mit einer Karikatur von Premierministerin Theresa May auch am Mittwoch gegen den Brexit.
Hinter dem Misstrauensantrag gegen Premierministerin Theresa May steht vor allem der erzkonservativen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg. (Archiv)
Verliest das Resultat der Abstimmung: Graham Brady, der Vorsitzende des zuständigen Parteikomitees.
May übersteht Misstrauensvotum
Weil Theresa May die Abstimmung über den Deal auf Eis gelegt hat, wollen die Hinterbänkler die Premierministerin zu Fall bringen. Doch May kämpft weiter. Die Wahl eines neuen Chefs könnte den geplanten EU-Austritt verzögern oder sogar verhindern, warnte May.
Wandbild in Dover des Street-Art-Künstlers Banksy. EU-Vertreter hatten am Dienstag erklärt, es gebe keinen Raum für Neuverhandlungen des Brexit-Abkommens. (Archivbild)
EU-Befürworter kritisieren vor dem britischen Parlament das Brexit-Monster. (Bild vom 11. Dezember)
EU-Befürworter protestieren in London mit einer Karikatur von Premierministerin Theresa May auch am Mittwoch gegen den Brexit.
Hinter dem Misstrauensantrag gegen Premierministerin Theresa May steht vor allem der erzkonservativen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg. (Archiv)
Verliest das Resultat der Abstimmung: Graham Brady, der Vorsitzende des zuständigen Parteikomitees.
Die britische Premierministerin Theresa May gewinnt die Misstrauensabstimmung um ihr Amt als Chefin der konservativen Regierungspartei. Was das wert ist, muss sich erst noch zeigen. Jetzt bittet sie die Europäer um Hilfe.
Nach dem gescheiterten Aufstand ihrer eigenen Fraktion in London setzt Premierministerin Theresa May nun auf die Hilfe der Europäer: Der EU-Gipfel von heute Donnerstag in Brüssel beschäftigt sich erneut mit den britischen Austrittsplänen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs wollen dazu beitragen, dass der fertige EU-Austrittsvertrag eine Mehrheit im britischen Parlament findet und eine chaotische Trennung Ende März vermieden wird. Wie dies ohne Nachverhandlungen geschehen soll, ist allerdings offen.
May sagte, sie wolle nun «rechtliche und politische Rückversicherungen» hinsichtlich der Backstop genannten Garantie für eine offene Grenze zwischen Nordirland und Irland suchen. Die Regelung im Brexit-Vertrag ist bei britischen Abgeordneten heftig umstritten. Die EU signalisiert Entgegenkommen, allerdings in sehr engen Grenzen und ohne Vertragsänderung.
117 Parteikollegen rebellieren
Am Mittwochabend musste sich May einer Misstrauensabstimmung stellen. Die Chefin der Konservativen Partei erhielt die Stimmen von 200 der 317 konservativen Abgeordneten im Unterhaus. Sie kann damit als Parteichefin und Premierministerin weitermachen.
Für May ist das dennoch kein Grund zum Feiern. Sie muss weiterhin ihren Brexit-Deal durchs Parlament bringen und nun damit rechnen, dass 117 Abgeordnete ihrer eigenen Partei dabei nicht mitspielen werden. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Parlament ist das ein desaströses Ergebnis.
Eine «erhebliche Zahl» an Abgeordneten habe gegen sie gestimmt, sagte May gestern Abend vor dem Regierungssitz 10 Downing Street in London. «Ich habe mir angehört, was sie gesagt haben.» Hinter dem Misstrauensantrag gegen May standen vor allem Brexit-Hardliner in ihrer Fraktion um den erzkonservativen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg. Das Ergebnis sei «schrecklich», sagte er. «Sie muss dringend zur Queen gehen und zurücktreten.»
Die Uhr tickt
Nicht nur in ihrer eigenen Partei brodelt es. Auch die nordirische DUP, auf die Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, und die Opposition kündigten Widerstand an. Labour-Chef Jeremy Corbyn setzt auf Neuwahlen. Grossbritannien will Ende März aus der Staatengemeinschaft austreten.
Ausgelöst wurde die Kampfabstimmung durch den Streit über das Brexit-Abkommen, das die Unterhändler Grossbritanniens und der EU in Brüssel ausgehandelt hatten. Die Brexit-Hardliner um Rees-Mogg befürchten, dass Grossbritannien durch das Abkommen dauerhaft eng an die Europäische Union gebunden wird. In weniger als vier Monaten – am 29. März – will das Land aus der Staatengemeinschaft ausscheiden.
May hatte eine für Dienstag angesetzte Abstimmung über ihren Brexit-Deal auf Eis gelegt, weil sie auf eine sichere Niederlage zusteuerte. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Einen neuen Termin für die Abstimmung gibt es bislang noch nicht. May kündigte lediglich an, dass sie vor dem 21. Januar stattfinden soll.
Regierungschefs diskutieren Szenarien
Hauptstreitpunkt im Vereinigten Königreich ist der von der EU verlangte Backstop. Brexit-Befürworter befürchten, dass die im Austrittsvertrag vorgesehene Regelung Grossbritannien auf Dauer eng an die Europäische Union bindet. Sie wollen eine Befristung. Das hat die EU abgelehnt.
Merkel betonte am Mittwoch im deutschen Parlament, man arbeite hart, um einen ungeregelten Brexit ohne Vertrag zu vermeiden. Ratschef Donald Tusk stellte aber in seinem Einladungsbrief an die EU-Staats- und Regierungschefs auch klar, dass man sich nun verstärkt für ein solches Szenario wappne. «Da die Zeit davonrennt, werden wir auch den Stand der Vorbereitung für ein No-Deal-Szenario diskutieren», schrieb Tusk. Er bezeichnete die Situation in Grossbritannien als ernst.
EU uneinig über Finanzplanung
Neben dem Brexit wollen die EU-Staats- und Regierungschefs heute auf ihrem letzten Gipfel in diesem Jahr erstmals die Finanzplanung für die Zeit ab 2021 diskutieren. Umfang, Verteilung und Regeln des künftigen EU-Finanzrahmens sind höchst umstritten – auch weil der Brexit mittelfristig ein grosses Loch in den EU-Haushalt reissen wird.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat vorgeschlagen, Gelder für Landwirte und strukturschwache Regionen zu kürzen. Investitionen in Bereiche wie Forschung, Jugend und digitale Wirtschaft sollen hingegen aufgestockt werden.
Weil bislang keine Einigung darauf absehbar ist, will man sich beim Gipfel nun zumindest auf einen Fahrplan für die weiteren Verhandlungen verständigen. Er soll nach dem Entwurf für die Abschlusserklärung vorsehen, bis Herbst 2019 einen Kompromiss zu finden.
Beschliessen werden die EU-Staaten am Abend aller Voraussicht nach eine Verlängerung der in der Ukraine-Krise 2014 verhängten Sanktionen gegen Russland um sechs Monate.
Besprochen werden soll dabei auch die jüngste Eskalation zwischen der Ukraine und Russland im Asowschen Meer. Dort hatte die russische Küstenwache Ende November drei Schiffe der ukrainischen Marine mit Gewalt daran gehindert, vom Schwarzen Meer in das Asowsche Meer zu fahren. Die ukrainischen Schiffe wurden beschlagnahmt und die Seeleute festgenommen. Länder wie Polen oder Litauen haben sich deswegen für zusätzliche Sanktionen gegen Russland ausgesprochen.
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