Turnusmässiger Wechsel Portugal übernimmt EU-Ratspräsidentschaft von Deutschland

dpa/tpfi

1.1.2021

Eine Video-Projektion wird zum Abschluss der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands auf das Brandenburger Tor projiziert. Portugal hat die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.
Eine Video-Projektion wird zum Abschluss der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands auf das Brandenburger Tor projiziert. Portugal hat die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.
Bild: Christoph Soeder/dpa

In einer sehr schwierigen Zeit übernimmt Portugal den Vorsitz der 27 EU-Staaten. Vor allem die Corona-Pandemie samt Krisenbekämpfung, aber auch die Umsetzung des Brexit-Deals und die Flüchtlingsfrage halten die Union in Atem.

Portugal hat am Neujahrstag von Deutschland die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union für die nächsten sechs Monate übernommen.

In einer Zeit mit zahlreichen Herausforderungen für die EU liess Ministerpräsident António Costa keine Zweifel daran aufkommen, welchem Thema er als «Chef-Krisenmanager» oberste Priorität einräumen wird: Der Bekämpfung des Coronavirus.

«Man muss sich einfach darüber im Klaren sein, dass es keine Wiederherstellung des Binnenmarktes geben wird, solange in der EU keine umfassende Immunisierung erreicht wird», sagte Costa wenige Tage vor der turnusgemäßen Stabsübergabe im Interview der spanischen Zeitung «El Periódico». Immens wichtig seien in diesem Zusammenhang der Erfolg der Impfkampagne in den 27 EU-Ländern sowie die Umsetzung des milliardenschweren Hilfspakets der Union.

EU-Ratschef Charles Michel dankte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Abschluss der deutschen EU-Präsidentschaft. Merkel und ihr Team hätten «herausragende Arbeit in dieser besonderen Zeit» geleistet, erklärte Michel am Donnerstag auf Twitter. Dem portugiesischen Ministerpräsidenten Antonio Costa wünschte er Glück.

Das kleine Land am südwestlichen Rand Europas mit 10,3 Millionen Einwohnern übernimmt die Ratspräsidentschaft bereits zum vierten Mal und steht dabei vor besonders grossen Aufgaben. Neben der Corona-Pandemie werden auch die Umsetzung des Brexit-Deals samt Handelspakt sowie die Flüchtlingsfrage die EU 2021 in Atem halten.

Die Lösung der schweren Migrationskrise, die Portugal von Deutschland erbt, liegt dem Sozialisten Costa besonders am Herzen. «Wir müssen ein Abkommen erreichen, das den Geist der Solidarität zwischen allen Ländern der EU achtet. Und vor allem dürfen wir niemals die Vorstellung akzeptieren, dass Migration nur ein Problem der Länder mit EU-Aussengrenze ist», sagte Costa «El Periódico».

Die Präsidentschaft Portugals steht unter dem Motto «Zeit zum Handeln: für einen gerechten, grünen und digitalen Wiederaufbau». Costa schrieb auf Twitter: «Es ist eine Ehre und eine enorme Verantwortung für Portugal, den Staffelstab von Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu übernehmen». Als eigenen Schwerpunkt nennt Portugal, das zur Jahresmitte den Stab an Slowenien weiterreicht, die Intensivierung der europäischen Beziehungen zu Afrika.

Die ehemalige Weltmacht Portugal, die Kolonien in Amerika, Afrika und Asien hatte, ist heute ein kleines, politisch relativ unbedeutendes Land. Am Tejo-Fluss ist man aber stolz auf die traditionell starke diplomatische Position des Landes, das auf der internationalen Bühne sehr viele wichtige Posten besetzte. Der frühere Ministerpräsident José Manuel Durão Barroso war etwa von 2004 bis 2014 für zwei Amtszeiten Präsident der Europäischen Kommission. Ein anderer Ex-Regierungschef, António Guterres, ist seit vier Jahren Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Ministerpräsident Costa gilt als geschickter «Taktierer». Nach der Eurokrise steuerte der Jurist das Land mit einer Minderheitsregierung in ruhigeres politische Fahrwasser und in eine Phase wirtschaftlicher Erholung. Im Herbst 2019 wurde er von den Portugiesen mit einem deutlich besseren Ergebnis als 2015 für eine neue Amtszeit gewählt.

Zurück zur Startseite