Gegner der MilitärjuntaMyanmars Botschafter darf nicht in Londoner Botschaft
dpa
8.4.2021 - 21:26
Der Machtkampf in Myanmar zieht weitere Kreise: Dem Botschafter in London – erklärter Gegner der Militärjunta – bekommt Konsequenzen für seine Haltung zu spüren.
08.04.2021, 21:26
dpa
Myanmars Botschafter in Grossbritannien, ein erklärter Gegner der Militärjunta in seinem Land, ist von seiner eigenen Botschaft in London ausgesperrt worden.
Wie ein Sprecher von Kyaw Zwar Minn mitteilte, wurde ihm der Zutritt zu dem Gebäude im Zentrum der britischen Hauptstadt gestern Abend verwehrt. Der Militärattaché habe die Kontrolle über die Vertretung übernommen. Über seinen Sprecher rief der Botschafter die britische Regierung auf, einen von der Militärregierung benannten Nachfolger nicht anzuerkennen. Aus Kreisen des britischen Ausseministeriums hiess es, eine formelle Abberufung des Botschafters sei inzwischen eingegangen. Ein Nachfolger sei jedoch noch nicht benannt worden.
Dem «Telegraph» sagte Kyaw Zwar Minn: «Sie sagten, sie hätten eine Anweisung aus der Hauptstadt erhalten, deshalb würden sie mich nicht reinlassen.» «Dies ist Grossbritannien, wir sind nicht in Myanmar.» Die britische Regierung werde das nicht zulassen. Das sei ein «Putsch» des «myanmarischen Militärs». Laut der Metropolitan Police in London versammelten sich vor der Botschaft Menschen, um ihren Protest gegen die Aussperrung des Botschafters kundzutun. Medienberichten zufolge verbrachte er die Nacht in seinem Auto vor dem Botschaftsgebäude.
Kyaw Zwar Minn hatte sich im März als Gegner des Militärputsches in dem südostasiatischen Land positioniert. Er forderte die Freilassung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Die 75-Jährige sitzt im Hausarrest.
Der britische Aussenminister Dominic Raab bezeichnete die Ereignisse in London als «Schikane» und lobte den Botschafter für seinen Mut. «Grossbritannien ruft weiterhin dazu auf, den Putsch und die entsetzliche Gewalt zu beenden und die Demokratie rasch wiederherzustellen», so Raab auf Twitter.
Schauspieler festgenommen
Unterdessen wurde in Myanmar der bekannte Schauspieler Paing Takhon vom Militär festgenommen. Der 24-Jährige, der auch in Thailand und China berühmt ist und neben der Schauspielerei als Sänger und Model arbeitet, hatte sich an den Protesten gegen die neue Junta beteiligt. Takhon sei am Morgen aus dem Haus seiner Mutter in der grössten Stadt Yangon abgeführt worden, berichteten lokale Medien und die Bewegung des zivilen Ungehorsams (CDM), die den Widerstand gegen die Generäle organisiert. Soldaten seien mit acht Militärfahrzeugen angerückt, heisst es.
Sein Fanclub teilte mit, dass der beliebte Star krank gewesen sei und sich deshalb bei seiner Mutter aufgehalten habe. Takhon war unter anderem auf Facebook und Instagram gegen die neue Militärführung aktiv, wo er Einfluss auf Millionen Follower hat. Zahlreiche Fans zeigten sich schockiert und tief besorgt. Immer wieder gibt es Berichte über Folter und schwere Misshandlungen bei Verhören.
Das Portal Eleven Myanmar schrieb, dass vor dem Filmstar bereits weitere Prominente inhaftiert worden seien, darunter eine Facebook-Berühmtheit, ein Comedian und zwei Schauspieler. «Die Junta nimmt jetzt Ärzte, Ingenieure, Studenten, Arbeiter und auch Schauspieler fest», schrieb die Bewegung CDM auf Twitter. Das Militär hatte zuvor eine Liste mit Haftbefehlen für 120 Prominente – darunter Künstler, Social-Media-Stars und Journalisten – veröffentlicht, die als Gegner der Generäle gelten und sich derzeit versteckt halten, wie die Zeitung «The Irrawaddy» berichtete.
Protest gegen Putsch
In Myanmar gehen seit Wochen zahlreiche Menschen auf die Strasse, um gegen den Putsch der Generäle Anfang Februar zu protestieren. Nach Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP sind seit dem Umsturz mehr als 580 Menschen ums Leben gekommen, 2750 sitzen derzeit noch in Haft. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Opfer sehr viel höher sein könnte.
Das Militär hatte nach dem Putsch vom 1. Februar im früheren Birma die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi in Gewahrsam genommen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt. Die Demonstranten fordern die Rückkehr zu demokratischen Reformen und die Wiedereinsetzung von Suu Kyis ziviler Regierung.