Neue deutsche Regierung Olaf Scholz: «Die Ampel steht»

dpa

24.11.2021 - 14:50

Die neue deutsche Ampel-Regierung tritt zur Amtsübernahme an.
Die neue deutsche Ampel-Regierung tritt zur Amtsübernahme an.
Bild: Keystone

SPD, Grüne und FDP haben in Berlin ihren Koalitionsvertrag für eine gemeinsame deutsche Bundesregierung präsentiert. Man wolle vor allem mehr Fortschritt wagen, mehr investieren und schlicht ein «Deutschland, das funktioniert».

24.11.2021 - 14:50

Die Koalition steht: Sozialdemokraten, Grüne und Liberale haben sich auf einen Vertrag für ein gemeinsames «Ampel»-Bündnis in Deutschland geeinigt.

Falls er von den geplanten Parteitagen beziehungsweise Mitgliederbefragungen gebilligt wird, könnte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz in der übernächsten Woche im Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. 

«Die Ampel steht», sagte Scholz bei der Vorstellung des Vertrages am Mittwochnachmittag in Berlin. «Unser Ziel ist es, das erste Bündnis von Rot, Grün und Gelb auf Bundesebene zu führen». Die neue Koalition solle eine «wegweisende Rolle» für Deutschland spielen. «Wir wollen mehr Fortschritt wagen», fügte er hinzu. 

«Wir wollen ein Deutschland, das schlichtweg funktioniert», sagte Grünen-Chef Robert Habeck. Er sehe die künftige Bundesregierung klimapolitisch auf dem richtigen Weg. «Wir sind auf 1,5-Grad-Pfad mit diesem Koalitionsvertrag», sagte er. «Was jetzt gebildet wird, ist eine Koalition der Mitte, die das Land voran führt», sagte FDP-Chef Christian Lindner. «Die Gespräche waren genauso kontrovers, wie sie diskret waren», sagte er weiter.

Der wichtigsten Aussagen der Koalitionspartner kannst du im Ticker zur Medienkonferenz nachlesen:

  • Liveticker
    Neue Beiträge
  • Liveticker beendet
  • 16.13 Uhr

    Die Medienkonferenz ist beendet.

    Wir danken für die Aufmerksamkeit.

  • 16.12 Uhr

    Wie steht es um die Aussenpolitik?

    Wie wird die aussenpolitische Koordinierung in Zukunft aussehen. Scholz weist erneut darauf hin, dass es nicht verschiedene Parteien gibt, sondern nur eine Bundesregierung und man werde gemeinsam handeln. Baerbock fügt hinzu, Europapolitik werde aus vielen Ressorts heraus betrieben und daher gemeinsam aus der Koalition erfolgen.

  • 16.10 Uhr

    Mussten die Grünen Abstriche machen?

    Auf die Frage, wie schmerzhaft für die Grünen schwammige Formulierungen bezüglich des Klimaschutzes waren, antwortet Robert Habeck. Konkrete Massnahmen ständen stattdessen im Vertrag. Lindner fügt hinzu, der Vertrag sei das «ambitionierteste Klimaschutzprogramm einer Industrienation». Man werde im Grunde nur begrenzt durch das, was physikalisch und technisch möglich ist. 

  • 16.07 Uhr

    Mehr Investitionen

    Wie hoch werden die Investitionen sein und wie sollen sie finanziert werden? Es soll ein Jahrzehnt der Investitionen werden, so Scholz. Diese spielen eine zentrale Rolle. Man wisse auch genau, wie man das bezahlen wolle, fügt Habeck hinzu. 

  • 16.05 Uhr

    Wie steht es um die deutsche Aussenpolitik?

    Wie wird sich die Aussenpolitik ändern? Deutschland stehe zu seiner Verantwortung im Rahmen der EU, so Scholz. «Wir sind das eine grosse Land mitten in Europa, das ganz bestimmt den Auftrag hat, jeden Tag dazu beizutragen, dass die Europäische Union besser wird, dass die besser gelingt.» Auch und ganz besonders die Zusammenarbeit mit den USA sei für die zukünftige Regierung von zentraler Bedeutung.

    Ziel sei eine multilaterale Welt, man trage für die Sicherheit gemeinsam Verantwortung. Deutschland ist eine Demokratie und stehe für Freiheit. 

