Odessa und Mykolajiw Russland greift Ziele an der Südküste an

dpa

26.7.2022 - 20:18

Odessa ist schon mehrmals von russischen Raketen getroffen worden – auch der Hafen. 
Odessa ist schon mehrmals von russischen Raketen getroffen worden – auch der Hafen. 
KEYSTONE/AP/PETROS GIANNAKOURIS (Archivbild)

Um die Hafenstädte Odessa und Mykolajiw schlagen Raketen ein. Britische Militärexperten rechnen aber nicht mit einem baldigen Angriff vom Wasser aus.

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Russland hat nach ukrainischen Militärangaben am Dienstag Ziele entlang der Südküste des Landes angegriffen. In den Regionen um die Hafenstädte Odessa und Mykolajiw seien Wohngebäude und Infrastruktur von Raketen getroffen worden, teilte das Militär bei Facebook mit. Ein russischer Vertreter in der Südukraine kündigte an, russische Soldaten würden beide Regionen bald befreien, wie sie es bereits im weiter östlich gelegenen Cherson getan hätten.

Um Odessa wurden Häuser in Küstendörfern getroffen und gerieten in Brand, wie das ukrainische Einsatzkommando Süd erklärte. In der Region Mykolajiw wurde die Hafeninfrastruktur angegriffen, obwohl Vereinbarungen getroffen wurden, die die Wiederaufnahme von Getreidelieferungen aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen ermöglichen sollten. Stunden nach den Angriffen erklärte der von Moskau eingesetzte Funktionär Kirill Stremoussow laut der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti, russische Truppen würden bald die Kontrolle übernehmen, ebenso wie in der bereits besetzten Region Cherson.

«Die Region Cherson und die Stadt Cherson sind für immer befreit worden», sagte Stremoussow.

Das russische Militär hatte am Wochenende den Hafen von Odessa angegriffen. Die russische Regierung gab an, Ziele seien ein ukrainisches Kriegsschiff und ein Raketenlager gewesen. Das britische Verteidigungsministerium teilte am Dienstag mit, es gebe keine Hinweise darauf, dass sich diese Ziele zum Zeitpunkt des Angriffs dort befunden hätten.

Russland betrachte die Anti-Schiffs-Raketen der Ukraine als Hauptbedrohung für seine Schwarzmeerflotte, erklärte das Ministerium ausserdem. Das russische Militär könne derzeit keinen Angriff vom Wasser aus unternehmen, um Odessa zu erobern. «Russland wird weiterhin vorrangig versuchen, die ukrainischen Anti-Schiffs-Kapazitäten zu schwächen und zu zerstören.»

Der russische Aussenminister Sergej Lawrow betonte am Dienstag erneut die Gesprächsbereitschaft seines Landes. Die westlichen Verbündeten der ukrainischen Regierung lehnten eine Einigung jedoch ab, sagte Lawrow. «Wir haben uns nie geweigert, Gespräche zu führen, denn jeder weiss, dass alle Feindseligkeiten am Verhandlungstisch enden», erklärte der Minister am Dienstag während eines Besuchs in Uganda. Die Verhandlungen seien seit einem Treffen beider Seiten in Istanbul Ende März nicht vorangekommen.

Russische Angriffe kosteten in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden mindestens drei Menschen das Leben, wie das ukrainische Präsidialamt am Dienstag mitteilte. Acht weitere Menschen seien verletzt worden. In der Region Donezk im Osten, wo sich die Kämpfe in den letzten Monaten konzentrierten, sei der Beschuss entlang der gesamten Front fortgesetzt worden. Das russische Militär habe einige der grössten Städte der Region in Visier genommen, darunter Bachmut und Awdijiwka.

Der Gouverneur von Donezk, Pavlo Kyrylenko, warf den russischen Truppen vor, Streumunition einzusetzen, und rief die Zivilbevölkerung erneut zur Evakuierung auf. «Es gibt keinen einzigen sicheren Ort mehr. Alles wird beschossen», sagte Kyrylenko in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. «Aber es gibt immer noch Evakuierungswege für die Zivilbevölkerung.»

Die russischen Streitkräfte setzten ihre Angriffe auf die zivile Infrastruktur in Charkiw, der zweitgrössten Stadt des Landes, und in der umliegenden Region fort. Gouverneur Oleh Synjehubow sagte, die Angriffe auf die Stadt seien am Dienstag gegen Morgen wieder aufgenommen worden und hätten ein Autohaus beschädigt.

«Die Russen zielen absichtlich auf zivile Infrastruktur – Krankenhäuser, Schulen, Kinos», sagte Synjehubow im ukrainischen Fernsehen. «Alles wird beschossen, sogar Warteschlangen für humanitäre Hilfe, deshalb bitten wir die Menschen dringend, Massenansammlungen zu vermeiden.»