Übersicht Afghanistan Lage in Kabul weiterhin kritisch +++ Sorge vor IS-Anschlägen wächst

aka/SDA/red.

22.8.2021

Die US-Regierung hat Medienberichte über die Gefahr eines Anschlags der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am Flughafen Kabul oder in der Umgebung bestätigt. Unterdessen kontrollieren die Taliban laut Augenzeugen den Zugang zum Flughafen Kabul. Alles Wichtige im Ticker.

aka/SDA/red.

Rund eine Woche nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan scheint es am Flughafen von Kabul etwas ruhiger zuzugehen. Doch im Land droht eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage. Auch die Sorge vor möglichen Terroranschlägen nimmt zu.

Trotz einiger Zeichen der Entspannung am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul harren dort weiterhin Tausende verzweifelte Menschen bei grosser Hitze und teils chaotischem Gedränge aus. Sieben Zivilisten kamen in dem Tumult ums Leben, wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte. Berichten zufolge gingen auch mehrere Kinder verloren. Zugleich warnte die US-Regierung vor der Gefahr von Terroranschlägen am Airport. Wegen der massiv gestiegenen Zahl an Binnenflüchtlingen – nach UN-Angaben 300’000 allein in den vergangenen zwei Monaten – droht sich die humanitäre Lage in dem vom Krieg gebeutelten Land deutlich zu verschärfen.

Die Gefahr eines Anschlags der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am Flughafen Kabul oder in der Umgebung sei «real, akut und anhaltend», sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Sonntag im Sender CNN. Entsprechende Warnungen nehme man «absolut todernst». Die militant-islamistischen Taliban und der regional aktive Zweig des IS sind verfeindet.

USA lassen 25’000 Menschen aus Kabul ausfliegen

Die USA und ihre Verbündeten versuchen derzeit, so viele ihrer Staatsbürger sowie afghanische Ortskräfte wie möglich aus dem Land auszufliegen. Viele schaffen es jedoch derzeit gar nicht, den Flughafen zu erreichen. Manche werden an Checkpoints der Taliban zurückgewiesen. Ein grosses Hindernis stellte dann das Gedränge vor den Toren des Flughafens dar. Nach Angaben aus US-Regierungskreisen haben US-Streitkräfte und ihre Koalitionspartner seit Beginn der US-Evakuierungsmission vor gut einer Woche mehr als 25’000 Menschen aus Kabul ausgeflogen.

Die G7-Staaten wollen am Dienstag auf einem Sondergipfel ihr Vorgehen in Afghanistan abstimmen, unter anderem bei den Evakuierungen. Für weitere Rettungsflüge bleibt absehbar nur noch eine gute Woche Zeit. Die USA wollen eigentlich zum 31. August den Abzug ihrer Truppen abschliessen. Eine Fortführung des Evakuierungseinsatzes ohne die USA gilt als ausgeschlossen. Die britische Regierung, aber auch deutsche Politiker, setzten sich am Sonntag für eine Verlängerung der Rettungsmission ein.

Frau bringt ihr Baby an Bord einer Evakuierungsmaschine zur Welt

Die USA aktivierten in einem seltenen Schritt dabei bereits die zivile Luftreserve und verpflichteten kommerzielle Fluggesellschaften zur Unterstützung. Dabei sollen 18 Flugzeuge von sechs US-Airlines helfen, Menschen von Zwischenstationen ans Ziel zu bringen, teilte das Pentagon mit. Kabul direkt anfliegen sollen sie nicht.

Auch der britische Evakuierungseinsatz nahm an Fahrt auf. Innerhalb von 24 Stunden wurden mehr als 1700 Menschen in acht Militärmaschinen ausgeflogen, wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte. Die Niederlande verstärkten ihren Rettungseinsatz und schickten am Sonntag weitere Soldaten nach Kabul. Sie sollen helfen, Flugzeuge, Evakuierte und das konsularische Notfallteam zu schützen. Am US-Luftwaffenstützpunkt im pfälzischen Ramstein brachte eine Afghanin an Bord einer Evakuierungsmaschine unterdessen ein Baby zur Welt, nachdem während des Fluges ihre Wehen eingesetzt hatten.


