Vollgelaufene Keller und überflutete Strassen Starkregen führt auch in Deutschland zu Ausnahmezuständen

dpa

14.7.2021 - 18:52

Starkregengebiete ziehen über Deutschland. In vielen Regionen laufen Keller voll, Strassen werden überflutet, Menschen müssen gerettet werden. In Sachsen soll ein Mann vom Wasser mitgerissen worden sein.

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Vollgelaufene Keller, ein evakuiertes Seniorenheim, von Wassermassen eingeschlossene Autofahrer: Starkregen hat in einigen Regionen Deutschlands zu Ausnahmezuständen und zahlreichen Feuerwehreinsätzen geführt.

Während sich die Lage an manchen Orten am Mittwoch zunächst beruhigte, war vor allem Nordrhein-Westfalen noch schwer betroffen, insbesondere die Landeshauptstadt Düsseldorf und Hagen im Ruhrgebiet. NRW-Innenminister Herbert Reul sprach von einer «ausserordentlich schwierigen Lage» in einigen Regionen des Landes. «Die weitere Entwicklung ist derzeit nicht mit Sicherheit absehbar», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Das Tief «Bernd» soll nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auch in den kommenden Tagen teils heftige Niederschläge in einige Regionen Deutschlands bringen.

Menschen müssen Häuser verlassen

Die Stadt Düsseldorf forderte am Mittwoch wegen einer drohenden Überschwemmung die Anwohner im Stadtteil Grafenberg zum Verlassen ihrer Wohnungen auf. Besonders betroffen vom steigenden Hochwasser der Nördlichen Düssel seien etwa 350 Gebäude der Ostparksiedlung, teilte die Stadt am Mittwoch mit. Es wurde eine Betreuungsstelle für die Anwohner eingerichtet.

Im Starkregen stürzte am Mittwoch das Flachdach eines Einzelhandelsgeschäfts in einem Einkaufszentrum in Würselen bei Aachen ein. Eine verletzte Person habe sich selbst retten können, teilte die Stadt mit. «Vermutlich hat das Dach den Wassermassen (...) nicht standgehalten.» Der Bereich sei mit Rettungshunden abgesucht worden, es wurden jedoch keine weiteren Menschen in dem Gebäude entdeckt.

Ein Altenheim mit 76 Bewohnern in Hagen wurde wegen einströmender Wassermassen evakuiert. «Das Seniorenheim ist sehr stark betroffen und unbewohnbar geworden», sagte ein Stadt-Sprecher. Eltern wurden gebeten, ihre Kinder nicht in die Kita zu schicken und auch die Ferienbetreuung an den Grundschulen nicht zu nutzen. Eine verschüttete Person sei leicht verletzt gerettet worden. Mehrere Fahrer seien aus ihren von Wassermassen eingeschlossenen Autos befreit worden. Es gab mindestens 200 Einsatzorte. Einige Ortsteile waren zum Teil nicht mehr zu erreichen. «Die Leute sind verzweifelt», sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Hagen.

Auch in anderen Teilen des Bundeslandes wurden Bäche zu reissenden Strömen. Es kam zu Erdrutschen, Strassen wurden überspült, Keller liefen voll, der Bahn- und Strassenverkehr war gestört. Eine Mitarbeiterin eines Seniorenheims in Mettmann nahe Düsseldorf wurde von einem umstürzenden Baum schwer verletzt und wäre beinahe ertrunken. Ein Helfer konnte den Kopf der Frau über Wasser halten, bis Feuerwehrleute die eingeklemmte Frau befreit hatten.

Feuerwehren im Dauereinsatz

Die Feuerwehr in Köln meldete 180 unwetterbedingte Einsätze. In Düsseldorf rückte sie zu rund 330 Einsätzen aus. Auch die Tiefgarage des Rheinmetall-Konzerns war betroffen – dort stand das Wasser 40 Zentimeter hoch. Um Kunstwerke im Wert von rund fünf Millionen Euro in einer Galerie zu schützen, waren Feuerwehrleute stundenlang im Einsatz. In Erkrath nahe der Landeshauptstadt mussten etwa 100 Bewohner eine Unterkunft für Geflüchtete verlassen. An zahlreichen Flüssen in Nordrhein-Westfalen wurden Hochwasser-Warnwerte überschritten.

In Altena im Sauerland kämpften Einsatzkräfte gegen Wasser-, Erd- und Geröllmassen, wie ein Feuerwehrsprecher berichtete. Von den umliegenden Hängen seien an mehreren Stellen grössere Wassermengen auf die Stadt herabgestürzt, es sei zu «massiven Abrutschen» gekommen. Bisher habe es keine Verletzten gegeben. Zudem drohte eine Überflutung des historischen Stadtkerns von Kornelimünster in Aachen. Nach Angaben Reuls haben NRW-weit rund 3900 Kräfte fast 2100 Einsätze bewältigt. «Viele von ihnen sind ehrenamtlich tätig und arbeiten gerade unermüdlich, um die Wassermassen zu bewältigen.»

Im sächsischen Erzgebirgskreis wurde ein 53-Jähriger von einer Sturzflut mitgerissen und bis Mittwochnachmittag immer noch vermisst. Der Mann hatte am Dienstagabend wegen des stark gestiegenen Pegels des Dorfbaches versucht, sein Grundstück vor den Wassermassen zu schützen. Dabei wurde er nach Angaben von Anwohnern mitgerissen. Die Suche gestalte sich wegen des hohen Wasserstandes des Steinbaches und der topographischen Gegebenheiten als schwierig, so die Polizei.

Auch Süddeutschland betroffen

Bereits in der Nacht zum Montag soll in Baden-Württemberg ein 81 Jahre alter Mann bei Arbeiten an seinem Haus in den Fluss Jagst gestürzt sein, der nach starken Regenfällen Hochwasser führte. Auch er wurde am Mittwoch weiterhin vermisst.

Am späten Dienstagabend war im Landkreis Hof in Bayern wegen der Unwetter mit starken Regenfällen der Katastrophenfall ausgerufen worden. Am Mittwochmorgen wurde er nach einer Entspannung der Lage wieder aufgehoben. Mehr als 50 Feuerwehren mit knapp 1000 Leuten sowie 140 Angehörige des Technischen Hilfswerks (THW) waren im Dauereinsatz, um Wasser aus Kellern zu pumpen und Sandsäcke zu beschaffen. Strassen und Keller wurden überflutet, Bäume stürzten um, vereinzelt fiel der Strom aus.

Auch in Thüringen gab es Dauerregen und länger anhaltenden Starkregen. Im Land wurden mehrere Strassen überschwemmt und Keller geflutet. In Baden-Württemberg führte anhaltender Regen zu Hochwasser an Rhein und Bodensee. Am Dienstagabend wurde die Schifffahrt bei Karlsruhe gesperrt. Der anhaltende Regen bereitete auch Städten und Gemeinden an Rhein und Mosel in Rheinland-Pfalz Sorgen.

Laut DWD-Prognosen lassen die Regenfälle am Donnerstag im Westen nach und ziehen vermehrt in den Südwesten und Süden. Allerdings seien die Wassermengen in der Fläche nicht mehr so ausgeprägt, wie sie am Mittwoch im Westen erwartet wurden. Unwetterartige Starkregenfälle könnten aber lokal nicht ausgeschlossen werden, hiess es. Freundlicher sieht es am Donnerstag dagegen im Norden und Osten aus, wo sich laut DWD häufiger die Sonne zeigt.