Putin-Kritiker wittert Attentat «Sein Ende wird eher früher als später kommen»

Andrea Moser

18.2.2023

Keine Freunde: Wladimir Putin (links) und Michail Chodorkowski stritten in der Vergangenheit bereits vor laufenden Kameras.  
Keine Freunde: Wladimir Putin (links) und Michail Chodorkowski stritten in der Vergangenheit bereits vor laufenden Kameras.  
imago images/Everett Collection (Archivbild)

Der russische Ex-Oligarch und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski rechnet mit einem Attentat auf Wladimir Putin. Sollte Russland den Krieg verlieren, soll Putin nur noch zwei Jahre zu leben haben.

Andrea Moser

Verliert Russland den Krieg gegen die Ukraine, sind die Tage von Kreml-Chef Wladimir Putin gezählt. Dieser Meinung ist zumindest der ehemalige Oligarch und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski. Im Falle einer Niederlage habe Putin noch höchstens zwei Jahre zu leben, sagt Chodorkowski im deutschen «Handelsblatt». 

«Putin wird nicht ewig leben. Und personalisierte Regimes überdauern ihren Gründer in der Regel nicht. Das Ende Putins wird eher früher als später kommen», so Chodorkowski. Nur mit einem Sieg oder einer nicht ganz so offensichtlichen Niederlage könne sich Putin weiter an der Macht halten. «Bei einer militärischen Niederlage wird es vielleicht zwei Jahre dauern. Wenn eine Niederlage nicht offensichtlich wird, vielleicht noch zehn», so Chodorkowski.

Das Argument, dass Putin im Vergleich zu anderen Amtskollegen wie Joe Biden mit 70 Jahren noch verhältnismässig jung sei, lässt er nicht gelten. «Wie viele Stunden würde Biden in Russland durchhalten?» Gewalt spiele in Russland eine grosse Rolle, das sehe man an Putins Beispiel.

Wer kommt nach Putin?

Wie die Zukunft von Russland aussieht, hänge stark vom Westen ab. Die Regierung, egal unter welchem Staatsoberhaupt, sei auf das Ende der Sanktionen angewiesen, sagt Chodorkowski. Er hofft, dass Russland nach dem Krieg aus den Regionen heraus neu aufgebaut werde als parlamentarische Demokratie nach dem Modell Frankreichs oder Deutschlands. 

Dass Kreml-Kritiker wie beispielsweise Alexej Nawalny oder er selbst in Russland eine Demokratie aufbauen könnten, bezeichnet Chodorkowski dagegen als naiv.  Nur wer die Truppe hinter sich hat, könne eine Rolle spielen. «Die Armee, der Geheimdienst FSB oder die Nationalgarde. Solange die zusammenstehen, ändert sich nichts.»

Putin-Streit und Haftstrafe in den Nullerjahren 

Der 59-jährige Chodorkowski, der inzwischen in London lebt, gehört seit Jahren zu den schärfsten Kritikern des Kremls. Er war Geschäftsführer des inzwischen insolventen Ölkonzerns Yukos. Weiter gründete er Anfang der Nullerjahre die Stiftung  «Open Russia Foundation», die sich für die Integration und Offenheit der Menschen in Russland einsetzte. Sie wurde 2006 durch den russischen Staat geschlossen.

Michail Chodorkowski im Jahr 2004 hinter russischen Gittern. Nach seiner Verhaftung protestierten hunderte Menschen auf den Strassen. Insgesamt zehn Jahre sass Chodorkowski im Gefängnis.
Michail Chodorkowski im Jahr 2004 hinter russischen Gittern. Nach seiner Verhaftung protestierten hunderte Menschen auf den Strassen. Insgesamt zehn Jahre sass Chodorkowski im Gefängnis.
Keystone (Archivbild) 

Bekanntheit erlangte Chodorkowski, als er im Jahr 2003 vor laufenden Fernsehkameras mit Putin über die Frage der Korruption stritt. Wenig später wurde er verhaftet. Ihm wurde Unterschlagung und Steuerhinterziehung am russischen Staat vorgeworfen, woraufhin er eine zehnjährige Haftstrafe verbüsste.