300 Mio. Dollar für Wahleinmischung Russland hat ausländische Politiker ziemlich dreist finanziert

tafi

14.9.2022

Russland soll laut einem Bericht der US-Geheimdienste mindestens 300 Millionen US-Dollar in die Beeinflussung von Wahlergebnisse in anderen Staaten gepumpt haben.
Russland soll laut einem Bericht der US-Geheimdienste mindestens 300 Millionen US-Dollar in die Beeinflussung von Wahlergebnisse in anderen Staaten gepumpt haben.
Yury Kochetkov/EPA/AP/dpa

Einfluss sichern und Wahlen manipulieren: Russland finanzierte nach US-Angaben ausländische Politiker verdeckt mit mindestens 300 Millionen Dollar. In Italien sorgen die Erkenntnisse kurz vor der Wahl für Aufregung.

tafi

14.9.2022

Dass sich Russland mit enormen finanziellen Aufwand in die Wahlen anderer Länder einmischt, ist keine Überraschung. Die Dimension allerdings ist gewaltig: Mehr als 300 Millionen US-Dollar soll der Kreml seit 2014 für ihm genehme politische Parteien und Kandidaten ausgegeben haben, berichten mehrere US-Medien, darunter die «New York Times», und zitieren aus einem Bericht, den die US-Geheimdienste jetzt öffentlich gemacht haben.

Die 300 Millionen Dollar seien dabei lediglich die Summe, die bislang nachgewiesen werden konnte: Russland habe wahrscheinlich noch viel mehr Geld für die Wahlkämpfe in anderen Ländern ausgegeben, das bis dato unentdeckt geblieben ist, heisst es in dem Bericht. Die genannte Summe sei nur «die Spitze des Eisbergs», sagte ein US-Regierungsvertreter.

In zwei Dutzend Ländern, darunter in Europa, hat Moskau offenbar Einfluss genommen. Konkrete Angaben macht der Bericht nicht. Klar ist nur, dass häufig nationalistische und ultrarechte Parteien von den Geldflüssen profitieren. Ein Ziel Russlands ist es, mit der Einflussnahme die Stabilität in westlichen Ländern zu untergraben.

Aufregung in Italien

In Italien haben die Erkenntnisse kurz vor der Parlamentswahl am 25. September bereits für einen Eklat gesorgt. Unter anderem die rechtspopulistische Lega pflegt seit Jahren enge Kontakte zu Kremlchef Wladimir Putin, auch prominente Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung zeigten immer wieder ihre Nähe zu Moskau.

Lega-Chef Matteo Salvini wiegelte nach Bekanntwerden der Meldungen prompt ab. «Ich habe nie nach Geldern gefragt oder welche erhalten, keine Rubel, Euro, Dinare oder Dollar aus Russland», sagte er in einem Radiointerview und ergänzte: «Es ist schon komisch, dass jedes Mal, zehn Tage vor den Wahlen, solche Fake News aufkommen.»

Mehrere Länder in Europa betroffen

Eine mit den Erkenntnissen des Gutachtens vertraute Quelle gab gemäss der Nachrichtenagentur AFP an, dass Russland etwa eine halbe Million Dollar für die Unterstützung der albanischen Mitte-Rechts-Partei Demokratische Partei bei den Wahlen im Jahr 2017 ausgegeben habe. Demnach sollen auch Parteien oder Kandidaten in Bosnien, Montenegro und Madagaskar finanziert worden sein.

Nach Angaben der Quelle hat Russland die belgische Hauptstadt und EU-Sitz Brüssel als Drehscheibe etwa für Stiftungen genutzt, die rechtsextreme Kandidaten unterstützen. Auch wird dem Land vorgeworfen, der russischen Botschaft in Ecuador von 2014 bis 2017 grosse Mengen Geld geschickt zu haben – offenbar mit dem Ziel, Wahlen zu beeinflussen.

Uncle Sam schaut genau hin

Die USA wollen nun über offizielle Verbindungskanäle Kontakt mit den betroffenen Ländern aufnehmen, «um derzeit noch geheime Informationen über russische Aktivitäten zu teilen, die auf ihr politisches Umfeld abzielen», zitiert die «New York Times» aus dem Bericht. Der Kreml agiert zwar verdeckt, aber verborgen blieben die Geldflüsse nicht: Die USA wissen offenbar ziemlich genau, über welche Kanäle die Gelder verteilt werden.

Ein US-Regierungsvertreter wird mit folgenden Worten zitiert: «Indem wir ein Licht auf die verdeckte russische Politikfinanzierung und die russischen Versuche werfen, demokratische Prozesse zu untergraben, machen wir diesen ausländischen Parteien und Kandidaten klar, dass wir aufdecken können und werden, wenn sie heimlich russisches Geld annehmen.»

Koffer voller Bargeld vom Botschafter

Beteiligt an Wahleinmischung seien eine Reihe russischer Behörden und Einzelpersonen. Unter den konkret genannten Personen sollen sich zwei enge Vertraute Putins befinden: Jewgeni Prigoschin und Aleksandr Babakow. Letzterer steht bereits im Fokus des US-Justizministeriums, das im April Anklage gegen den russischen Abgeordneten erhoben hat.

Verschoben werde das Geld durch eine Vielzahl von Institutionen, um die Herkunft der Finanzierung zu verschleiern. Neben Staatsunternehmen, Stiftungen, Denkfabriken und Beratungsfirmen arbeitet Moskau offenbar auch mit dem organisierten Verbrechen und Briefkastenfirmen zusammen.

Das Geld werde mittels Kryptowährungen, elektronischer Geldtransfers und grosszügiger Geschenken verteilt. In einem Fall soll ein Präsidentschaftskandidat in einem asiatischen Land mehrere Millionen US-Dollar bar vom russischen Botschafter bekommen haben.

Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa.