Touristen schon im Sommer? Vom Hotspot zur Lockerung in Rekordzeit: Österreichs Sonderweg aus der Corona-Krise

tmxh / dpa / AFP

20.4.2020

Bundeskanzler Sebastian Kurz beschreitet mit Österreich einen besonderen Weg aus der Corona-Krise.
Bundeskanzler Sebastian Kurz beschreitet mit Österreich einen besonderen Weg aus der Corona-Krise.
Bild: Roland Schlager/APA/dpa

Österreich gehörte zu den Hotspots der Corona-Pandemie in Europa – viele Touristen steckten sich in den Winterferien an. Doch der Lockdown wurde schnell wieder gelockert. Nun überlegt man gar, schon in diesem Sommer wieder Gäste einreisen zu lassen.

Es klingt ein wenig paradox: Einerseits gehörte Österreich zu Beginn der Corona-Pandemie zu jenen Orten in Europa, an denen sich besonders viele Menschen ansteckten. Man denke an den Winterferienort Ischgl, in dem sich zahlreiche Touristen infizierten und das Virus in ihre Heimatländer brachten. Kritisiert wurde insbesondere die verspätete Reaktion der Verantwortlichen aus Wirtschaft und Politik. 



Andererseits: Als eines der ersten Länder Europas lockerte das Land die Massnahmen zur Eindämmung des Virus recht früh wieder. Nachdem am 16. März ein Lockdown verhängt wurde, nahm man diesen noch vor Ostern wieder in Teilen zurück. Kleinere Läden, aber auch Baumärkte durften öffnen, ab 1. Mai sollen alle Läden, Coiffeure sowie Einkaufszentren folgen. Auch Bars und Restaurants können ihr Geschäft ab Mitte Mai wieder aufnehmen. Erwogen wird zudem für Mitte Mai die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der österreichischen Fussball-Bundesliga. 

Grenzöffnung für Touristen?

Trotz der Erfahrungen im Winter erwägt das Land nun sogar eine Öffnung der Grenzen für Sommertouristen. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger sagte gegenüber der Zeitung «Die Presse» zwar: «Die Einschränkung der Reisefreiheit wird uns in den nächsten Monaten noch erhalten bleiben». Jedoch: «Wenn Länder aber auch auf einem sehr guten und positiven Weg sind, wie beispielsweise Deutschland, dann gibt es durchaus auch die Möglichkeit, dass man sich bilateral einigt.» 

Köstinger warnte aber auch, es lasse sich nur schwer abschätzen, wie sich die nächsten Monate entwickeln. «Es gibt keinen Stichtag, es könnte ja zu weiteren Wellen der Infektion kommen.» Und dann sei nicht auszuschliessen, «dass wieder weitreichende Massnahmen getroffen werden müssen». Man müsse sich darauf einstellen, «dass es in diesem Jahr eine andere Art von Urlaub geben wird».



«Aber dadurch, dass wir die Ausbreitung des Coronavirus relativ gut im Griff haben, und als Bundesregierung schon Lockerungen der Massnahmen Schritt für Schritt in Aussicht stellen können, planen wir durchaus auch, dass es im Sommer Ferientourismus geben wird», so die ÖVP-Politikerin. Sie befürchtet: «Ohne ausländische Gäste werden wir Einbussen hinnehmen müssen.»

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz bestätigte im Interview mit dem US-Sender CNN die Möglichkeit einer Lockerung der Einreisebestimmungen im Sommer. Wenn ein Nachbarland die Pandemie unter Kontrolle habe, sei ein freier Grenzverkehr wie vor der Corona-Krise möglich, so der Kanzler – auch ohne Gesundheitszeugnisse. Das Gesundheitsministerium reagierte auf den Vorschlag zurückhaltend.

Doch woraus zieht Österreich die Sicherheit, die Massnahmen schon jetzt umfassend zurückzunehmen? Bei den Lockerungen gehe man laut Kurz «in Zwei-Wochen-Schritten vor, um zu sehen, wie sich die Lage entwickelt und ob es wieder zu einem Anstieg der Infektionen kommt». Er verwies auf das Social Distancing und sprach auch von der Ausweitung der bereits existierenden Maskenpflicht: «Die Leute müssen in Geschäften, aber in Zukunft auch in den Restaurants oder anderswo Masken tragen. Ich glaube, das kann hilfreich sein.» Zudem wolle man die Testkapazitäten ausbauen. 

«Neue Normalität»

Warum das zunächst stark betroffene Österreich nun in der Lage ist, das Land vergleichsweise schnell wieder hochzufahren, deutete Kurz ebenfalls an: «Wir haben nur etwa 100 Neuinfektionen pro Tag und wir sind extrem glücklich, dass wir so schnell und entschlossen reagiert haben.» Die Situation sei, auch in den Spitälern, unter Kontrolle. Man werde nun eine «neue Normalität» erleben, mit «so viel Freiheit wie möglich und so vielen Beschränkungen wie benötigt».



Österreich rechnet bis Ende April mit einer weiteren deutlichen Abnahme der Corona-Patienten in den Krankenhäusern. Aktuell lägen rund 900 Menschen mit Covid-19 in den Kliniken, Ende April dürften es noch 500 sein, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Auffallend sei, dass in Österreich wesentlich weniger positiv auf SARS-CoV-2 getestete Menschen ins Krankenhaus müssten als in vielen anderen Ländern.

Der Zuwachs von nur noch rund 100 Fällen pro Tag bedeute ein Plus von 0,8 Prozent. Dies sei einmalig in Europa, sagte Anschober. Derzeit sind den Angaben zufolge in der Alpenrepublik 4'400 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Insgesamt waren in den vergangenen Wochen rund 15'000 Menschen positiv getestet worden.

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