Die Ereignisse des Tages im Überblick

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Flughafen von Kabul sollen weiterhin Tausende Menschen auf eine Fluchtmöglichkeit warten. Sieben afghanische Zivilisten sind im Chaos nahe des Flughafens ums Leben gekommen.
  • Die Taliban kontrollieren laut Augenzeugen den Zugang zum Flughafen Kabul.
  • Mit den rund 35 Schweizer Staatsangehörigen, die sich noch in Afghanistan befinden, stünde die Schweizer Botschaft in Kontakt.
  • Ein UN-Programm warnt vor einer «humanitären Katastrophe» in Afghanistan.
  • Aussenminister Ignazio Cassis soll eine Afghanistan-Konferenz in Schweiz planen.
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  • 21.50 Uhr

    Wir beenden den Live-Ticker am Sonntag

  • 21.37 Uhr

    Islamische Staaten fordern Aussöhnung in Afghanistan

    Der weltweit grösste Zusammenschluss islamischer Staaten hat zur Aussöhnung aller verfeindeten Parteien in Afghanistan aufgerufen. Nur durch einen Verzicht auf Gewalt, Zusammenarbeit, gegenseitigen Respekt und die Befolgung «toleranter islamischer Prinzipien» sei Frieden möglich, hiess es in einer Stellungnahme der Organisation für Islamische Zusammenarbeit nach einer außerordentlichen Sitzung am Sonntag in Saudi-Arabien.

    Die 57 Mitgliedsstaaten forderten auch, dass Afghanistan nie wieder ein Zufluchtsort für Terroristen werden dürfe. Die künftige Führung des Landes und die internationale Gemeinschaft müssten sicherstellen, dass Terroristen dort nie wieder Fuss fassen könnten, hiess es in der Erklärung. Die USA waren 2001 in Afghanistan einmarschiert und hatten die damalige Taliban-Regierung gestürzt, die der Terrororganisation Al-Kaida Zuflucht gewährt hatte.

  • 21.07 Uhr

    Erdogan: Türkei wird keine afghanischen Ortskräfte der EU-Länder aufnehmen

    Die Türkei wird nach den Worten von Präsident Recep Tayyip Erdogan keine vor den Taliban geflohenen afghanischen Ortskräfte der EU-Länder aufnehmen. «Wir haben eine Anfrage erhalten, Ortskräfte einer EU-Mission in Afghanistan aufzunehmen», sagte Erdogan nach Angaben seiner Regierung am Sonntag in einem Telefonat mit EU-Ratspräsident Charles Michel. Die EU könne aber nicht von der Türkei erwarten, «die Verantwortung von Drittstaaten zu übernehmen».

    Erdogan kritisierte, die Mitgliedsländer der EU öffneten ihre Türen «nur für einen kleinen Teil der Menschen, die für sie gearbeitet haben und die in Schwierigkeiten sind». Die Türkei habe bereits rund fünf Millionen Flüchtlinge aufgenommen und könne keine «zusätzliche Last» mehr tragen. Ähnlich hatte Erdogan sich bereits am Samstag in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geäussert.

    Michel schrieb nach dem Telefonat mit Erdogan auf Twitter, er habe mit dem türkischen Präsidenten über die Lage in Afghanistan gesprochen. Die Krise in Afghanistan sei eine «gemeinsame Herausforderung für die Türkei und die EU».

  • 20.46 Uhr

    Deutschland: Afghanistan-Untersuchungsausschuss wird wahrscheinlicher

    Die deutsche Bundesregierung hat Fehleinschätzungen vor der Machtübernahme der Taliban bereits eingestanden. Das reicht vielen aber nicht. Nach der Bundestagswahl könnte es zu einer grossangelegten Aufarbeitung kommen.

    Ein Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestags wird immer wahrscheinlicher.

