Flüchtlinge Migrantenkrise in spanischer Exklave Ceuta spitzt sich zu

dpa

18.5.2021 - 21:31

Der Ansturm von Migranten und Flüchtlingen auf die spanische Exklave Ceuta in Nordafrika hält an.
Der Ansturm von Migranten und Flüchtlingen auf die spanische Exklave Ceuta in Nordafrika hält an.
Bild: KEYSTONE/BRAIS LORENZO

Mindestens 8000 Menschen haben innerhalb von nur zwei Tagen versucht, schwimmend oder über Zäune auf spanisches Gebiet in Nordafrika zu gelangen. Die humanitäre Krise verschärft auch einen diplomatischen Streit zwischen Spanien und Marokko.

18.5.2021 - 21:31

Der Ansturm von Migranten und Flüchtlingen auf die spanische Exklave Ceuta in Nordafrika hält an. Mindestens 8000 Menschen kamen seit Montagmorgen über die marokkanische Grenze, indem sie entweder durchs Meer schwammen oder über Zäune kletterten, wie die spanische Regierung am Dienstag mitteilte. Am Strand parkten Panzerfahrzeuge, überforderte Soldaten nahmen die eingetroffenen Menschen im Empfang, Sanitäter versorgten die vor Kälte zitternden und erschöpften Ankömmlinge. Mindestens 4000 seien bis Dienstag wieder nach Marokko abgeschoben worden, teilte das Innenministerium in Madrid mit.

Die Grenze zwischen Marokko und Spanien heute Morgen: In Ceuta hat das spanische Militär Stellung bezogen. Die marokkanische Polizei kontrolliert den Strand nicht mehr – viele Flüchtende versuchen, nach Ceuta zu schwimmen.
Die Grenze zwischen Marokko und Spanien heute Morgen: In Ceuta hat das spanische Militär Stellung bezogen. Die marokkanische Polizei kontrolliert den Strand nicht mehr – viele Flüchtende versuchen, nach Ceuta zu schwimmen.
Bild: Keystone

Der plötzliche Migrantenzustrom hat einen diplomatischen Streit zwischen Spanien und Marokko vertieft. Hintergrund ist, dass Spanien den an Covid-19 erkrankten Chef der Polisario-Front, Brahim Ghali, zur medizinischen Behandlung einreisen liess. Die Gruppe kämpft für die Unabhängigkeit der Westsahara, eines Territoriums, das Marokko 1975 annektierte. Marokko war deshalb verärgert über die Aufnahme Ghalis. Nach offizieller Darstellung haben die zuletzt laxen Grenzkontrollen Marokkos rund um Ceuta nichts mit dem Streit zu tun. Der Bürgermeister von Ceuta, Juan Jesús Vivas, deutete aber an, dass das sehr wohl der Grund für den Zustrom sein könnte.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte wegen der Lage in Ceuta eine Reise nach Paris ab und kündigte an, in die Exklave zu reisen. Er bezeichnete Marokko als «Freund Spaniens», rief aber die örtlichen Behörden gleichzeitig auf, die gemeinsame Grenze zu respektieren. Am Dienstagnachmittag wurde denn auch eine marokkanische Strasse zum Grenzübergang nach Ceuta wieder gesperrt und Bereitschaftspolizisten vertrieben Migranten, die hinüberwollten.

Dutzende wegen Unterkühlung behandelt

Auf spanischer Seite versuche das Militär, Migranten abzuschrecken, aber auf der anderen Seite der Sperrzäune seien sehr viele, die herüberwollten, sagte Bürgermeister Vivas, der gleichzeitig auch Regionalpräsident der autonomen Stadt mit etwa 85'000 Einwohnern ist. Ein junger Mann ertrank bei dem Versuch, nach Ceuta zu gelangen. Dutzende weitere mussten wegen Unterkühlung behandelt werden. Für die Marokkaner gibt es eine Abschiebe-Vereinbarung zwischen Spanien und Marokko. Viele der Migranten stammten aber aus Ländern südlich der Sahara, von wo sie wegen Konflikten oder Hunger fliehen. Spanien hat Übereinkommen mit einigen ihrer Ursprungsländer, um sie nach Hause zu schicken, aber nicht mit allen.

Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska dementierte Berichte, wonach unbegleitete Marokkaner unter 18, die legal unter spanischer Vormundschaft im Land bleiben dürften, ebenfalls abgeschoben worden seien. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sprach von einer besorgniserregenden Entwicklung und rief die marokkanische Regierung auf, die Menschen davon abzuhalten, überhaupt nach Ceuta aufzubrechen. «Die spanischen Grenzen sind europäische Grenzen», sagte sie.

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