Assad schickt seine Söldner Syrische Kämpfer zu Einsatz in der Ukraine bereit

Bassem Mroue, AP/tpfi

20.4.2022

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu (links) und der syrische Präsident Baschar Assad in Damaskus in Syrien. Beobachtern zufolge könnte Russland im nächsten Kapitel des Krieges in der Ukraine eine grössere Anzahl kampferprobter Kämpfer aus Syrien einfliegen lassen. 
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu (links) und der syrische Präsident Baschar Assad in Damaskus in Syrien. Beobachtern zufolge könnte Russland im nächsten Kapitel des Krieges in der Ukraine eine grössere Anzahl kampferprobter Kämpfer aus Syrien einfliegen lassen. 
Bild: Uncredited/Russian Defense Ministry Press Service/dpa

In der Allianz zwischen der syrischen Regierung und Russland im Bürgerkrieg in Syrien haben Russen viele syrische Kämpfer trainiert und ausgebildet. Werden sie in den Krieg in der Ukraine eingreifen?

Bassem Mroue, AP/tpfi

20.4.2022

Während eines Besuchs in Syrien im Jahr 2017 lobte der russische Präsident Wladimir Putin überschwänglich einen syrischen General. Dessen Division hatte bei der Niederlage der Aufständischen in dem langjährigen Bürgerkrieg des Landes eine entscheidende Rolle gespielt. Putin sagte ihm, seine Zusammenarbeit mit russischen Truppen «wird zu großen Erfolgen in der Zukunft führen».

Heute befinden sich Mitglieder der Division von Brigadegeneral Suheil al-Hassan unter Hunderten von Russland ausgebildeten syrischen Kämpfern, die sich Berichten zufolge verpflichtet haben, an der Seite der Russen in der Ukraine zu kämpfen. Unter ihnen sollen syrische Soldaten, frühere Rebellen und erfahrene Kämpfer sein, die gegen die Terrorgruppe IS in der syrischen Wüste kämpften.

Verluste mit syrischen Kämpfern ausgleichen

Bislang scheint nur eine kleine Zahl in Russland eingetroffen zu sein, um dort für den Einsatz an der Front vorbereitet zu werden. Wenngleich sich Vertreter des Kremls früh im Krieg damit brüsteten, mehr als 16'000 Bewerbungen aus dem Nahen Osten erhalten zu haben, sagen Vertreter der USA und Aktivisten, die die Lage in Syrien beobachten, dass bislang keine nennenswerte Zahl von Kämpfern aus der Region im Krieg in der Ukraine kämpft.

Analysten erklären, dies könne sich ändern, während Russland die nächste Phase des Kampfs angeht, mit einer umfassenden Offensive in der Ostukraine. Sie glauben, dass in den kommenden Wochen eher Kämpfer aus Syrien eingesetzt werden dürften. Insbesondere, nachdem Putin General Alexander Dwornikow die Leitung des Kriegseinsatzes in der Ukraine übertragen hat, der schon in Syrien die russischen Truppen befehligt hat, die gemeinsam mit der Armee von Präsident Baschar al-Assad ganze Städte mit zermürbenden Belagerungen, unaufhörlichem Artilleriebeschuss und krude gefertigten Fassbomben dem Erdboden gleichmachten.

Wladimir Putin (links)  und der syrische Präsident Baschar-al-Assad bei einem Treffen in einem Kommandostand des russischen Militärs im Januar 2020.
Wladimir Putin (links)  und der syrische Präsident Baschar-al-Assad bei einem Treffen in einem Kommandostand des russischen Militärs im Januar 2020.
Archivbild: EPA

Syrische Kämpfer könnten etwa ins Land gebracht werden, wenn mehr Kräfte benötigt werden, um Städte zu belagern, oder um Verluste auszugleichen. Russland bereite sich auf einen grösseren Kampf in der Ukraine vor und es sei wahrscheinlich, dass syrische Kämpfer daran teilnähmen, sagte Ahmad Hamada, ein Überläufer der syrischen Armee, der nun als Militäranalyst in der Türkei arbeitet.

40'000 Syrer registriert

Syrien-Beobachter und Aktivisten sagen, die Russen hätten aktiv für den Krieg in der Ukraine in Syrien rekrutiert, insbesondere unter von Russland ausgebildeten Kämpfern.