    Grüne, FDP und Linke sprachen sich am Wochenende klar für die Einsetzung eines solchen Gremiums zur Aufarbeitung der Fehleinschätzungen der Bundesregierung vor der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban aus – aber erst nach der Bundestagswahl am 26. September. Nach der jetzigen Sitzverteilung im Bundestag würden die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen dafür reichen. Nur 25 Prozent der Abgeordneten müssen zustimmen.

    «Wir müssen das aufarbeiten», sagte die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Der Ausschuss müsse kommen, unabhängig davon, wer die nächste Bundesregierung anführe. «Das, was an Desaster passiert ist, das können wir nicht einfach verschweigen», betonte die Grünen-Chefin. Es gehe darum, aus Fehlern zu lernen.

  • 19.58 Uhr

    Taliban schicken «hunderte Kämpfer» ins Pandschirtal

    Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan wollen die radikalislamischen Taliban nun auch das als Widerstandshochburg bekannte Pandschirtal in ihre Gewalt bringen. «Hunderte Kämpfer» seien auf dem Weg in die Provinz Pandschir, «um sie unter Kontrolle zu bringen, nachdem örtliche Regierungsvertreter sich geweigert haben, sie friedlich zu übergeben», schrieben die Taliban am Sonntag auf Twitter.

    Das Pandschirtal ist eine der wenigen Regionen in Afghanistan, die sich nach dem Eroberungsfeldzug der Taliban noch der Kontrolle der Islamisten entziehen. Das Tal gilt als Hochburg des Widerstandes, weil es weder von sowjetischen Soldaten noch von den Taliban eingenommen worden war.

    Ahmed Massud, der Sohn eines berühmten Taliban-Gegners und Kriegsherrn, versucht derzeit, dort eine Widerstandsgruppe aufzubauen. Ihr sollen auch ehemalige Angehörige der afghanischen Streitkräfte angehören, die wegen des Vormarschs der Taliban nach Pandschir geflohen waren.

  • 19.18 Uhr

    Aussenminister: Italien will 2500 Afghanen evakuieren

    Italien will bei seiner Evakuierung früherer afghanischer Mitarbeiter und ihrer Familien insgesamt ungefähr 2500 Afghanen aus Kabul ausfliegen. Das sagte Aussenminister Luigi Di Maio am Sonntag beim sogenannten Meeting di Rimini. Bei diesem Treffen mit katholischem Hintergrund sprechen Politiker, Geistliche, Verbände und Organisationen zu verschiedensten Themen. 1600 Menschen seien bereits über die Luftbrücke des italienischen Militärs aus Afghanistan geholt worden, erklärte der per Video zugeschaltete Di Maio weiter.

    Italien und die internationale Gemeinschaft müssen nach Meinung Di Maios ausserdem verhindern, dass Afghanistan zu einem «Paradies für den Terrorismus» wird. Es sei zudem wichtig, gegen den Drogenhandel und die Produktion von Opium dort vorzugehen.

  • 18.32 Uhr

    Russischer Botschafter: Taliban zu Dialog mit Gegnern bereit

    Die Taliban sind nach Angaben des russischen Botschafters in Kabul zur Verhandlung mit ihren Gegnern in der letzten noch nicht eroberten afghanischen Provinz Pandschir bereit. Botschafter Dmitri Schirnow sagte im russischen Staatsfernsehen, die Taliban hätten ihn gebeten, den Anführern und den Menschen im Pandschir-Tal eine Botschaft zu überbringen. Die Taliban hofften, «eine friedliche Lösung für die Situation zu finden, zum Beispiel durch eine politische Vereinbarung. Die Taliban wollen kein Blutvergiessen und sind zum Dialog bereit.»

    Die Provinz Pandschir konnte von den Taliban auch während ihrer ersten Herrschaft zwischen 1996 und 2001 nicht erobert werden. Das lag neben dem erbitterten Widerstand der Nordallianz auch an der geografischen Lage – der Eingang zum Tal ist eng und gut zu verteidigen. Während die Islamisten in den vergangenen Monaten alle anderen Provinzen unter ihre Kontrolle brachten, gab es nur vereinzelte Angriffe auf Pandschir.

