Randale, Chaos und Proteste Perus neue Präsidentin will Wahlen vorziehen

dpa/amo

12.12.2022 - 10:07

Proteste gegen Absetzung des Präsidenten: mindestens zwei Tote nach Ausschreitungen in Peru

Proteste gegen Absetzung des Präsidenten: mindestens zwei Tote nach Ausschreitungen in Peru

Der Kongress hatte Präsident Castillo in der vergangenen Woche entlassen, im Anschluss wurde er verhaftet. An seine Stelle trat Dina Boluarte. Sie soll Castillos Amtszeit zu Ende bringen. Doch das wollen viele der Demonstrierenden nicht zulassen.

12.12.2022

Kurz vor der Abstimmung über einen Misstrauensantrag will Perus Staatschef das Parlament auflösen, um mit Dekreten zu regieren. Doch er verkalkuliert sich. Jetzt herrscht Chaos. Die neue Präsidentin reagiert.

dpa/amo

Nach Protesten infolge der Amtsenthebung von Perus Präsident Pedro Castillo will seine Amtsnachfolgerin Dina Boluarte 2024 Neuwahlen abhalten lassen. Sie werde dem Kongress des südamerikanischen Landes eine Gesetzesvorlage präsentieren, um die Wahlen auf Mitte April 2024 vorziehen zu können, sagte Boluarte in einer Ansprache an die Nation in der Nacht zum Montag (Ortszeit). Die nächste reguläre Wahl, bei der in Peru sowohl über die Präsidentschaft als auch das Parlament entschieden wird, wäre eigentlich 2026.

Dina Boluarte lässt sich nach ihrer Wahl letzte Woche feiern. 
Dina Boluarte lässt sich nach ihrer Wahl letzte Woche feiern. 
Keystone

Der Innenminister des Andenstaates, César Cervantes, erklärte zudem für die Regionen Apurímac, Arequipa und Ica den Ausnahmezustand, nachdem es dort bei Protesten und Zusammenstössen mit Sicherheitskräften Tote gegeben hatte. In diesen Gebieten gebe es «Blockaden», das Thema werde mit dem Verteidigungsministerium gemeinsam angegangen, erklärte Cervantes laut der Zeitung «Gestión».

Demonstrationen, Randale und Rücktrittsforderungen

Medienberichten zufolge hatten Demonstranten in mehreren Teilen des südamerikanischen Landes Fernstrassen blockiert. In einigen Städten, darunter in der Hauptstadt Lima, gab es Demonstrationen. In der Stadt Andahuaylas hatten Randalierer am Wochenende den Flughafen lahmgelegt und teilweise in Brand gesetzt.

Randale, Proteste und Demonstrationen am 11. Dezember in Peru. Zahlreiche Menschen fordern den Rücktritt von Präsidentin Dina Boluarte.
Randale, Proteste und Demonstrationen am 11. Dezember in Peru. Zahlreiche Menschen fordern den Rücktritt von Präsidentin Dina Boluarte.
Keystone

Laut Medienberichten hatten sie unter anderem den Rücktritt Boluartes sowie Neuwahlen gefordert. Boluarte beklagte in ihrer Rede den Tod zweier Jugendlicher bei Protesten in ihrer Heimatregion Apurímac. In Bezug auf die teils in Gewalt umschlagenden Demonstrationen erklärte sie: «Das ist weder gesund für das Land, noch für die Wirtschaft, noch für den Kampf gegen die Armut oder für das tägliche Leben aller Familien.»

Anhänger des abgesetzten peruanischen Präsidenten Pedro Castillo stossen in Lima mit Polizisten zusammen.
Anhänger des abgesetzten peruanischen Präsidenten Pedro Castillo stossen in Lima mit Polizisten zusammen.
dpa

Am Mittwoch hatte die bisherige Vizepräsidentin den linken Politiker Castillo als Staats- und Regierungsoberhaupt abgelöst. Castillos Regierung hatte bereits seit dem Amtsantritt des ehemaligen Dorfschullehrers im Juli 2021 unter Druck gestanden. Wegen verschiedener Vorwürfe und Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst kürzlich hatte Castillo eine neue Kabinettschefin ernannt – die fünfte Person im Amt in knapp eineinhalb Jahren. Der 53-Jährige selbst hatte da schon zwei Amtsenthebungsverfahren überstanden.

Parlament entmachtet Castillo mit deutlichem Votum

In der vergangenen Woche hatte er einem Misstrauensvotum mit der Auflösung des Kongresses zuvorkommen wollen, mit der Idee, eine Notstandsregierung einzusetzen und künftig per Dekret zu regieren. Doch das Parlament witterte einen Staatsstreich und enthob ihn mit deutlichem Votum des Amtes. Castillo kam wegen des Vorwurfs der Rebellion in Untersuchungshaft. Der Kongress wirft ihm «dauerhaft moralische Ungeeignetheit» für das Amt vor, wegen Korruptions- und Plagiatsvorwürfen laufen einige Ermittlungsverfahren.

Der peruanische Ex-Präsident Pedro Castillo wurde vom Parlament mit deutlichem Votum des Amtes enthoben. 
Der peruanische Ex-Präsident Pedro Castillo wurde vom Parlament mit deutlichem Votum des Amtes enthoben. 
Keystone

Doch auch der peruanische Kongress steht im Verruf, korrupt zu sein. In ihrer Antrittsrede als Präsidentin hatte Boluarte die Peruaner zur Einheit und zu einem breiten Dialog «zwischen allen politischen Kräften» aufgerufen. Die 60-jährige Juristin ist die erste Staatschefin in der Geschichte des Andenstaats. Als solche hat sich die Organisation Amerikanischer Staaten hinter sie gestellt.