Kreml-Kritiker erkrankt Nawalny-Ärztin wird «Zugang zu sterbendem Menschen verwehrt»

tafi/Agenturen

7.4.2021

Alexej Nawalny geht es offenbar immer schlechter. Seine Hausärztin darf den inhaftierten Kreml-Kritiker dennoch nicht behandeln. Sie wurde mit weiteren Unterstützern vor Nawalnys Straflager festgenommen.

tafi/Agenturen

7.4.2021

«Wer muss man sein, um Ärzten den Zugang zu einem sterbenden Menschen zu verwehren», fragte Anastassija Wassiljewa am Dienstag vor dem Straflager in Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau. Wassiljewa ist die Hausärztin von Alexej Nawalny und hat gemeinsam mit Kollegen Zugang zum erkrankten Kremlgegner gefordert, der in dem Lager inhaftiert ist.

Vergeblich. Anstatt den 44-jährigen Nawalny, der sich seit einer Woche im Hungerstreik befindet und seitdem bereits fünf Kilogramm Körpergewicht verloren haben soll, medizinisch versorgen zu können, wurde die Ärztin festgenommen. Auch einige weitere Unterstützer des russischen Oppositionellen kamen in Haft.

Auch der Moskauer CNN-Korrespondent Matthew Chance informierte bei Twitter mit einem Foto über seine vorübergehende Festnahme. Das Aussenministerium in Moskau teilte mit, Journalisten hätten die Arbeit vor dem Straflager behindert.

Chance und sein Team kamen nach einigen Stunden wieder frei. Ob Anastasia Wasiljewa, die am Abend wieder nach Moskau zurückkehren durfte, ebenfalls offiziell freigelassen wurde, blieb zunächst unklar.

Nur ein Pfleger und kein Arzt im Straflager

Vor ihrer Festnahme hatte Wasiljewa gesagt, sie sei «besorgt» und wolle verstehen, «was im Lager Pokrow vor sich geht». Sie warf den Behörden vor, Nawalnys Rechte zu verletzen, indem sie sich weigerten, ihn angemessen zu behandeln.

Nawalny soll schwere Rückenschmerzen mit Lähmungserscheinungen im Bein, Fieber und Husten haben. Laut seiner Anwältin Olga Michailowa hat das Gefängnis nur einen Pfleger und keinen Arzt.

Die Ärztin Anastasia Wasiljewa habe Angst um Nawalnys Gesundheit und forderte seine Verlegung in ein ordentliches Krankenhaus. Nawalnys Frau Julia erklärte im Online-Dienst Instagram, sie habe einen Brief vom Leiter der Pokrow-Strafkolonie erhalten. In diesem stand demnach, dass die Gefängnisbeamten den Pass Nawalnys nicht hätten und ihn deshalb auch nicht in ein Krankenhaus bringen könnten.

Die Allianz der Ärzte, einer Vereinigung, die der Opposition nahesteht und den Behörden ein Dorn im Auge ist, kritisierte, dass Nawalny, der im Sommer einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok nur knapp überlebte, keine angemessene medizinische Hilfe erhalte. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte Kremlchef Wladimir Putin auf, seinen Gegner nicht sterben zu lassen.

Alexei Nawalny, russischer Oppositionsführer, steht während seiner Verhandlung hinter einer Glasscheibe im Babuskinsky-Bezirksgericht. Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa
Alexei Nawalny, russischer Oppositionsführer, steht während seiner Verhandlung hinter einer Glasscheibe im Babuskinsky-Bezirksgericht. Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa
Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

Kreml will keine «Sonderbehandlung» für Nawalny

«Wenn es sich wirklich um eine Krankheit handelt, dann wird auf dem entsprechenden, vorgesehenen Niveau eine Behandlung sichergestellt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Staatsagentur Tass zufolge. Peskow machte am Dienstag klar, dass Nawalny kein Anrecht auf eine Sonderbehandlung habe. Es könne keine «besonderen Bedingungen» für einzelne Häftlinge geben.

Die Staatspropaganda hatte das Straflager zuletzt mit einem Sanatorium, einem Ferienlager und einem Hotel verglichen. Dagegen wirft Nawalny dem Strafvollzug Foltermethoden vor. Pokrow gilt als eines der härtesten Straflager Russlands.