Ein kleines Trostpflaster für die SP: Sie hat mit ihrem erfolgreichen Referendum die Verrechnungssteuerreform gebodigt.
Die linke Kampagne zielte erneut gegen Grosskonzerne - und war erneut von Erfolg gekrönt. (Archivbild)
Stimmende verwerfen Teilabschaffung der Verrechnungssteuer knapp - Gallery
Ein kleines Trostpflaster für die SP: Sie hat mit ihrem erfolgreichen Referendum die Verrechnungssteuerreform gebodigt.
Die linke Kampagne zielte erneut gegen Grosskonzerne - und war erneut von Erfolg gekrönt. (Archivbild)
Unternehmen müssen auf Zinserträge auch künftig eine Verrechnungssteuer bezahlen. Die Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen bleibt. Mit gut 52 Prozent hat die Stimmbevölkerung erneut eine Steuerreform verworfen. Das ist ein kleines Trostpflaster für die Linke.
Das von der SP lancierte Referendum gegen die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer schaffte die Abstimmungshürde knapp. Gemäss den Endresultaten aus den Kantonen stimmte eine Mehrheit von 52,01 Prozent der Stimmbevölkerung gegen die Vorlage. In absoluten Zahlen waren 1'426'300 Stimmende dagegen und 1'316'000 dafür.
Zwölf Kantone befürworteten wie das Parlament und der Bundesrat die Steuerreform, 14 Kantone waren dagegen. Der Blick auf die Abstimmungskarte zeigt einen tiefen Röstigraben. Die Westschweiz lehnte die neuen Steuerregeln geschlossen ab. In der Deutschschweiz waren die meisten Kantone für die Reform. Die grösste Ablehnung gab es im Kanton Jura mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 64,0 Prozent. Nidwalden sagte mit 62,7 Prozent am deutlichsten Ja.
Gemäss den Erhebungen vor dem Abstimmungssonntag hatte sich ein knapper Entscheid abgezeichnet. Der Anteil der Unentschlossenen war lange Zeit sehr hoch. Die Schlussmobilisierung dürfte entscheidend gewesen sein.
Keine Steuererleichterungen
Das Nein ist eine Schlappe für die Bürgerlichen und ein Erfolg für die Linke. Gegen die vom Parlament beschlossene Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer hatte die SP das Referendum ergriffen. Mit der Unterstützung von Grünen, Gewerkschaften und EVP brachte sie die Vorlage nun zu Fall.
Das Ziel der Reform war es, den Schweizer Fremdkapitalmarkt zu stärken. Bundesrat und Parlament wollten ab 2023 neu herausgegebene Obligationen von der Verrechnungssteuer befreien. Zudem sollten Anteile von ausländischen Geldmarktfonds von der Stempelabgabe befreit werden. Geld, das viele Firmen heute im Ausland emittieren, sollte dadurch in die Schweiz fliessen.
Nun bleibt alles beim Alten. Das heisst: Inländische Zinsen auf Obligationen unterliegen weiterhin einer Verrechnungssteuer von 35 Prozent. Die privaten Anlegerinnen und Anleger sind zumeist zu einer vollständigen oder teilweisen Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf den Zinsen ihrer Sparkonti berechtigt.
Zweiter Coup innert Jahresfrist
Die Gegner der Steuervorlage schafften es nicht zum ersten Mal, auch Teile der bürgerlichen Bevölkerung zu überzeugen. Die Kampagne erinnerte teilweise an den Abstimmungskampf zur Teilabschaffung der Stempelsteuer im Februar dieses Jahres. Damals hatten sich fast 63 Prozent der Stimmenden gegen die Steuerreform gestellt.
Die Bürgerinnen und Bürger hätten nichts von der Teilabschaffung der Verrechnungssteuer, machte das Referendumskomitee geltend. Es warnte vor Steuerausfällen. Altersvorsorge, Klimawandel und der Verlust an Biodiversität seien grosse finanzpolitische Herausforderungen. Da bleibe es ein Rätsel, weshalb nun jene Steuerprivilegien erhalten sollten, die sie am wenigsten nötig hätten.
Die Abschaffung der Verrechnungssteuer sei zudem ein «Freipass zur Steuerkriminalität» auf Kosten der Allgemeinheit, so die Gegner. Es gebe keinen Grund für die Reform.
Wirtschaft verliert Zahlenstreit
Treiber der Vorlage waren die Wirtschaftsverbände – allen voran die Bankiervereinigung und der Dachverband Economiesuisse. SVP, FDP, Mitte und GLP unterstützten die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer.
Die Befürworter konnten letztlich nicht überzeugend darlegen, dass die Reform die Wirtschaft langfristig stärken sollte. Auf der anderen Seite konnten sie die erwarteten substanziellen Mindereinnahmen nicht negieren. Die Verwaltung gab an, dass die Teilabschaffung der Steuer kurzfristig zu einer Einbusse von einer Milliarde Franken und danach, langfristig, von jährlich rund 215 bis 275 Millionen Franken führen würde.
Die Befürworter der Reform befürchten nun, dass noch mehr Gelder ins Ausland abwandern. Die geltenden Regeln hätten Nachteile für den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Nächste Steuervorlage im Wahljahr
Das Nein zeigt, dass es der Wirtschaft schwerfällt, bei steuerpolitischen Vorlagen die Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen. Oft geht es um technische und komplexe Vorlagen, was meist den Gegnern in die Hände spielt.
In jüngerer Vergangenheit war neben der Stempelsteuer auch die Unternehmenssteuerreform III an der Urne gescheitert. Die Linke schaffte es auch damals, das fehlende Vertrauen der Bevölkerung in Grosskonzerne auszunutzen, wie Abstimmungsanalysen zeigten.
Im nächsten Jahr wird sich das Volk mit der OECD-Mindeststeuer wieder zu einer Steuervorlage äussern. «Mental ist die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ein Signal an die Wirtschaft, dass die Schweiz gute Rahmenbedingungen schafft», hatte Finanzminister Ueli Maurer im Abstimmungskampf zur Verrechnungssteuer gesagt. Dieses Signal ist nun ausgeblieben.