Stormy-Daniels-ProzessTrump fürchtet Festnahme – New York bereitet sich auf Proteste vor
dpa
21.3.2023 - 04:24
New York wappnet sich für Proteste bei Trump-Anklage
Vor dem Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan herrschten am Montag erhöhte Sicherheitsvorkehrungen.
21.03.2023
Als Donald Trump seine Anhänger zu Protesten aufrief, wurden bei vielen Amerikanern Erinnerungen an den 6. Januar 2021 wach. Vor der wahrscheinlichen Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten scheinen auch Ausschreitungen möglich.
DPA
21.03.2023, 04:24
22.03.2023, 06:03
dpa
Vor einer erwarteten Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump bereitet sich New York auf mögliche Proteste vor. Vor dem Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan herrschten am Montag (Ortszeit) erhöhte Sicherheitsvorkehrungen – Metallzäune wurden aufgebaut und die Polizeipräsenz erhöht. «Wir beobachten die Kommentare in den sozialen Medien», sagte der New Yorker Bürgermeister Eric Adams. Die New Yorker Polizei sorge dafür, dass es keine «unangemessenen Handlungen» in der Stadt gebe, sagte Adams. Er sei «zuversichtlich», dass diese dazu in der Lage sei. Trump hatte angesichts einer erwarteten Anklage wegen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar zuvor zu Protesten aufgerufen und behauptet, dass er an diesem Dienstag «festgenommen» werde.
US-Medien zufolge dürfte eine Anklageerhebung am Dienstag aber eher unwahrscheinlich sein. Unter anderem der Sender CNN berichtete am Montagabend (Ortszeit), dass damit nun frühestens in der kommenden Woche gerechnet werde. Der Staatsanwalt von New York ermittelt gegen den abgewählten Ex-Präsidenten wegen Schweigegeldzahlungen an die Darstellerin Stormy Daniels und das Model Karen McDougal. Eine Anklage in dem Fall erscheint immer wahrscheinlicher.
Die Ermittler beschäftigt die Frage, ob Trump durch die Zahlung womöglich gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstossen hat. Schweigegeld ist in den USA nicht illegal, aber die Anklage könnte die 130’000 Dollar für Daniels und 150’000 Dollar für McDougal als im Bundesstaat New York unzulässige Wahlkampfspende darstellen. Trump, der sich erneut um eine Präsidentschaftskandidatur der Republikaner bewirbt, wertet das Vorgehen – wie viele andere Rechtsstreitigkeiten – als politisch motivierte «Hexenjagd».
Am Montagabend kam es zu einem kleineren Protest vor dem Gericht in Manhattan – bis zum Abend (Ortszeit) blieben Ausschreitungen aus. Der Sender CNBC berichtete, dass der US-Geheimdienst gemeinsam mit der New Yorker Polizei am Montag Sicherheitspläne angepasst habe. Trumps Aufruf zu Protesten weckte Erinnerungen an den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Damals hatte Trump seine Anhänger angestachelt, bevor sie gewaltsam in das Parlamentsgebäude in Washington eindrangen.
Trumps Umfeld hatte vorab versichert, dass sich der Ex-Präsident ans übliche Verfahren halten werde, sollte es zu einer Anklage kommen – und auch freiwillig vor Gericht erscheinen werde, um Details möglicher Anklagepunkte zu erfahren. Damit wäre eine aufsehenerregende Festnahme nicht nötig. Es gilt auch als wahrscheinlich, dass Trump nach solchem förmlichen Prozedere wieder nach Hause gehen könnte.
