«Papa, du bist ein Held» Alleinerziehender Vater flieht aus Russland – und wird gefasst

tjnj

30.3.2023

Alexej Moskaljow wurde wegen Diskreditierung der russischen Armee zu zwei Jahren Haft verurteilt. Kurz vor Verkündung des Urteils floh er. Nun wurde er in Minsk gefasst.
Alexej Moskaljow wurde wegen Diskreditierung der russischen Armee zu zwei Jahren Haft verurteilt. Kurz vor Verkündung des Urteils floh er. Nun wurde er in Minsk gefasst.
Bild: AP Photo

Der Vater der Schülerin, deren kriegskritischen Bilder die russischen Behörden auf den Plan riefen, ist zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Er floh – und ist nun in Belarus aufgegriffen worden.

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30.3.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Tochter des russischen alleinerziehenden Vaters Alexej Moskaljow malte Kriegs-kritische Bilder im Unterricht.
  • Damit rief sie die russischen Behörden auf den Plan. Nachdem sie kritische Posts Moskaljows in sozialen Medien gefunden hatten, wurde der 54-Jährige verhaftet.
  • Am vergangenen Dienstag wurde Moskaljow zu zwei Jahren Straflager verurteilt. Wenige Stunden vor der Urteilsverkündung konnte er fliehen. Nun wurde er in Minsk gefasst.
  • Einen überraschenden Fürsprecher hat Moskaljow in Jewgeni Prigoschin. Der Chef der berüchtigten Gruppe Wanger sprach von einem «unfairen» Urteil. Er möchte es mithilfe seiner Anwälte anfechten lassen.

Am 1. März ist Alexej Moskaljow von den russischen Behörden verhaftet worden. Der Grund: Seine Tochter Masha hatte im Schulunterricht pro-ukrainische Bilder gemalt.

Als Staatsbeamte daraufhin die Tätigkeiten des alleinerziehenden Vaters näher untersuchten, stiessen sie zudem auf kriegskritische Posts in einem sozialen Netzwerk. In diesen bezeichnete er die russische Regierung als «Terroristen» und die Armee als «Vergewaltiger».

Flucht endet in Belarus

Am vergangenen Dienstag ist der 54-Jährige aufgrund dieser Posts wegen Diskreditierung der russischen Armee zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Sollten keine nahen Verwandten sich bereit erklären, seine Tochter in ihre Obhut zu nehmen, muss das 13-jährige Mädchen laut Moskaljows Anwalt Wladimir Bilijenko in ein Waisenhaus.

In der Nacht vor dem Urteilsspruch floh Moskaljow aus dem ihm auferlegten Hausarrest. Mittlerweile ist er wieder gefasst worden: in Minsk, der Hauptstadt des mit Russland verbündeten Belarus.

Die Verhaftung wurde von Dmitri Sachwatow bestätigt, einem Menschenrechtsanwalt, der angegeben hatte, mit Moskaljow in Kontakt gestanden zu haben, als der untergetaucht war.

Prigoschin spricht von «unfairem» Urteil

Kremlsprecher Dmitri Peskow kritisierte Moskaljow am vergangenen Mittwoch scharf, indem er die «sehr beklagenswerte Situation hinsichtlich der Ausführung seiner elterlichen Pflichten» verurteilte. Doch der Kremlkritiker hat auch einen überraschenden Fürsprecher.

Der Unternehmer Jewgeni Prigoschin, Chef der für ihre brutalen Praktiken berüchtigten Söldnergruppe Wagner, bezeichnete die Verurteilung des alleinerziehenden Vaters als «unfair, vor allem wenn man bedenkt, dass seine Tochter Masha dazu gezwungen sein wird, in einem Waisenhaus aufzuwachsen». Die Gruppe Wagner wird international zur Verteidigung und Durchsetzung russischer Interessen eingesetzt, so auch in der Ukraine.

Prigoschin verlangte eine Überprüfung des Urteils. Ausserdem beantragte er für den Fall, dass es zu einer solchen Neubewertung des Falles kommt, dass die Top-Anwälte der Gruppe Wagner mit Moskaljows Verteidigung kooperieren dürfen.

Politische Motivation möglich

Prigoschins Aussagen könnten einen politischen Hintergrund haben. Immer öfter fällt der Wagner-Chef mit kritischen Aussagen über die Kriegsführung des Kremls auf. Die Erfolge der Söldnergruppe versucht er für eine Steigerung seines Einflusses in Moskau zu nutzen.

Einigen Expert*innen zufolge könnte der Unternehmer versuchen, sich als Alternative zu Präsident Wladimir Putin in Stellung zu bringen. Kremlsprecher Peskow weigerte sich, Prigoschins Aussagen zu kommentieren.

Moskaljows Anwalt Wladimir Bilijenko befürwortete Prigoschins Forderungen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, wenn er sich auch nicht ob dessen Motiven sicher sei. «Ich bin dazu bereit, jegliche Hilfe zu akzeptieren, die meinem Klienten helfen wird», so Bilijenko.

Brief aus dem Kinderheim

Menschenrechtsanwalt Dmitri Sachwatow gab an, dass Moskaljow ihm während seiner Flucht eine Kopie eines Briefes von Masha an ihren Vater geschickt hatte. Den habe sie aus dem Kinderheim geschrieben, in dem sie seit seiner Verhaftung lebt.

«Bei mir ist alles gut, ich liebe dich sehr und weiss, dass du nicht schuldig bist. Ich bin immer auf deiner Seite und alles, was du tust, ist richtig», schreibt sie darin. Der Brief endet mit den Worten: «Papa, du bist ein Held.»