WhatsApp-Chats aufgetaucht Neuer Ärger für Johnson wegen Luxus-Renovierung

Von Christoph Meyer, dpa

8.1.2022 - 12:30

Für Boris Johnson sind es stürmische Zeiten.
Für Boris Johnson sind es stürmische Zeiten.
dpa

Das neue Jahr fängt nicht gut an für den britischen Premier. Schon in den ersten Tagen werden Details zur fragwürdigen Finanzierung des Luxus-Umbaus in der Downing Street bekannt.

Von Christoph Meyer, dpa

Für Boris Johnson beginnt das Jahr 2022 so, wie das alte Jahr zu Ende gegangen ist. Die Serie der Enthüllungen über mögliches Fehlverhalten des britischen Premierministers reisst nicht ab.

Am Freitag musste sich Johnson Korruptionsvorwürfe wegen der luxuriösen Renovierung seiner Dienstwohnung in der Londoner Downing Street gefallen lassen. Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Veröffentlichung einer Reihe von WhatsApp-Nachrichten zwischen Johnson und dem wohlhabenden Parteispender David Brownlow.

Johnson hatte in den Textnachrichten vom November 2020 um die Freigabe finanzieller Mittel für die Renovierung gebeten. «Ich fürchte, Teile unsere Wohnung sind noch immer ein bisschen eine Halde», schreib Johnson dem Unternehmer, der auch für die Konservativen im Oberhaus sitzt.

Im Gegenzug, so scheint es, versprach Johnson, ein von Brownlow favorisiertes Projekt voranzubringen: eine Grossveranstaltung mit dem Titel «Great Exhibition 2.0». Nur Wochen später traf sich der damalige Kulturminister Oliver Dowden mit Brownlow, um darüber zu sprechen.

Eine Hand wäscht die andere?

«Es sieht so aus, als habe Lord Brownlow Zugang zum Premierminister und zum Kulturminister gehabt, weil er für dessen Luxusrenovierung bezahlt hat. Es ist ziemlich unglaubwürdig, dass Boris Johnson nicht wusste, wer für die Luxus-Renovierung der Wohnung zahlte», sagte die Vizechefin der oppositionellen Labour-Partei, Angela Rayner. «Wenn das so ist, handelt es sich schlicht und ergreifend um Korruption.»



Johnson hatte seine Dienstwohnung Berichten zufolge für rund 112'000 Pfund (rund 140'000 Franken) komplett neu einrichten und dekorieren lassen. Britische Regierungschefs dürfen jährlich aber nur bis zu 30000 Pfund öffentlicher Gelder für Renovierungsarbeiten beanspruchen. Johnson hatte Brownlow daher mit der Gründung einer Stiftung beauftragt, die für die Finanzierung aufkommen sollte, doch die Pläne zerschlugen sich. Davon will Johnson aber zunächst nichts gewusst haben.

Wer genau den Luxusumbau bezahlt hat, war bereits Inhalt mehrerer Untersuchungen. Das Geld kam weitgehend von Brownlow selbst, wie sich herausstellte. Die britische Wahlkommission verhängte wegen einer nicht ordnungsgemäss deklarierten Parteispende Brownlows eine Strafe von 20.000 Pfund gegen die Tory-Partei. Erst als die Finanzierung Schlagzeilen machte, griff Johnson selbst in die Tasche und zahlte nachträglich selbst für den Umbau.

Tapeten für über 1000 Franken pro Rolle

Beauftragt hatte Johnson für die Renovierung der Wohnung die exklusive Designerin Lulu Lyte, wie aus den WhatsApp-Nachrichten hervorgeht. Seine Frau Carrie hatte sich zuvor Berichten zufolge über den «John-Lewis-Möbel-Alptraum» beschwert, den Johnson-Vorgängerin Theresa May hinterlassen haben soll.

Die traditionsreiche Möbelhauskette John Lewis gilt in Grossbritannien eigentlich als gute Adresse und längst nicht als für jeden erschwinglich. Doch die Oberschicht schaut darauf herab. Jedenfalls sollen die neuen vergoldeten Tapeten zum Preis von 840 Pfund (rund 1050 Franken) pro Rolle schon bald wieder von der Wand gefallen sein. Der Skandal wird in der britischen Presse daher auch als «Wallpapergate» bezeichnet.

Die Enthüllungen werfen kein allzu schmeichelhaftes Licht auf Premierminister Boris Johnson und seine Frau Carrie Johnson. 
Die Enthüllungen werfen kein allzu schmeichelhaftes Licht auf Premierminister Boris Johnson und seine Frau Carrie Johnson. 
Bild: AP Photo/Jon Super

Eine interne Untersuchung hatte Johnson bescheinigt, zwar unklug, aber nicht in Widerspruch zum Verhaltenskodex für Minister gehandelt zu haben. Der Premier handelte sich aber nachträglich eine Rüge ein, weil er die WhatsApp-Nachrichten nicht zur Verfügung gestellt hatte. Deren Existenz kam erst durch die Untersuchung der Wahlkommission ans Tageslicht. Johnson hatte beteuert, er habe wegen eines neuen Handys keinen Zugriff auf sein altes Gerät und die Nachrichten mehr gehabt.

Eine Erklärung, die für bissige Kommentare sorgte. Eine Glosse im «Guardian» am Freitag legte nahe, Johnson hätte genauso gut behaupten können, sein Hund Dilyn habe das Smartphone gefressen.