Erinnerungen an Syrien Streumunition-Einsatz zu russischem Kommandanten zurückverfolgt

lpe

14.5.2022

Ein zerstörtes Gebäude in Charkiw am 1. März, eine Woche nach dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine.  
Ein zerstörtes Gebäude in Charkiw am 1. März, eine Woche nach dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine.  
KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV

Aus Charkiw wurden in den ersten Kriegstagen Angriffe mit international geächteter Streumunition gemeldet. Laut Medienrecherchen trägt der Angriff die Handschrift eines russischer Kommandanten, der schon in Syrien skrupellos vorging.

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Sie kommt aus dem Nichts und hinterlässt ein Schlachtfeld, das sich über mehrere Fussballfelder hinweg erstreckt.

Streumunition dient nicht dem präzisen Angriff, sondern dem Ziel, möglichst viel Schaden auf einmal anzurichten. Es sind Raketen oder Bomben, die noch in der Luft zerbersten und dabei eine Vielzahl kleiner Sprengkörper von der Grösse einer Spraydose zersetzen.

Wegen ihres unberechenbaren Ausmasses ist Streumunition in vielen Ländern geächtet. Bislang haben 110 Staaten ein Übereinkommen gegen Streumunition ratifiziert – die Ukraine und Russland sind aber nicht darunter.

Im Krieg in der Ukraine soll Streumunition auch schon zum Einsatz gekommen sein, laut Schätzungen der UNO von Ende März mindestens zwei Dutzend Mal – zum Beispiel sollen zu Beginn des Kriegs während 48 Stunden mehrere sogenannte Smerch-Raketen auf Charkiw gefallen sein.

Recherchen von CNN sollen nun zeigen, wer hinter den Angriffen steckte. Durch Analysen von Satellitenbildern und Untersuchungen vor Ort konnte der amerikanische Nachrichtensender 11 Bomben zu einer russischen Brigade in der Belgorod-Region zurückverfolgen. Diese stehe unter direkter Kontrolle von Alexander Schuravljow, dem Kommandant des westlichen Distrikts des russischen Militärs.

Die Attacken sollen von Schuravljow genehmigt worden sein, denn Angriffe mit Smerch-Raketen sei laut Einschätzungen von Militärexperten nur mit Zustimmung des Kommandanten möglich gewesen, schreibt CNN. Er sei zudem der einzige in der Region, der über den Einsatz von Streumunition entscheiden dürfe.

Schuravljow ist kein unbekannter Name.  Er war für eines der brutalsten Kapitel des Syrischen Bürgerkriegs mitverantwortlich, wie CNN schreibt. Unter seinem Kommando wurde der von syrischen Rebellen verteidigten Osten Aleppos eingenommen, und zwar mit einer Taktik, die die russische Kriegsführung in Syrien nachhaltig prägen würde: belagern, aushungern, bombardieren und bis zur Unterwerfung zermürben.

Dramatischer Anstieg von Streumunition-Attacken

Unter Schuravljow stieg auch der Einsatz von Streubomben massiv an, wie ein Bericht des Violation Documentation Center zeigt, das Menschenrechtsverletzungen in Syrien dokumentiert. Innerhalb eines Monats seien 137 Streumunitionen eingesetzt worden, was einer Verachtfachung solcher Attacken im Vergleich mit den vorangegangenen acht Monate entspreche. 

Schuravljow sagte laut CNN später in einem Interview, Syrien habe ihm den Wert «militärischen Einfallsreichtums» beigebracht. Die dort gelernten Lektionen würden als «organischer Bestandteil» der gesamten russischen Militärausbildung integriert.

Für seinen Einsatz in Syrien erhielt Schuravljow die höchste russische Auszeichnung: den Held der Russischen Föderation.