Politik Sozialdemokraten bei Wahl in Schweden vorn – Unklare Verhältnisse

SDA

11.9.2022 - 20:28

Magdalena Andersson, Ministerpräsidentin von Schweden und Parteivorsitzende der Sozialdemokraten, kommt zur Wahlveranstaltung der sozialdemokratischen Partei im Waterfront Conference Center. Foto: Jonas Ekströmer/TT News Agency/AP/dpa
Magdalena Andersson, Ministerpräsidentin von Schweden und Parteivorsitzende der Sozialdemokraten, kommt zur Wahlveranstaltung der sozialdemokratischen Partei im Waterfront Conference Center. Foto: Jonas Ekströmer/TT News Agency/AP/dpa
Keystone

Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson sind bei der Parlamentswahl in Schweden ersten Prognosen zufolge klar stärkste Kraft geworden.

Die Partei erhielt nach Angaben des schwedischen Rundfunksenders SVT am Sonntag etwa 29,3 Prozent der Stimmen. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten kamen demnach auf etwa 20,5 Prozent – damit sind sie auf dem Weg zu einem Rekordergebnis und werden wohl erstmals zweitstärkste politische Kraft im Reichstag in Stockholm. Die Moderaten von Ulf Kristersson lagen den Angaben zufolge bei 18,8 Prozent. Das wäre ihr schlechtestes Ergebnis seit 2002.

Unklar blieb zunächst, welches politische Lager am Ende die Mehrheit der Mandate auf seiner Seite haben wird – Anderssons Seite lag mit 49,8 Prozent knapp vor dem konservativ-rechten Block von Kristersson einschliesslich der Schwedendemokraten mit 49,2 Prozent. Der Sender TV4 sah Anderssons Lager etwas deutlicher vorne.

Umfragen hatten die beiden Lager schon vor dem Wahltag nahezu gleichauf gesehen. Bei der Parlamentswahl vor vier Jahren wichen die ersten Prognosen teils um mehrere Prozentpunkte vom finalen Wahlergebnis ab – die Moderaten konnten die Schwedendemokraten am Ende doch noch überholen.

Mehr Klarheit könnten Teilergebnisse liefern, die die Wahlbehörde noch am Wahlabend nach und nach veröffentlichen wollte. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung dürfte dem skandinavischen EU-Land wie bereits nach der Wahl 2018 eine langwierige Regierungsbildung bevorstehen, da sich auch die Parteien innerhalb der Blöcke in mehreren Angelegenheiten uneins sind.

Der schwedische Reichstag in Stockholm hat 349 Sitze. Für eine Mehrheit sind somit 175 Mandate notwendig. Um genau diese äusserst knappe Zahl zu erreichen, sind Andersson und ihre rein sozialdemokratische Minderheitsregierung bisher auf die Unterstützung der liberalen Zentrumspartei, der Linken und der Grünen angewiesen. Der konservativ-rechte Block, der vom Moderaten-Chef Kristersson angeführt wird, verfügte bislang über die restlichen 174 Sitze.

Andersson, deren Partei in Schweden traditionell die stärkste Kraft ist, wurde erst im November 2021 als Nachfolgerin ihres Parteikollegen Stefan Löfven und als erste Frau überhaupt zur Ministerpräsidentin von Schweden gewählt. Unter ihr hat das Land Mitte Mai im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Antrag auf eine Nato-Mitgliedschaft gestellt. Im Wahlkampf waren aber vor allem die stark gestiegenen Energiepreise sowie die in Schweden grassierende Bandenkriminalität die wichtigsten Themen.

Der Fokus auf den Kampf gegen Kriminelle spielte offenbar vor allem den Rechten in die Hände. Andersson machte am Wahltag erneut klar, dass sie zur Zusammenarbeit mit allen Parteien bereit sei – ausser mit den Schwedendemokraten. Sie sei sehr enttäuscht, dass sich andere Parteien in der Hinsicht anders entschieden hätten. Die Moderaten und ihre Partner haben sich zuletzt erstmals offen an die Rechtspopulisten angenähert. Keine Partei werde nach dieser Wahl über eine eigene Mehrheit verfügen, sagte Andersson voraus. Ihre Sozialdemokraten hätten jedoch gezeigt, dass sie in der Lage seien, auch in komplizierten parlamentarischen Situationen zusammenzuarbeiten.

Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg warnte vor populistischen Tönen. Sie kritisierte am Wochenende, dass eine junge Aktivistin im Zuge einer Fernsehdebatte zwischen Andersson und Kristersson unter anderem von einem Politiker der Moderaten öffentlich mit Spott übersät worden war. «Eine Gesellschaft, in der politische Parteien Kinder systematisch verspotten und hassen, die einfach nur auf die Forschung verweisen, ist eine kranke Gesellschaft», schrieb Thunberg am Sonntag auf Twitter. «Antidemokratische und populistische Winde wehen stark. Wir müssen uns dem entgegenstellen», forderte sie.