«Situation hat sich geändert»Serbiens Präsident deutet Annahme von Lösungsplan für Kosovo an
dpa
24.1.2023 - 01:05
Jahrzehntelang bewegte sich kaum etwas im kalten Krieg zwischen Serbien und seiner einstigen Provinz Kosovo. Jetzt deutet sich eine Lösung an: Der serbische Präsident Vucic zeigt Kompromissbereitschaft.
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24.01.2023, 01:05
24.01.2023, 07:56
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Der serbische Präsident Aleksandar Vucic hat angedeutet, dass er den jüngsten deutsch-französischen Plan für die Normalisierung des Verhältnisses zum Kosovo annehmen könnte.
Westliche Unterhändler hätten ihn vor die Wahl gestellt, den Plan zu akzeptieren oder die Konsequenzen in Gestalt des Abbruchs der EU-Beitrittsverhandlungen und abgezogener Auslandsinvestitionen zu tragen, sagte er am Montagabend in einer Pressekonferenz, die live im Fernsehen übertragen wurde.
«Wenn die Wahl darin besteht, dass wir Sanktionen bekommen – und was wäre eine schlimmere Sanktion als der Abzug von Investitionen – oder dass wir auf der anderen Seite alles und sofort akzeptieren, was die Mitgliedschaft des Kosovos in den UN bedeutet, dann bin ich für den Weg des Kompromisses, wie umstritten er auch sein mag», erklärte Vucic.
Das Kosovo, das heute fast ausschliesslich von Albanern bewohnt wird, gehörte früher zu Serbien. Nach einem bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner und massiven Menschenrechtsverletzungen durch die serbischen Sicherheitskräfte hatte die Nato im Frühjahr 1999 mit Bombardierungen im damaligen Rest-Jugoslawien (Serbien und Montenegro) reagiert.
Von 1999 bis 2008 verwaltete die UN-Administration Unmik das Gebiet. 2008 erklärte sich das Land für unabhängig. Serbien erkennt diesen Schritt bis heute nicht an und reklamiert das Territorium für sich. Diplomatische Bemühungen des Westens führten in den verstrichenen Jahren zu keiner wesentlichen Normalisierung der Situation. Zuletzt waren die Spannungen in Form von Strassenblockaden und Schiesszwischenfällen erneut eskaliert.
«Grund zur Besorgnis» – Spannungen im Nord-Kosovo verschärfen sich
STORY: Im Norden des Kosovo spitzt sich die Lage zwischen Serben und albanischen Kosovaren weiter zu. In der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica errichteten Serben am Dienstag neue Strassensperren und forderten die Freilassung eines verhafteten Ex-Polizisten. Die serbische Regierung hatte mitgeteilt, die Armee nach wochenlangen Spannungen mit der kosovarischen Regierung in Pristina in höchste Alarmbereitschaft versetzt zu haben. Der serbische Verteidigungsminister Milos Vucevic besuchte am Montag Soldaten an der Grenze zum Kosovo. Es gebe keinen Grund zur Panik, aber Grund zur Besorgnis, so das Verteidigungsministerium in Belgrad. Präsident Aleksandar Vucic sei überzeugt, dass das Kosovo einen Angriff auf die Serben in der Region vorbereite und die Barrikaden gewaltsam entfernen wolle. Im nördlichen Teil des mehrheitlich albanischen Kosovo leben rund 50.000 Serben. Sie weigern sich seit Jahren, die Regierung in Pristina oder den Kosovo als Staat anzuerkennen. Sie werden dabei von Serbien unterstützt, von dem sich das Kosovo 2008 unabhängig erklärt hatte.
27.12.2022
Der deutsch-französische Plan wurde im Herbst des Vorjahres bekannt und nie wirklich offiziell veröffentlicht. Doch sind seine Eckpunkte bekannt, seitdem er den Seiten vorgelegt worden war.
Unter anderem sieht er vor, dass Serbien und Kosovo zwar einander formell nicht anerkennen, jedoch ihre staatliche Existenz in den gegenwärtigen Grenzen wechselseitig akzeptieren. Insbesondere würde Serbien damit aufhören, die Mitgliedschaft des Kosovos in internationalen Organisationen – unter tätiger Mithilfe Russlands – zu verhindern.
So scheiterte die Aufnahme des Kosovos in die UN bislang am Veto des ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieds Russland. «Es ist keine Rede davon, dass wir den Beitritt des Kosovo zu den UN befürworten, aber wir würden seine Mitgliedschaft de facto akzeptieren», führte Vucic weiter aus.
Vucic: «Nervosität in Europa»
Würde es dazu kommen, wäre dies tatsächlich eine Wende in der Kosovo-Politik Vucics, die sich bislang auf den serbischen Nationalismus stützte. «Die geopolitische Situation hat sich geändert», meinte er. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine herrsche «Nervosität in Europa».
«Eskapaden im eigenen Hinterhof» würden nicht mehr geduldet. Der deutsch-französische Plan sei längst zu einem Plan der EU geworden, den auch jene fünf Mitgliedsländer unterstützten, die das Kosovo bislang nicht anerkannt haben. Dabei handelt es sich um Spanien, Griechenland, Rumänien, die Slowakei und Zypern.
Offenbar gärt es deshalb auch in der Präsidentenpartei SNS. Auf einer Sitzung des SNS-Vorstands am letzten Wochenende hatten mehrere Teilnehmer ihre Ablehnung eines möglichen Kurswechsels kundgetan. Vucic, der auch SNS-Chef ist, habe daraufhin mit seinem Rücktritt gedroht, worauf jegliche Kritik verstummte, wie serbische Medien berichteten.
Am Montagabend betonte Vucic, dass noch nichts entschieden sei. Am Ende müssten das serbische Parlament und «vielleicht das Volk» das letzte Wort haben.