Trump-Anhänger reagieren zwiespältig auf Protest-Aufruf
STORY: «Protestiert, holt unsere Nation zurück», so lautete ein Aufruf von Donald Trump am Wochenende. Auf seinem Netzwerk Truth Social schrieb der Ex-US-Präsident, er rechne mit seiner Verhaftung am Dienstag, durchgestochene Informationen der Staatsanwaltschaft von Manhattan wiesen darauf hin, so Trump. Gemischte Reaktionen bei Trump-Anhängern in der US-Hauptstadt Washington und in Florida. «Er sollte vorsichtig sein, wenn er den Begriff 'Protest' verwendet. Wir brauchen nicht noch eine Kapitol Attacke. Auch wenn ich ihn unterstütze, denke ich, man sollte das mit Bedacht verwenden, denn es könnte Chaos auslösen.» «Ich glaube nicht, dass jemand seinen Anhängern sagen oder sie auffordern sollte, zu randalieren oder irgendetwas zu tun. Es verursacht nur mehr Chaos. Wenn alle so handeln würden, gäbe es jeden Tag Unruhen.» «Jeden Tag versuchen sie, diesen Mann zu zerpflücken. Und was haben sie bis jetzt herausgefunden? Nichts. Sie werden einfach weitermachen. Alles, was sie wollen, ist, diesen Mann zu stürzen, der das nicht verdient hat. Das Einzige, was ihn interessiert, sind wir, die Menschen.» «Also, das ist jetzt einfach mehr als lächerlich. Ich meine, man kann ihn immer weiter verfolgen, und das Ergebnis wäre immer das gleiche. Es wird nur noch mehr dazu Leute bringen, ihn zu stützen. Wir werden ihn weiter unterstützen, er wird kandidieren und er wird gewinnen.» Trump wäre der erste Ex-Präsident der wegen eines Verbrechens angeklagt wird. Es geht um mutmassliche Schweigegeldzahlungen an die Porno-Darstellerin Stormy Daniels, mit der Trump eine Affäre gehabt haben soll, was Trump bestreitet. 2016 soll sein damaliger Anwalt Michael Cohen Daniels 130.000 Dollar gezahlt haben, um Schaden von der damaligen Präsidentschaftskampagne Trumps abzuwenden. Das könnte gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstossen haben.
21.03.2023
Die für den Fall zuständige Grand Jury hörte am Montag ausserdem den Zeugen Robert Costello, ein Anwalt. Das Geschworenen-Gremium entscheidet in den USA nach Vorlage von Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft, ob in einem Fall Anklage erhoben werden soll. «Ich kann keine Gedanken lesen», sagte Costello nach seiner Aussage auf die Frage eines Reporters, ob gegen Trump Anklage erhoben werde. Costello hatte sich mit dem Hauptzeugen der Staatsanwaltschaft, Trumps ehemaligem Anwalt Michael Cohen, überworfen. Er stellt nun Cohens Glaubwürdigkeit infrage. «Wenn sie gegen Donald Trump vorgehen wollen und handfeste Beweise haben, dann soll es so sein», sagte Costello weiter. Aber Cohen sei weit davon entfernt, ein «handfester Beweis» zu sein.
Unterdessen kritisierte der prominente US-Republikaner Ron DeSantis die New Yorker Staatsanwaltschaft wegen ihrer Ermittlungen gegen Trump. Der Gouverneur des Bundesstaats Florida warf Staatsanwalt Alvin Bragg vor, ein «politisches Spektakel» zu betreiben. Wenn ein Staatsanwalt alltägliche Verbrechen ignoriere und sich stattdessen mit einem Fall befasse, der Jahre zurückliege und sich um Schweigegeldzahlungen an Pornostars drehe, verfolge er eine «politische Agenda» und nutze sein Amt als Waffe. «Das ist grundsätzlich falsch.»
DeSantis gilt momentan als grösster innerparteilicher Konkurrent Trumps. Es wird erwartet, dass auch er als Präsidentschaftsbewerber für die Wahl im November 2024 antreten wird. Während DeSantis nun gegen den Staatsanwalt in Manhattan austeilte, liess er sich bei seinem Auftritt auch einen Seitenhieb auf Trump nicht nehmen. Wie es dazu komme, einem Pornostar Schweigegeld zu zahlen, um Schweigen über eine irgendwie geartete angebliche Affäre sicherzustellen, dazu könne er nichts sagen. Damit erntete DeSantis Gelächter im Publikum.
Trump stichelte umgehend zurück und machte mehrdeutige Anspielungen. DeSantis werde vielleicht irgendwann in der Zukunft von «falschen Vorwürfen und falschen Geschichten» erfahren, «wenn er unfair und illegal von einer Frau angegriffen wird, sogar von Klassenkameraden, die ‹minderjährig› sind (oder möglicherweise einem Mann!)», schrieb er auf dem von ihm mitgegründeten Netzwerk Truth Social. Er warf seinem Parteikollegen ausserdem vor, Sozialleistungen kürzen zu wollen.