  • 18.19 Uhr

    Deutsche Bundeswehr fliegt weitere Menschen aus Kabul aus

    Die Evakuierungsaktion der Bundeswehr in Kabul geht weiter. Am Sonntag hoben zwei Transportmaschinen mit knapp 300 Menschen Richtung Taschkent ab.

    Eine Maschine des Typs A400M sei mit 180 Menschen an Bord auf dem Weg in die usbekische Hauptstadt Taschkent, schrieb die Bundeswehr am Sonntagnachmittag bei Twitter. Sie hob demnach um 14.33 Uhr deutscher Zeit in Kabul ab.

    Damit hat die Bundeswehr eigenen Angaben zufolge nun mehr als 2500 Menschen aus dem Konfliktgebiet gebracht. In einem weiteren Tweet hiess es, dass der nächste Flieger bereits auf dem Weg in Richtung Kabul sei, um weitere Menschen aus Afghanistan zu fliegen.

    Am Vormittag deutcher Zeit hatte die Bundeswehr bereits 196 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen. Das teilte das Einsatzführungskommando via Twitter mit.

    Geflüchtete verlassen in Tasckent einen Airbus A400M der deutschen Bundeswehr.
    Geflüchtete verlassen in Tasckent einen Airbus A400M der deutschen Bundeswehr.
    Bild: dpa
  • 17.41 Uhr

    Britische Evakuierung aus Kabul läuft besser

    Der britische Evakuierungseinsatz in Kabul hat nach Angaben der britischen Regierung Fahrt aufgenommen. In den vergangenen 24 Stunden seien 1721 Menschen in acht Maschinen der Royal Air Force ausgeflogen worden, teilte ein Staatssekretär des Verteidigungsministeriums am Sonntag mit. Anders als am Vortag gelinge es nun besser, geordnete Schlangen zu bilden, die Wartenden auf den Flughafen zu bringen und die Flüge zu koordinieren. Das liege auch daran, dass die Taliban dies nicht blockierten.

    Die Regierung rief daher am Sonntag berechtigte britische Staatsbürger und Ortskräfte wieder auf, zum Flughafen zu kommen. Die Lage könne sich zwar wieder ändern, aber wenn sie bleibe wie aktuell, könne man eine grosse Anzahl an Menschen ausfliegen. Insgesamt habe man bislang mehr als 5000 Menschen ausgeflogen, sagte der britische Botschafter in Kabul, Laurie Bristow, am Sonntagabend in einem Twitter-Video. Es gebe aber weiterhin extrem viel zu tun.

  • 17.17 Uhr

    Gegner erobern drei Bezirke - Taliban mobilisieren Spezialkräfte

    Nördlich von Kabul könnte sich ein Gefecht zwischen den Taliban und ihren letzten verbliebenen Gegnern anbahnen. Die Taliban veröffentlichten am Sonntag Videos, in denen zu sehen war, wie sich Kämpfer, darunter auch Spezialeinheiten, auf den Weg in das Gebiet um das Andarab-Tal machten. In der Gegend im Hindukusch-Gebirge hatten Gegner der Taliban unter dem Banner eines «Volksaufstands» zuletzt drei Bezirke unter ihre Kontrolle gebracht. Das Andarab-Tal liegt nahe der Provinz Pandschir, die als einzige nicht in der Hand der Taliban ist.

    Mehrere Taliban-Gegner warfen den Islamisten vor, im Andarab-Tal die Kinder jener entführt zu haben, die sich gegen sie stellten. Der frühere Geheimdienstchef in der Provinz Balch, Chair Mohammed Chairchwa, und drei andere Quellen sagten der Nachrichtenagentur AP, dass die Taliban die Häuser ihrer Gegner niedergebrannt und deren Kinder verschleppt hätten.

    Im Pandschir-Tal haben sich einige Mitglieder der früheren Regierung zusammengefunden, unter ihnen Vizepräsident Amrullah Saleh, der sich nach der Flucht von Präsident Aschraf Ghani zum rechtmässigen Staatsoberhaupt erklärte. Der russische Botschafter in Kabul, Dmitri Schirnow, hatte am Samstag gesagt, sein Land sei von den Taliban gebeten worden, mit den Kämpfern in Pandschir zu verhandeln. Die militanten Islamisten wollten dort kein Blutvergiessen.

