Flucht auf die Malediven Sri Lankas Präsident hat sich ins Ausland abgesetzt

dpa

13.7.2022 - 06:29

Sri Lankas Präsident Rajapaksa flieht vor Rücktritt auf die Malediven

Sri Lankas Präsident Rajapaksa flieht vor Rücktritt auf die Malediven

Rajapaksa hatte zuvor angekündigt, sein Amt am Mittwoch niederlegen zu wollen.

13.07.2022

Nach der Erstürmung des Präsidentenpalasts und seines Büros durch Demonstranten wollte Staatschef Rajapaksa offenbar nichts wie weg. Per Flugzeug setzt er sich auf die Malediven ab, während in seiner Heimat die politische und wirtschaftliche Krise weitergeht.

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Unter dem Druck von Massenprotesten inmitten einer schweren Wirtschaftskrise hat sich Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa ins Ausland abgesetzt. Ein Beamter der Migrationsbehörde teilte mit, dass Rajapaksa mit seiner Ehefrau und zwei Leibwächtern am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) eine Maschine der Luftwaffe mit Ziel Malé, der Hauptstadt der Malediven. Die Luftwaffe bestätigte die Ausreise Rajapaksas und seiner Gattin. Das Verteidigungsministerium habe dies gebilligt, sämtliche Zoll- und Asylgesetze seien zudem befolgt worden.

Am Wochenende stürmten Demonstranten sein Anwesen, sein Büro und die offizielle Residenz von Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe in der Hauptstadt Colombo. Bald machten Bilder die Runde, die Teilnehmer der Proteste beim Schwimmen im Pool und beim Ausruhen in den Gemächern des Präsidentenpalastes zeigten. Demonstranten zündeten auch das Privathaus von Wickremesinghe an. Die Erstürmung der Amtsgebäude war der vorläufige Höhepunkt seit Monaten andauernder Proteste wegen Lebensmittel- und Treibstoffengpässe, die die Wirtschaftskrise mit sich gebracht haben.

Die Bevölkerung von Colombo schaut sich im Palast des geflohenen Staatschef von Sri Lanka um, nachdem das Anwesen von Gegnern der Regierung gestürmt worden war. (AP Photo/Rafiq Maqbool)
Die Bevölkerung von Colombo schaut sich im Palast des geflohenen Staatschef von Sri Lanka um, nachdem das Anwesen von Gegnern der Regierung gestürmt worden war. (AP Photo/Rafiq Maqbool)
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Rajapaksa hatte für diesen Mittwoch seinen Rücktritt angekündigt. Auch Wickremesinghe bot seinen Abgang an, will aber auf seinem Posten bleiben, bis eine neue Regierung steht. Abgeordnete der Opposition verständigten sich zwar bisher auf die Wahl eines neuen Präsidenten in der kommenden Woche, bestimmten allerdings noch keinen neuen Regierungschef. Auch über die Zusammensetzung des künftigen Kabinetts sind sich die Parlamentarier noch uneins. Das dürfte Demonstranten nicht gefallen, die Wickremesinghes sofortigen Rückzug verlangen. Die Amtsgebäude wollen die Protestierenden erst freigeben, wenn sowohl der Staats- als auch der Regierungschef nicht länger im Amt sind.

«Ich bin nicht glücklich darüber, dass er geflohen ist», sagte einer der Demonstranten, Malik D'Silva, im Gespräch der Nachrichtenagentur AP über Rajapaksa. «Er sollte im Gefängnis sein.» Rajapaksa habe «das Land ruiniert und unser Geld gestohlen.» Demonstranten werfen dem nun praktisch entmachteten Staatschef und seiner Familie vor, sich seit Jahren aus der Staatskasse zu bedienen.

Amtierende Präsidenten geniessen in Sri Lanka Schutz vor Verhaftung; Beobachter hielten es daher für möglich, dass Rajapaksa seine Flucht plante, solange ihm die Verfassung noch Immunität garantiert. Eine Anklage wegen Korruption gegen Rajapaksa in seiner früheren Funktion als Verteidigungsminister wurde wieder zurückgezogen, nachdem er 2019 zum Präsidenten gewählt wurde.

Korruption und Missmanagement haben zu einer immensen Schuldenlast für den Inselstaat geführt, für Importe von Grundgütern fehlt das Geld. Angesichts der hohen Inflation, der Knappheit von Lebensmitteln und Treibstoff herrscht unter vielen der rund 22 Millionen Einwohner Sri Lankas grosse Verzweiflung. Viele lassen Mahlzeiten aus und stehen stundenlang an, um rares Benzin zu kaufen. Ehe sich die schlimmste Wirtschaftskrise in der jüngeren Geschichte des Landes vertiefte, war der Wohlstand und die Mittelschicht stetig gewachsen. Nun steckt Sri Lanka auch noch in einer politischen Krise. Und Verzögerungen im Ringen um eine Einheitsregierung könnten erhoffte Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds blockieren. Zur Überbrückung ist das Land auf Unterstützung vom Nachbarland Indien und China angewiesen.