  • 16.01 Uhr

    Wer wird Gesundheitsminister?

    Die Fragerunde beginnt. Auf die Frage, wer Gesundheitsminister wird, antwortet Scholz, die SPD werde ihre Entscheidung gut vorbereiten und er werde entsprechende Vorschläge machen. Man werde aber die Zeit noch nutzen. Er werde sich in den nächsten Tagen intensiv an die Arbeit machen, entsprechende Kandidaten zu identifizieren. «Sie werden dann eine entsprechend gute Lösung sehen.»

  • 15.58 Uhr

    «Viel Mut» nötig

    Saskia Esken, Vorsitzende der SPD, zitiert Olaf Scholz: «Hier ist etwas zusammengewachsen, was zusammen passt.» Man habe in den Verhandlungen auch viel über sich selbst gelernt und ein Bündnis geschlossen, um Fortschritt zu wagen. «Was wir uns für die Zukunft vorgenommen haben, braucht viel Mut!»

    Man begründe mit diesem Bündnis eine neue Form der Zusammenarbeit. Das eine Chance für die politische Kultur in Deutschland. «Wir legen heute den Grundstein für ein Bündnis unter der Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz.»

  • 15.55 Uhr

    Koalition statt Fusion

    Der Koalitionsvertrag werde dem Land guttun, so SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans. «Wir wollten nicht fusionieren, wir wollen koalieren», betont er die Unterschiedlichkeit der Verhandlungspartner. Es gehe vor allem um Investitionen im Koalitionsvertrag, sowohl für die Zukunft, aber besonders auch für die Gegenwart. Man habe viel für mittlere und kleinere Einkommen erreichen können, so Walter-Borjans.

  • 15.51 Uhr

    Kinder und Jugendliche sollen mehr Bedeutung bekommen

    Es soll in Zukunft nicht alles nur aus der Perspektive von Erwachsenen gesehen werden, so Baerbock. Kinder haben eigene Rechte. Es wird eine Kindergrundsicherung geben, die Kindern und Jugendlichen eine andere Bedeutung gibt. Der Fokus liegt auf einer generationsübergreifenden Politik.

  • 15.45 Uhr

    Klimaneutralität zieht sich durch alle Bereiche des Vertrags

    Annalena Baerbock betont, dass die Klimaneutralität in jedem Punkt des Koalitionsvertrags zu finden ist. Ausserdem habe man sich auf eine aktive europäische Aussenpolitik geeinigt, die auf Diplomatie und Dialog gründet.

  • 15.44 Uhr

    Baerbock: «Anspruchsvolles Bündnis»

    Annalena Baerbock spricht von einem Bündnis, das anspruchsvoll ist, sich aber nicht vor den Krisen verstecke. Sie bedankt sich für das Verständnis, dass die Verhandlungen angedauert haben.

    Man habe mit dem Vertrag den Weg in die Klimaneutralität bereitet.

  • 15.41 Uhr

    «Ausserordentlich ambitionierte Vorhaben»

    Die Bundesrepublik wird im westlichen Bündnis, in der Europäischen Union und der Gemeinschaft demokratischer Nationen ein verlässlicher Partner bleiben. «Wir haben ausserordentlich ambitionierte Vorhaben», so Lindner. Man werde diese nicht allein umsetzen können und brauche Unterstützung aus der Gesellschaft und Wirtschaft.

  • 15.37 Uhr

    «Wir spüren den Wunsch nach Veränderung»

    Linder betont, man habe gemerkt, dass es in diesem Land den Wunsch nach Veränderung gebe. «Wir haben den Auftrag, das Land zu modernisieren.» Die Gespräche seien diskret, aber auch kontrovers gewesen. Nun könne man aber stolz auf das Ergebnis sein. Die FDP werde ihren Beitrag zum Gelingen leisten.

    Nun werde eine Regierung der Mitte gebildet, die da das Land nach vorn führt. Die Partner begrenzen sich nicht gegenseitig, sondern erweitern sich. Eine Koalition der komplementären Politik.

  • 15.35 Uhr

    Christian Lindner mahnt zum Impfen

    «Wir übernehmen Verantwortung für ein Land, das in einer tiefen und noch nicht überwundenen Gesundheitskrise steckt», so Christian Lindner von der FDP. Jeder solle sich impfen lassen und Kontakte einschränken.

