USA Nie Fehler zugeben – Trump, der Hurrikan und ein Filzstift

AP

7.9.2019

Donald Trump mit einer Karte des prognostizierten Wegs von Hurrikan «Dorian».
Donald Trump mit einer Karte des prognostizierten Wegs von Hurrikan «Dorian».
Bild: Evan Vucci/AP/dpa

Donald Trump ist dafür bekannt, dass er es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Und Fehler nie zugeben mag – sogar, wenn sie harmlos waren. Das hat er jetzt wieder demonstriert – und Kritiker sind mehr denn je alarmiert.

Donald Trump macht keine Fehler. Das ist jedenfalls das, was er selbst sagt. Jetzt hat der US-Präsident tagelang versucht, offenbar falsche Warnungen über die Zielrichtung von Hurrikan «Dorian» zu rechtfertigen. Das trieb er soweit, dass er eine Behördenkarte präsentierte, die augenscheinlich mit einem Sharpie, einem Markierstift, manipuliert worden war. Und das dürfte nur das jüngste Beispiel für die geradezu notorische Abneigung Trumps zu sein, einen Fehler zuzugeben, egal, wie harmlos dieser auch gewesen sein mag.

Was spielt sich in ihm ab? «Ich glaube, dass es eine grossartige Sache ist, sich zu entschuldigen, aber dafür muss man einen Fehler begangen haben», sagte er 2016 in einem Interview. «Ich werde mich ganz sicher entschuldigen, irgendwann in der hoffentlich fernen Zukunft, wenn ich jemals Unrecht hatte.»

Konkret geht es diesmal um Trumps Äusserung vom vergangenen Sonntag, dass Hurrikan «Dorian» wahrscheinlich auch Alabama treffen werde – eine Behauptung, die prompt vom Nationalen Wetterdienst in Birmingham, der grössten Stadt in dem US-Staat, zurückgewiesen wurde. Aber noch bis zu diesem Wochenende war Trump bemüht, seine Warnung als faktisch begründet darzustellen – und das auf eine Weise, die viel Spott auslöste.

«Grosse Präsidenten geben zu, wenn sie etwas vermasselt haben, sie korrigieren es und gehen zu etwas anderem über», sagt Präsidentenhistoriker Jon Meacham. «In diesem Fall dreht sich der Fehler um eine Behauptung, welchen Staat ein Hurrikan treffen wird. Aber es kann auch eine viel schwerwiegendere Sache sein, Leben kosten und dazu beitragen, dass ein Klima entsteht, in dem die Menschen der Regierung nicht mehr trauen können.»

Der jüngste Wirbel begann mit einem Tweet, wie so häufig bei diesem Präsidenten. Trump schrieb, dass Alabama, South und North Carolina sowie Georgia «wahrscheinlich (sehr viel) härter als vorhergesagt» von "Dorian" getroffen würden. Dem Nationalen Wetterdienst in Birmingham zufolge bestand zu diesem Zeitpunkt aber keine Bedrohung für Alabama, wie die Behörde sofort ebenfalls auf Twitter klarstellte: «Alabama wird nicht von #Dorian getroffen werden (...). Das System bleibt zu weit östlich.»

Statt es nun auf sich beruhen zu lassen, ging Trump in die Offensive, betonte über Tage hinweg immer wieder, dass seine Darstellung «unter bestimmten ursprünglichen Szenarien» tatsächlich korrekt gewesen sei.

Trump hat eine Vorliebe für Filzstifte

Am Mittwoch präsentierte Trump dann eine Karte mit der Vorhersage des Nationalen Hurrikan-Zentrums vom Donnerstag vergangener Woche. Auf ihr war augenscheinlich per Hand mit einem Sharpie ein Halbkreis hinzugefügt worden, der vorher nicht vorhanden war – und einen Teil Alabamas in das potenziell von «Dorian» bedrohte Gebiet einbezog.

Von Journalisten nach einer Erklärung dafür gefragt, antwortete der Präsident, der für seine Vorliebe für Sharpies bekannt ist, dass er keine Ahnung habe. Aber danach beharrte er weiter wiederholt darauf, dass bestimmte Vorhersagemodelle seine Äusserungen stützten. Zur Untermauerung twitterte er überholte Karten.

Topthema in den sozialen Medien

Am späten Donnerstagabend veröffentlichte das Weisse Haus dann auch noch eine Erklärung von Admiral Peter Brown, dem Heimatschutzberater des Präsidenten. Darin hiess es, er, Brown, sei es gewesen, der Trump am Sonntag gebrieft und ihm dabei auch Karten vorgelegt habe, die mögliche Sturmauswirkungen «sehr wohl ausserhalb» des offiziell vorhergesagten bedrohten Gebietes aufgezeigt hätten.

Die Kontroverse war bald ein gefundenes Fressen für Politsatiriker und ein Topthema in sozialen Medien, warf zugleich aber für viele einmal mehr die Frage nach Trumps Amtsfähigkeit auf. «Ich bin wirklich besorgt. Der Präsident tut mir leid», sagte etwa der demokratische Präsidentschaftsbewerber Pete Buttigieg. «Und so sollten wir nicht über die mächtigste Person in unserem Land empfinden – jemanden, von dessen Weisheit und Urteilsfähigkeit unser Leben buchstäblich abhängt.»

Viele Kritiker sagen, dass es eine Sache sei, zu behaupten, dass der Trump-Tower in Manhattan 68 Stockwerke habe (er hat 58). Etwas ganz anderes sei es aber, den eigenen Mitarbeiterstab zu veranlassen, etwas zu sagen oder sogar zu fabrizieren, das falsche Behauptungen als richtig erscheinen lassen solle.

So witterten Skeptiker denn auch Unrat, als die Nationale Wetterbehörde NOAA am Freitagabend – also Tage nach dem Beginn der Saga – plötzlich eine Erklärung herausgab, in der ein namentlich nicht genannter Sprecher Trumps Darstellung stützte. Aber was der Namenlose sagte, widerspricht Angaben von NOAA-Sprecher Chris Vaccaro, denen zufolge es am vergangenen Sonntag keine Bedrohung für Alabama gab.

«Alternative Fakten»

Tatsächlich wäre es nicht das erste Mal, dass Trump Offizielle dazu bringt, von ihm geschaffene «alternative Fakten» zu bestätigen – ein Begriff, den seine Beraterin Kellyanne Conway prägte. Nachdem er beispielsweise 2018 lautstark vor den Gefahren durch eine sogenannte Migranten-Karawane gewarnt hatte, führten Regierungsbeamte eine Statistik zu Terroristenfestnahmen an, die sich als falsch erwies. Trumps damaliger Pressesprecher Sean Spicer war gezwungen, Trumps falsche Darstellung einer Rekordmenge bei seiner Vereidigung zu verteidigen.

Sogar, als Trump versehentlich in einer späten Nacht das nicht existierende Wort «covfefe» twitterte, war der Präsident nicht bereit, schlicht einen Tippfehler oder so zuzugeben. Stattdessen liess er Spicer erklären: «Ich denke, der Präsident und eine kleine Gruppe von Leuten wissen genau, was er meinte.»

Und nun Alabama und der Sharpie. Meacham, der Präsidentenhistoriker, fasst seine Empfindungen so zusammen: «Es wäre lustig, wenn es nicht so ernst wäre.»


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