Kleingarten durchsucht Neue Spuren im Fall Maddie: «Der hat ja hier gewohnt»

dpa/tafi

28.7.2020

Seit 13 Jahren fehlt von der in Portugal entführten Maddie jede Spur. Die Behörden in Deutschland haben einen Deutschen als Mordverdächtigen im Visier. Nun suchen sie im Erdreich eines Kleingartens in Hannover nach Spuren.

Ein Kleinbagger schaufelt Erde in einem Kleingarten zur Seite, mit Spaten und Harke durchkämmen Polizisten den sandigen Boden. Vor Beginn des Einsatzes in der ansonsten verwaist wirkenden Kleingartenkolonie am Stadtrand von Hannover, der Landeshauptstadt des deutschen Bundeslandes Niedersachsen, werden Büsche beseitigt, sie füllten schnell zwei Container an der abgesperrten Zufahrt.

Die Grabungen am Dienstag stehen im Zusammenhang mit der 2007 aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwundenen dreijährigen Maddie McCann – dies bestätigt die Staatsanwaltschaft Braunschweig, wollte aber keine weiteren Details nennen. Ein 43-jähriger Deutscher, gegen den in dem spektakulären Fall wegen Mordverdacht ermittelt wird, soll nach dem Verschwinden der Britin in Hannover gelebt haben. Über die Durchsuchung unter Beteiligung des Bundeskriminalamtes (BKA) hatte zuerst die «Hannoversche Allgemeine Zeitung» berichtet.

Im Fall der vermissten Maddie durchsucht die deutsche Polizei offenbar einen Kleingarten in der Stadt Hannover.
Im Fall der vermissten Maddie durchsucht die deutsche Polizei offenbar einen Kleingarten in der Stadt Hannover.
Bilder: EPA/Jonas Nolden, AP Photo/HO Family

Ermittlungen seit sieben Jahren

Ein Sichtschutzzaun soll Blicke abwehren. Ein Beamter mit einem Spürhund kommt auf die Parzelle, auch Spurensicherer in weissen Anzügen sind da. Was das Grossaufgebot der Polizei zu finden hofft, verraten die Ermittler nicht. Auf ein, zwei Grundstücken der Kolonie werde im Sommer manchmal gegrillt, sagt eine Nachbarin, die mit Walkingstöcken vorbeikommt.



«Der hat ja hier gewohnt», sagt eine Passantin, als sie erfährt, dass es um den Verdächtigen im Fall Maddie geht. Nach Recherchen der Zeitung «Neue Presse» schlief er auch in einem Transporter auf einem Werkstattgelände – rund vier Kilometer von dem Kleingarten entfernt.

Der wegen anderer Delikte inhaftierte 43-Jährige steht im Verdacht, Maddie 2007 entführt zu haben. Die Ermittler in Deutschland sind überzeugt, dass das Mädchen tot ist. Am 3. Mai 2007 soll der Mann zu «tatrelevanter» Zeit in Praia da Luz mit dem Handy telefoniert haben. Das BKA ermittelt nach Zeugenhinweisen bereits seit 2013 im Fall Maddie gegen den Deutschen – allerdings reichten die Indizien bislang für eine Anklage nicht aus.

Mehrfach vorbestraft

Der Verdächtige äussert sich nicht zu den Mordvorwürfen. «Nach Akteneinsicht sehen wir weiter», sagt sein Anwalt Friedrich Fülscher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Ein Gericht hatte den 43-Jährigen Ende 2019 wegen schwerer Vergewaltigung unter Einbeziehung früherer Strafen zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er hatte 2005 in Praia da Luz eine damals 72-jährige Amerikanerin vergewaltigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.



Der Mann ist auch wegen sexuellen Kindesmissbrauchs vorbestraft. Verurteilt wurde er ausserdem wegen Urkundenfälschung (2010) und wegen gemeinschaftlichen Diebstahls (2013). In den Jahren 2013 bis 2015 pendelte der Mordverdächtige laut Behörden zwischen Deutschland und Portugal.

Zeugenaufruf in ZDF-Sendung

Nach einem erneuten Zeugenaufruf in der ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY ... ungelöst» zum Fall Maddie Anfang Juni gingen mehr als 800 Hinweise bei den Ermittlern ein. Zudem werden europaweit ungeklärte Verbrechen beziehungsweise Vermisstenfälle überprüft, ob es Bezüge zu dem verurteilten Sexualstraftäter geben könnte. Ermittler in Belgien und den Niederlanden öffneten alte Akten noch einmal.

Die Durchsuchung des Kleingartens in Hannover-Linden sollte nach Medienberichten am Mittwoch fortgesetzt werden. Anfang Juli hatte die portugiesische Polizei mithilfe von Tauchern in drei Brunnen nach der vor 13 Jahren verschwundenen Maddie gesucht – ohne Erfolg.

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