Tories toben, Premier poltert Nach seinem Ruanda-Debakel will Rishi Sunak Grossbritannien isolieren

tafi

15.11.2023

Gerichtsurteil: Ruanda-Asyl-Plan der britischen Regierung zurückgewiesen

Gerichtsurteil: Ruanda-Asyl-Plan der britischen Regierung zurückgewiesen

Der oberste britische Gerichtshof hat Pläne der Regierung zu Asylverfahren in Ruanda als gesetzeswidrig eingestuft. Für Premierminister Rishi Sunak steht viel auf dem Spiel.

15.11.2023

Grossbritannien wollte Asylverfahren nach Ruanda auslagern. Doch der Plan wird vom Obersten Gericht zerpflückt. Nun wüten die eigenen Reihen gegen den Premierminister Rishi Sunak – und der will das Urteil ignorieren.

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  • Bei einem seiner wichtigsten politischen Projekte hat der britische Premierminister Rishi Sunak eine krachende Niederlage vor Gericht erlitten.
  • Der Oberste Gerichtshof untersagte die Pläne des konservativen Regierungschefs, Migranten nach Ruanda abzuschieben und dort einen Asylantrag stellen zu lassen.
  • Nach dem Urteil tobt die konservative Tory-Partei von Sunak, der sich selbst trotzig gibt und ein Schlupfloch finden will, seine Ruanda-Pläne doch noch umzusetzen.

Für Rishi Sunak war das Urteil ein Debakel: Grossbritannien darf bis auf Weiteres keine Migranten ohne Verfahren nach Ruanda abschieben, verfügte der Oberste Gerichtshof. Die rigide Asylpolitik des britischen Premierministers endet – vorerst – in einer Demütigung, sagen Beobachter.

Abfinden mit der Niederlage will sich Sunak freilich nicht. Das kann sich der Regierungschef auch gar nicht leisten. Er steht unter Druck vom äussersten rechten Flügel seiner ohnehin nach rechts gerückten Tories und hinkt in den Umfragen hinterher: Im nächsten Jahr wird im Vereinigten Königreich gewählt. Die Labour Partei ist Sunaks Konservativen um 20 Prozentpunkte enteilt.

Die Konservativen toben und poltern

Es ist also kaum ein Wunder, dass es nach der Urteilsverkündung rumorte bei den Tories. Zuvor hatte schon die erst am Montag als Innenministerin geschasste Stella Braverman scharf mit Sunak abgerechnet. Ihre Vorwürfe: «wiederholtes Versagen» in der Flüchtlingspolitik und «Verrat» am britischen Volk. Sunak hätte es mehr als ein Jahr lang aus Unfähigkeit oder Unwilligkeit versäumt, «einen glaubwürdigen Plan B» zu entwickeln.

Das Ruanda-Urteil des Supreme Courts ist für die Tory-Partei der «Wort case», der schlimmste anzunehmende Unfall. Exponierte Mitglieder des rechten Parteiflügels forderten umgehend, «unwillkommene Asylbewerber zurück zu den französischen Stränden zu befördern und sie dort abzusetzen».

Sie forderten Sunak zudem auf, unverzüglich den Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Konvention für Menschenrechte vorzubereiten, das Gerichtsurteil zu ignorieren und sofort mit Massenabschiebungen zu beginnen.

Sunak sucht jetzt ein Schlupfloch für sein Asylversprechen

Sunak beugte sich dem Druck und versprach, an der Abschiebung von Migranten nach Ruanda festhalten zu wollen. Die ersten Flüge dieser Art in das ostafrikanische Land sollten im kommenden Frühjahr starten.

Notfalls sollen dafür Gesetze geändert werden. Nach Sunaks Auffassung habe das Gericht bestätigt, dass das Prinzip der Abschiebung von Asylsuchenden in ein sicheres Drittland rechtmässig sei. Man müsse Ruanda nun einfach nur zu einem sicheren Land erklären.

Der Premierminister versprach: «Ich werde keinem ausländischen Gericht erlauben, diese Flüge zu blockieren.» Dafür sei er bereit, den Austritt aus internationalen Verträgen zum Schutz der Menschenrechte in Erwägung zu ziehen, erklärte Sunak.

Alles andere als erfreut über einen Gerichtsentscheid zur geplanten Abschiebung von Geflüchteten nach Ruanda: Rishi Sunak.
Alles andere als erfreut über einen Gerichtsentscheid zur geplanten Abschiebung von Geflüchteten nach Ruanda: Rishi Sunak.
Leon Neal/PA/dpa

Die Kampfansage des 43-Jährigen dürfte den rechten Parteiflügel beruhigen, der seit dem Rauswurf von Suella Braverman in Aufruhr ist. Die Politikerin will nach Ansicht von Kommentatoren nach der erwarteten Wahlschlappe im nächsten Jahr selbst Tory-Chefin werden.

Rechtsexperten halten Sunaks neue Pläne indes für einen extremen Schritt. Joelle Grogan, eine leitende Forscherin bei der Denkfabrik U.K. in a Changing Europe, sagte, der Austritt aus der Europäischen Menschenrechtskonvention würde den Ruf Grossbritanniens international stark beschädigen.

Mit Agenturmaterial.