    Das staatliche Krisenmanagement der neuen Regierung werde optimiert. 

  • 15.30 Uhr

    Habeck: «Wir sind auf 1,5-Grad-Pfad»

    Man habe sich dagegen entschieden, ein Anheben der Klimaschutzziele in den Vertrag zu schreiben. Stattdessen wolle man konkrete Massnahmen identifizieren, zum Beispiel Ausbau der erneuerbaren Energien. Diese sollen im öffentlichen Interesse stehen. «Wir sind auf 1,5 Grad-Pfad mit diesem Koalitionsvertrag.» Man verspreche eine «lernende Politik».

  • 15.25 Uhr

    Robert Habeck: «Ein Deutschland, das funktioniert»

    Auch Habeck spricht über aktuelle Krisen wie Corona oder die Flüchtlingskrise an der polnischen Grenze. Man wolle alles dafür tun, die 4. Welle zu brechen. 

    «Das Leitbild dieser Regierung ist eine handelnde Gesellschaft, ein investierender Staat und ein Deutschland, das schlichtweg funktioniert», so Habeck. Ein Land in einer Krise zu erneuern, wird eine grosse Anstrengung. Die Vereinbarkeit von Klimaschutz und Wohlstand stehe im Vordergrund.

  • 15.23 Uhr

    Scholz lobt Verhandlungen

    Man habe eng, vertrauensvoll und leidenschaftlich miteinander verhandelt, konstruktiv und lösungsorientiert. «Das hat mir gut gefallen», so Olaf Scholz. 

  • 15.21 Uhr

    Mindestlohn soll auf 12 Euro erhöht werden

    Neben einer Erhöhung des Mindestlohns soll eine Kindergrundsicherung eingeführt werden. Die Rente soll stabil gehalten und fortentwickelt werden. Ausserdem, so Scholz, soll der Wohnungsbau vorangetrieben werden, 400'000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. «Die Modernisierung unseres Landes gibt es nicht zum Nulltarif», betont Scholz. Aber die Schuldenbremse soll eingehalten werden. 

  • 15.16 Uhr

    Scholz: «Die Ampel steht»

    SPD, Grüne  und FDP haben sich auf eine gemeinsame Regierungsvereinbarung geeinigt. «Uns eint der Glaube an den Fortschritt», so Scholz. Es geht um eine Politik der grossen Wirkung.  «Wir wollen mehr Fortschritt wagen.» Ausserdem wolle man Deutschland zum Vorreiter im Klimaschutz machen.

  • 15.15 Uhr

    Eintreffen der Vertreter der Ampel-Koalition

    Olaf Scholz beginnt mit der ersten Ansprache und äussert sich zur aktuellen Corona-Lage. Die Lage sei ernst, und die kommende Regierung habe bereits einige Regelungen auf den Weg gebracht, um die Infektionszahlen zu senken. Scholz erklärt noch einmal die ab heute geltenden Regeln, die auch für diese Pressekonferenz gelten. Darüber hinaus werde man einen ständigen Krisenstab einrichten, eine Expertengruppe im Kanzleramt einrichten, die täglich die Lage beurteilt, darunter Virologen und andere Wissenschaftler. Ausserdem will man die Impfkampagne weiter voranbringen und ausweiten. Auch die Bundeswehr soll eingesetzt werden. Impfungen müssten konsequent durchgesetzt werden. Pflegekräfte sollen eine Bonuszahlung bekommen, dafür soll zunächst eine Milliarde Euro von der Regierung bereitgestellt werden. 

  • 15.03 Uhr

    Die Medienkonferenz beginnt in Kürze

    «Mehr Fortschritt wagen» steht in grossen Lettern auf der Leinwand hinter der Bühne, auf der in Kürze die Beteiligten der Koalitionsverhandlungen erwartet werden, und soll damit den Weg ankündigen, den die neue Bundesregierung einschlagen will. Gemeinsam haben sich SPD, Grüne und FDP nach fast zwei Monaten auf einen 177-seitigen Vertrag geeinigt, der nun vorgestellt werden soll.