Rami Abdurrahman, Gründer der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien, berichtete, bislang hätten sich etwa 40'000 Menschen registriert – 22'000 beim russischen Militär und etwa 18'000 bei der russischen Gruppe Wagner. Etwa 700 Mitglieder von Al-Hassans Division, die in Syrien als «Tiger-Truppe» bekannt ist, haben Syrien nach seinen Angaben in den vergangenen Wochen verlassen, um an der Seite der russischen Streitkräfte zu kämpfen. Die Zahlen konnten nicht unabhängig bestätigt werden.

Regierungsnahe Aktivisten veröffentlichten in den vergangenen zwei Wochen Videos, die Mitglieder der Division bei militärischen Übungen zeigten, einschliesslich Fallschirmsprüngen aus Hubschraubern. In einem der Videos tauchten russische Offiziere auf, die Fallschirmspringern in einem Hubschrauber Anweisungen gaben, während Al-Hassan die Köpfe der jungen Männer tätschelte. Es war zunächst unklar, ob es sich um neue Videos handelte.

Russen suchen erfahrene Kämpfer

Abdurrahman sagte, es gebe auch Freiwillige aus der von Russland ausgebildeten 5. Division, von den Baath-Brigaden – dem bewaffneten Flügel von Assads Baath-Partei – und der palästinensischen Kuds-Brigade, die sich aus palästinensischen Flüchtlingen in Syrien rekrutiert. Sie alle haben an der Seite des russischen Militärs in Syrien gekämpft. Die Russen suchten nach erfahrenen Kämpfern, sie wollten niemanden, der nicht von den Russen trainiert worden sei, sagte Abdurrahman.

Al-Hassan sei «einer von Russlands Männern und Russland wird sich auf ihn verlassen», sagte Omar Abu Layla, Aktivist einer Beobachtergruppe des Kriegs in Syrien.

Der Tiger-Truppe werden einige der grössten Siege der Regierung im elfjährigen syrischen Bürgerkrieg zugeschrieben. Sie war beteiligt an der monatelangen, von Russland unterstützten Kampagne in der letzten Enklave der Rebellen in der Provinz Idlib. Diese endete im März 2020 damit, dass Regierungstruppen eine wichtige Nord-Süd-Autobahn einnahmen, wenngleich Rebellen die Kontrolle über die Enklave behielten.

«ISIS-Jäger» für 600 Dollar in die Ukraine

Ende März veröffentlichte eine von Russland ausgebildete, unter dem Namen «ISIS-Jäger» bekannte Miliz, die jahrelang gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpfte, eine Werbung, in der Männer zwischen 23 und 49 Jahren aufgerufen wurden, sich mustern zu lassen. Die, die den Test bestünden, würden später benachrichtigt, hiess es. Bislang hätten etwa 100 Männer sich namentlich in der südlichen Provinz Sweida registriert, sagte ein Aktivist der Gruppe Suwayda24, die über IS-Aktivitäten in der syrischen Wüste berichtet. Er sagte, ihnen sei ein monatliches Einkommen von nicht weniger als 600 Dollar versprochen worden – eine beachtliche Summe angesichts verbreiteter Arbeitslosigkeit und der schwächelnden Landeswährung.

Im April hatte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, gesagt, die USA hätten Hinweise darauf, dass die russische Gruppe Wagner versuche, Kämpfer zu rekrutieren, um sie im Donbass im Osten der Ukraine einzusetzen. Demnach konzentrierten sich die Rekrutierungsversuche vorrangig auf den Nahen Osten. Kirby sagte, es gebe «keine spezifischen Informationen» über die Zahl der Rekrutierungen.

Vertreter Syriens wiegeln ab

General Frank McKenzie, Chef des US-Zentralkommandos, sagte einem Senatskomitee Anfang März, bislang versuchten nur «sehr kleine Gruppen» von Syrien in die Ukraine zu gelangen. Der pensionierte libanesische General Nadschi Malaeb, der den Krieg in Syrien genau beobachtet, sagte, es gebe keine Hinweise auf syrische Kämpfer, die nach Russland reisten, doch das könne sich ändern, wenn der Krieg andauere. «Dies alles hängt davon ab, was die Russen in naher Zukunft vorhaben», sagte er.

Vertreter Syriens und der Palästinenser haben Berichte über Kämpfer heruntergespielt, die in die Ukraine wollen. Die syrische Regierung ist in dieser Hinsicht mutmasslich vorsichtig: Syrische Kämpfer, die in Scharen in die Ukraine strömen, könnten Möglichkeiten an den Frontlinien in Syrien eröffnen, die von den vielen Gegnern ausgenutzt werden könnten. Insbesondere da Russland seine Aktivitäten in Syrien seit dem Beginn der Invasion in die Ukraine zurückzuschrauben scheint.