Kontroverse um Gewaltvideo Tschetschenen-Führer Kadyrow feiert Sohn für Prügelattacke

tafi/dpa

26.9.2023 - 19:29

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Adam Kadyrow (rechts, mit Bruder Akhmat, links und Cousin Khamzat Kadyrow) hat einen wehrlosen Mann brutal verprügelt. Der Sohn des Tschetschenen-Führers Ramzat Kadyrow wird in seiner Heimta dafür gefeiert.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Adam Kadyrow (rechts, mit Bruder Akhmat, links und Cousin Khamzat Kadyrow) hat einen wehrlosen Mann brutal verprügelt. Der Sohn des Tschetschenen-Führers Ramzat Kadyrow wird in seiner Heimta dafür gefeiert.
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In einem Video zeigt Tschetschenen-Führer Ramsat Kadyrow stolz, wie sein 15-jähriger Sohn einen wehrlosen Mann verprügelt. In Moskau ist man über die brutale Attacke allerdings gar nicht amüsiert.

DPA, tafi/dpa

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  • Der 15-jährige Sohn von Tschetschenen-Führer Ramsat Kadyrow verprügelt einen wehrlosen Mann: Ein Video zeigt die brutale Attacke.
  • Während Kadyrow senior stolz auf seinen Sprössling ist, rumort es in Russland. 
  • Selbst aus Putins engem politischen Umfeld wird Kritik laut. Manche glauben, dass Kadyrows Aktion zum Bumerang werden könnte. 

Auf Fotos sieht er aus wie ein normaler Teenager, der sich wie ein harter Kerl kleidet und seine Baseballmütze verkehrt herum trägt. Doch Adam Kadyrow ist kein typischer Teenager, zumindest was seinen familiären Hintergrund angeht. Er ist eines der vielen Kindern von Ramsan Kadyrow, dem berüchtigten, vom Kreml ernannten Herrscher der russischen Region Tschetschenien. Spitzname: Putins Bluthund.

Und Adam macht Schlagzeilen, oder anders ausgedrückt: wie der Vater, so der Sohn. Wer sich ein Video ansieht, dass Papa bei Telegram gepostet hat, der sieht einen 15-jährigen, der seinem Vater in Sachen Brutalität unbedingt nacheifern will.

Der kurze Clip zeigt, wie Kadyrow junior einen wehrlosen Mann verprügelt, extrem brutal mit Fäusten, Knie- und Fusstritten gegen den Kopf. Innert Sekunden liegt das Opfer auf dem Boden und wird dort weiter mit Faustschlägen malträtiert.

Beim Opfer soll es sich um einen 19-Jährigen handeln, der im Mai wegen einer öffentlichen Koran-Verbrennung festgenommen wurde, berichtet die russische Zeitung «Kommersant». Später wurde er aus seiner Heimatstadt Wolgograd in die mehrheitlich von Muslim*innen bewohnte russische Teilrepublik Tschetschenien verlegt, manche sagen: entführt

Adam Kadyrow prügelt einen wehrlosen Mann zu Boden.
Adam Kadyrow prügelt einen wehrlosen Mann zu Boden.
-/CDC/Brian W.J. Mahy/dpa/Archiv

«Würdiges Beispiel für Gleichaltrige»

Er sei stolz auf seinen Sohn, kommentierte der Tschetschenen-Führer auf Telegram das Video. Auch sein Cousin Adam Delimchanow, Abgeordneter des russischen Parlaments, sieht nichts Verwerfliches in den Misshandlungen, sondern preist sie als «würdiges Beispiel für Gleichaltrige».

Während in Tschetschenien keine Kritik öffentlich wurde, rumort es im Kreml. Der russischen Menschenrechtsbeauftragten Tatjana Moskalkowa zufolge hatte der verprügelte Mann bereits im August Anzeige wegen der Misshandlung erstattet.

Eine Koran-Verbrennung sei zwar eine «sozial gefährliche Handlung, die die religiösen Gefühle von Millionen Gläubigen» verletze – trotzdem dürfe nur ein Gericht den Mann bestrafen, schrieb Moskalkowa nach der Veröffentlichung des Videos auf Telegram.

Ihre Kollegin Marina Achmedowa, ebenfalls Mitglied im Menschenrechtsrat, sagte deutlich: «Bei aller Dankbarkeit gegenüber Kadyrow für seine Hilfe, bin ich mit der Prügelstrafe gegen eine offensichtlich wehrlose Person nicht einverstanden». Russland sei kein «mittelalterliches Feudalreich» mehr, Strafen würden von Gerichten festgelegt, nicht von Kadyrows Sohn.

Der Kreml ist nicht erfreut

Jewa Merkatschowa vom Bürgerrechtsrat des russischen Präsidenten sprach von einem «Videobeweis für ein Verbrechen» und forderte, Ermittlungen einzuleiten und das Prügelopfer aus tschetschenischer U-Haft zu entlassen.

Derzeit ist der Häftling allerdings laut der russischen Zeitung «Kommersant» ohne Rechtsbeistand. Sein Anwalt Alexander Serebrenikow habe das Mandat niedergelegt. Dabei soll der Anwalt sich auch geweigert haben, das Misshandlungsvideo anzusehen, um die Identität des Opfers zu belegen.

Nach Einschätzung der britischen BBC unter Berufung auf russische Fachjuristen werden während der Gewalttaten im Video mindestens neun russische Gesetze gebrochen sowie die russische Verfassung und die internationale Konvention gegen Folter mit Füssen getreten.

«Sie sind halt emotionale Typen», wird der Vorfall im Umfeld des Kremls kommentiert, berichtet das Portal BR24. Kadyrow sei es nach den Spekulationen um seine Gesundheit zuletzt darum gegangen, ein deutliches Lebenszeichen zu senden.

Das könnte für ihn allerdings zum Bumerang werden: Putin wisse zwar, dass Kadyrow in Tschetschenien mit eiserner Faust regiert. Gerät er aber ausser Kontrolle und bereitet Moskau Probleme, könnte den politisch unbequemen Tschetschenen-Führer womöglich das gleiche Schicksal wie Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ereilen.