Krieg kommt nach Russland Sie bekämpfen sein Reich, doch Putin sitzt fest im Sattel

Von Philipp Dahm

23.5.2023

«Saboteure» aus der Ukraine in Russland – Drohnenangriffe auf Region Belgorod

«Saboteure» aus der Ukraine in Russland – Drohnenangriffe auf Region Belgorod

Die russische Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine ist nach offiziellen Angaben Ziel von Drohnenangriffen geworden. Am Vortag hatte es gehiessen, bei einem Angriff ukrainischer «Saboteure» seien mehrere Menschen verletzt worden. Zu den Angrif

23.05.2023

Die Truppe, die von der Ukraine in die russische Region Belgorod vorgerückt ist, will Russland von Wladimir Putin befreien. Die Kämpfe halten zwar an, aber der Kreml-Herrscher muss nichts fürchten, glaubt der deutsche BND.

Von Philipp Dahm

23.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Vorstoss auf russisches Gebiet in den Oblast Belgorod hat das langfristige Ziel, Wladimir Putin zu stürzen.
  • Die beteiligten Soldaten sollen Russen sein, die ihr Land von dem Langzeit-Herrscher befreien wollen.
  • Der BND attestiert Putin allerdings, dass er auch 15 Monate nach Kriegsbeginn politisch unangefochten sei.
  • Moskau reagiert erratisch auf den Angriff: Angeblich sei dieser schon beendet worden. Geflohene Zivilisten dürfen dennoch nicht zurück in ihre Häuser.
  • Fünf weitere Dörfer nahe der Grenze zur Ukraine werden angeblich angegriffen.

«Wir sind Russen, genau wie ihr», sagt der Kämpfer der Legion Freiheit Russlands, die im März 2022 in der Ukraine gegründet worden ist. «Wir sind Menschen, genau wie ihr. Wir wollen, dass unsere Kinder als freie Leute in Frieden aufwachsen.» Doch im Russland Wladimir Putins sei das nicht möglich.

Das sei «verrottet durch Korruption, Lügen, Zensur, Einschränkungen und Beschneidung von Freiheiten». Der Wert eines Menschen in Putins Russland sei geringer als der eines Funktionär-Portemonnaies. Es sei das Land, in dem sich der «Grossvater» ein eigenes Eisenbahn-Gleis zum Bunker seines Luxuspalastes legen lasse.

Russland sei eine Diktatur, begründet der Kämpfer den Angriff im Oblast Belgorod. «Es ist Zeit, die Diktatur des Kreml zu beenden.» Der Mann dankt für die Unterstützung – auch durch jene, die «rauchen, wenn es nötig ist». Damit sind die zahlreichen Brandstifter gemeint, die inzwischen überall in Russland dem Staat mit Feuer Dampf unter dem Kessel machen.

Der Überraschungsangriff im Oblast Belgorod hält an. Der Gouverneur der Region sendet widersprüchliche Signale. Einerseits will Wjatscheslaw Gladkow beruhigen, dass «alle notwendigen Massnahmen» ergriffen würden. Andererseits dürfen die Bewohner des Dorfes Graiworon trotzdem nicht in ihre Häuser zurück.

Tatsächlich hält der Vorstoss an. In Graiworon wird immer noch gekämpft, berichtet der «Kyiv Independent»: Die Legion Freiheit Russlands und andere Oppositionelle rekrutieren demnach Partisanen in der Bevölkerung, sofern diese nicht geflohen und willens ist.

BND: Putin nicht geschwächt

Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin hofft auf einen Aufstand: «Die Tatsache, dass [die Russen] sich jetzt schämen, ihren Pass herauszuholen, musste früher oder später genau zu dem führen, was jetzt im Oblast Belgorod passiert», sagt Hanna Maliar in einem Interview, das sie auf Telegram gepostet hat. Die kritische Masse habe sich nun gebildet.

Doch, dass der Überraschungsangriff in einem Aufstand mündet, scheint ausgeschlossen. Der Widerstand ist zu gering. Stattdessen fordern Hardliner im russischen TV, die eigene Bevölkerung solle bewaffnet werden, um die Eindringlinge und die «Chochols» zu bekämpfen. So hiess die Frisur der Krim-Tartaren – heute wird das Wort abfällig für Ukrainer verwendet.

Auch der deutsche Geheimdienst sieht Wladimir Putin so fest im Sattel sitzen wie eh und je. Auch 15 Monate nach Beginn des Angriffskriegs sieht Bruno Kahl keine Anzeichen für eine Schwächung des 70-Jährigen, sagte der BND-Chef am 22. Mai vor der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin. Wenn der Westen Kiew nicht weiter unterstütze, könne Putins Strategie in der Ukraine sogar aufgehen, warnt der Deutsche.

Weitere russische Grenz-Dörfer im Visier

Egal, was Berlin sagt: Die oppositionellen Russen haben sich entschieden zu kämpfen. Jüngsten, unbestätigten Meldungen zufolge werden nun auch fünf Dörfer angegriffen, die kurz hinter der Grenze zu Russland liegen. 

Überprüft werden können diese Angaben nicht. Auch nicht, ob sich ukrainische Truppen an der angeblichen Attacke beteiligen. Fest steht nur, dass der Vorstoss in Belgorod durch Artilleriefeuer von der ukrainischen Seite unterstützt wird. Auch Kiews Luftabwehr dürfte auf der eigenen Seite der Grenze Position bezogen haben.

Natürlich wäre auch ein ukrainischer Vorstoss denkbar, doch eigentlich überwiegen die Nach- die Vorteile – siehe unten stehendes Video. Auf der einen Seite heisst es nun, die Legion Freiheit Russlands grabe sich in dem von ihr kontrollierten Gebiet ein. Auf der anderen Seite meldet Moskau, man habe die Angreifer zurückgeschlagen oder getötet. Was von all den widersprüchlichen Meldungen tatsächlich zutrifft, wird sich in den nächsten Stunden und Tagen zeigen.

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