Angriffe militanter Serben Mehrere KFOR-Soldaten bei Unruhen im Nord-Kosovo verletzt

SDA

30.5.2023 - 04:45

Serbien versetzt Armee in Bereitschaft nach Zusammenstössen im Kosovo

Serbien versetzt Armee in Bereitschaft nach Zusammenstössen im Kosovo

STORY: Nach Zusammenstössen in einer mehrheitlich von Serben bewohnten Stadt im Kosovo hat der serbische Präsident Aleksandar Vucic die Armee seines Landes in Bereitschaft versetzt. Die kosovarische Polizei in Zvecan hatte Tränengas gegen eine Menschenmenge eingesetzt, die den Einzug eines neuen, kosovoalbanischen Bürgermeisters verhindern wollten. Die Polizei berichtete von fünf verletzten Beamten, örtliche serbische Gesundheitsbehörden von zehn leichtverletzten Personen. In vier nördlichen Gemeinden des Kosovo leben etwa 50.000 Serbien. Sie boykottierten die Kommunalwahl am 23. April und weigern sich, mit den neuen, vier albanischen Bürgermeistern zusammenzuarbeiten. Es sei klar, dass Terror gegen die serbische Gemeinschaft im Kosovo verübt werde, sagte der serbische Verteidigungsminister. Das Verlegen von Truppen näher an die Grenze zum Kosovo sei eine dringende Massnahme.

30.05.2023

Die Stimmung hatte sich über die letzten Tage hochgeschaukelt. Die Serben im nördlichen Landesteil wollen die Hoheit der kosovarischen Regierung nicht anerkennen. Nun griffen sie sogar die Nato-geführte Schutztruppe an.

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  • Serben wollen im Nordkosovo die Einsetzung eines neuen Bürgermeisters verhindern.
  • Um diesen zu schützen, ist die Schutztruppe KFOR vor Ort.
  • Mehrere Uniformierte aus Italien und Ungarn erlitten bei Angriffen militanter Serben in der Ortschaft Zvecan Knochenbrüche und Verbrennungen.
  • Das EDA und die Nato verurteilen die Angriffe.

Bei Zusammenstössen im serbisch bewohnten Norden des Kosovos sind zahlreiche Soldaten der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe KFOR verletzt worden. Mehrere Uniformierte aus Italien und Ungarn erlitten bei Angriffen militanter Serben in der Ortschaft Zvecan Knochenbrüche und Verbrennungen, teilte das KFOR-Kommando am Montagabend in Pristina mit.

Das italienische Verteidigungsministerium sprach in einer Mitteilung von 14 Verletzten Italienern des KFOR-Kontingents. Auch 20 ungarische KFOR-Soldaten seien unter den Verletzten, schrieb das Budapester Nachrichtenportal «hvg.hu» unter Berufung auf diplomatische Kreise.

EDA verurteilt Angriffe auf KFOR

Das Schweizer Aussendepartement hat nach gewaltsamen Zusammenstössen im Norden Kosovos Angriffe auf Soldaten der Kosovo-Schutztruppe KFOR aufs Schärfste verurteilt. Das EDA rief zur Rückkehr zur Ruhe im Norden des Kosovo auf. Die KFOR-Truppen setzten sich für Frieden und Sicherheit in der Region ein, hiess es am Dienstag im Tweet des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Jeder Akt der Provokation solle von allen Beteiligten vermieden werden.

«Inakzeptabel und unverantwortlich»

Die Nato verurteilte die Angriffe auf die KFOR-Truppen scharf. «Solche Angriffe sind völlig inakzeptabel. Die Gewalt muss sofort aufhören. Wir rufen alle Seiten auf, von Handlungen Abstand zu nehmen, die die Spannungen weiter anheizen, und in einen Dialog einzutreten», hiess es von einer Sprecherin der Militärallianz.

KFOR werde alle erforderlichen Massnahmen ergreifen, um ein sicheres Umfeld aufrechtzuerhalten. Auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verurteilte den Angriff. «Was hier geschieht, ist absolut inakzeptabel und unverantwortlich. Wir werden keine weiteren Angriffe auf die KFOR dulden», sagte sie am Montagabend laut einer Mitteilung.

Die Zusammenstösse ereigneten sich am Montagnachmittag, als militante Serben gegen die Einsetzung neuer Bürgermeister in Zvecan und weiteren Gemeinden protestierten. KFOR-Soldaten, die das Gemeindeamt in Zvecan sicherten, lösten den gewalttätig gewordenen Protest auf, wie örtliche Medien berichteten.

Dabei setzten sie Blendgranaten und Tränengas ein. Die Menge bewarf sie wiederum mit Steinen, Brandsätzen, Flaschen und anderen Gegenständen. Ein Serbe wurde durch Schüsse verletzt, teilte das Krankenhaus in der nahen Stadt Mitrovica mit. Weitere 52 Serben seien dort mit Verletzungen eingeliefert worden, so das Krankenhaus.

Gewalttätige Proteste

Die etwa 300 KFOR-Soldaten hatten zuvor am Montagmorgen in Kampfmontur vor dem Gemeindeamt in Zvecan Stellung bezogen. Zugleich hatte sich auch eine grössere Menge serbischer Demonstranten vor dem Amtsgebäude versammelt. Die KFOR-Truppe sollte anstelle der kosovarischen Sonderpolizei das Amtsgebäude sichern. Diese hatte sich am vergangenen Freitag Zugang zum Gemeindeamt verschafft, was schon damals gewalttätige Proteste militanter Serben ausgelöst hatte.

Verletzte Soldaten der von der Nato geführten Kosovo-Friedenstruppe KFOR nach Zusammenstössen mit Kosovo-Serben am Montag.
Verletzte Soldaten der von der Nato geführten Kosovo-Friedenstruppe KFOR nach Zusammenstössen mit Kosovo-Serben am Montag.
Bild: Keystone/EPA/Georgi Licovski

Die Polizei hatte den neuen Bürgermeister, einen Albaner, der sein Amt antreten wollte, eskortiert. Serben protestieren auch in zwei anderen Orten des Nord-Kosovos, wo ebenfalls albanische Bürgermeister die Amtsgeschäfte übernahmen. Die drei waren im April gewählt worden, wobei fast alle Serben die Wahl boykottiert hatten. Deshalb kommen die Wahlsieger aus albanischen Parteien. Die bisherigen serbischen Bürgermeister hatten ihre Funktionen im November 2022 aus Protest gegen die Politik der kosovarischen Regierung niedergelegt.

Zur Eskalation am Montag kam es, als sich die serbische Menge in Zvecan weigerte, die dort noch stehenden Fahrzeuge der kosovarischen Polizei wegfahren zu lassen. Der KFOR-Trupp löste daraufhin die Versammlung auf.

Serbien erkennt Eigenstaatlichkeit einstiger Provinz nicht an

Das heute fast ausschliesslich von Albanern bewohnte Kosovo erklärte sich 2008 für unabhängig. Serbien erkennt die Eigenstaatlichkeit seiner einstigen Provinz nicht an und verlangt die Rückgabe. Zugleich schürt es immer wieder Spannungen unter der serbischen Bevölkerung des Kosovos.

Belgrad hatte 1999 auf einen bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner mit Vertreibungen und Massentötungen von Zivilisten reagiert. Die Nato griff daraufhin mit Bombardierungen ein und erzwang einen Abzug der serbischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo. Ein UN-Sicherheitsratsbeschluss aus demselben Jahr beauftragte die KFOR damit, die Sicherheit im Kosovo zu gewährleisten.