Eine Einigung ist gefunden: SPD, Grüne und FDP haben sich fast zwei Monate nach der Bundestagswahl auf einen Koalitionsvertrag für eine gemeinsame Regierung geeinigt.

Nachdem die Parteien zur abschliessenden Sitzung zusammengekommen sind, werden im Anschluss daran die Vorsitzenden der Parteien sowie Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor die Kameras treten und das gemeinsame Programm vorstellen. Gemeinsam luden die Parteien zu einer Medienkonferenz um 15 Uhr in Berlin ein.

Die Medienkonferenz gibt es oben im Livestream.

Auch über die Verteilung der Ressorts sollen sich SPD, Grüne und FDP bereits verständigt haben. Die SPD soll demnach zusätzlich zu Bundeskanzler Olaf Scholz sechs Ministerien bekommen, die Grünen fünf und die FDP vier.

Aussenministerium für die Grünen, Finanzen für die FDP

Nach Angaben aus Parteikreisen geht an die Grünen ein neu geschaffenes Wirtschafts- und Klimaministerium, das Aussenministerium sowie die Ressorts Umwelt/Verbraucher, Agrar/Ernährung und Familie.

Die FDP bekommt demnach das Finanz-, Verkehrs-, Bildungs- und das Justizministerium. Die SPD übernimmt das Innen- und das Verteidigungsministerium, ein neu geschaffenes Bauministerium sowie die Ressorts Gesundheit, Arbeit und Soziales sowie wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auch den Kanzleramtsminister soll die SPD stellen.

Die Koalitionsverhandlungen hatten am 21. Oktober begonnen, nachdem die drei Ampelparteien zuvor in Sondierungen den Grundstein dafür gelegt hatten. Geführt wurden sie in einer Hauptverhandlerrunde aus je 6 hochrangigen Vertretern jeder Partei sowie in 22 Arbeitsgruppen. In diesen handelten die Fachpolitiker der Parteien die Details des Koalitionsvertrags aus.

Wahl zum Kanzler in Nikolauswoche

Ein Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP jeweils durch Parteitage und bei den Grünen in einer Mitgliederbefragung gebilligt werden. In der Nikolauswoche soll der bisherige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei der Bundestagswahl am 26. September nicht wieder kandidiert hatte.

Robert Habeck, Annalena Baerbock (Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP):Eine Ampel-Regierung rückt näher. (Archiv)
Robert Habeck, Annalena Baerbock (Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP):Eine Ampel-Regierung rückt näher. (Archiv)
Kay Nietfeld/dpa

In einem Sondierungspapier hatten SPD, Grüne und FDP bereits einige «Vorfestlegungen» getroffen und dabei auch einige Streitthemen abgeräumt. Sie schrieben sich darin «eine umfassende Erneuerung unseres Landes» und «einen Aufbruch» für Deutschland auf die Fahnen, um die grossen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Sicherung des Wohlstands oder sozialen Zusammenhalt zu bewältigen.

Wohl mit Rücksicht auf die Wahlversprechen der FDP wurde vereinbart, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht würden. Im ersten Jahr einer Ampelkoalition soll der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der SPD. Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden.

Beschleunigter Kohleausstieg

Zur Einhaltung der Klimaschutzziele wurde in dem Papier auch festgelegt, den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beschleunigen und möglichst auf 2030 vorzuziehen. Bisher ist der Kohleausstieg bis spätestens 2038 geplant. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, wie von den Grünen gefordert, soll nicht kommen. Zum Thema Migration wurde vereinbart, Asylverfahren, die Verfahren zur Familienzusammenführung und die Rückführungen zu beschleunigen. Es sollen legale Zugangswege nach Deutschland geschaffen werden.

Nach dem üblichen Rhythmus von Bundestagswochen käme das Plenum in der Nikolauswoche erstmals am 8. Dezember zusammen. Sollte dann die Kanzlerwahl stattfinden, wären seit der Bundestagswahl 73 Tage vergangen. Zum Vergleich: Nach der Wahl 2017 dauerte die Regierungsbildung 171 Tage – so lange wie nie zuvor. Vier Jahre vorher waren es 86 Tage gewesen. Dagegen kamen die erste und die zweite rot-grüne Bundesregierung von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 1998 und 2002 jeweils in nur 30 Tagen zustande.

dpa