  • 16.07 Uhr

    US-Regierung: Gefahr eines IS-Anschlag am Flughafen Kabul ist «akut»

    Die US-Regierung hat Medienberichte über die Gefahr eines Anschlags der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am Flughafen Kabul oder in der Umgebung bestätigt. «Die Bedrohung ist real, sie ist akut, sie ist anhaltend», sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Sonntag im Sender CNN. «Wir arbeiten intensiv mit unseren Geheimdiensten zusammen, um herauszufinden, woher ein Angriff kommen könnte.» Man nehme die Warnungen «absolut todernst». Die Taliban und der regional aktive Zweig des IS sind verfeindet und haben in der Vergangenheit gegeneinander gekämpft.

  • 15.45 Uhr

    Schweizer Evakuierungsflug nach Taschkent steht weiter aus

    Der geplante Flug der Swiss nach Taschkent zur Rückführung von Schweizer Staatsangehörigen, die aus Afghanistan evakuiert worden waren, steht weiter aus. Die Situation rund um den Flughafen in der Hauptstadt Kabul sei nach wie vor schwierig, teilte das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntag mit.

    Der Flug war eigentlich für Samstag geplant, musste aber kurzfristig verschoben werden. Das EDA arbeite weiterhin «mit Hochdruck an verschiedenen Evakuierungs-Optionen», hiess es. Insgesamt warten rund 230 Personen, Entwicklungshelfer des Bundes und deren Angehörige, auf eine Rückführung.

    «Es gelingt immer wieder, einzelne Menschen aus Kabul zu evakuieren. Um die laufenden Bemühungen vor Ort nicht zu gefährden, macht das EDA zum jetzigen Zeitpunkt keine genaueren Angaben», hiess es weiter. Insgesamt warten rund 230 Personen, Entwicklungshelfer des Bundes und deren Angehörige, auf eine Rückführung.

  • 15.25 Uhr

    Virtueller G7-Gipfel zu Afghanistan am Dienstag

    Die Staats- und Regierungschefs der Gruppe der sieben wichtigen Industriestaaten (G7) werden am Dienstag auf einem virtuellen Krisengipfel über die Lage in Afghanistan beraten. Dies teilte der britische Premierminister Boris Johnson am Sonntag auf Twitter mit. Es sei von «entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft zusammenarbeitet, um sichere Evakuierungen zu gewährleisten, eine humanitäre Krise zu verhindern und dem afghanischen Volk zu helfen, die  Fortschritte der letzten 20 Jahre zu schützen».

    «Ich werde die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten am Dienstag zu dringenden Gesprächen über die Lage in Afghanistan zusammenrufen», schrieb Johnson, der derzeit den G7-Vorsitz innehat. Bereits am Donnerstag hatte ein Treffen der G7-Aussenminister stattgefunden. Dabei forderten die Minister die radikalislamischen Taliban auf, die «Sicherheit» von Ausländern und Afghanen, die Afghanistan verlassen wollen, zu gewährleisten.

  • 14.59 Uhr

    Mehr als halbe Million Binnenflüchtlinge seit Jahresbeginn

    In Afghanistan ist die Zahl der Binnenflüchtlinge massiv gestiegen. Zwischen Jahresbeginn und Anfang August sind mehr als 550’000 Menschen in dem Krisenland wegen Gefechten aus ihren Städten und Dörfern geflohen. Das geht aus Daten der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervor. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum rund 165’000 Binnenflüchtlinge gewesen.

    Vor allem seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen Anfang Mai und dem gleichzeitigen Start mehrerer Offensiven der militant-islamistischen Taliban war die Zahl der intern Vertriebenen hochgeschnellt. Erst übernahmen die Islamisten Bezirke in ländlichen Gebieten, die Menschen flohen in die Provinzhauptstädte. Als sich die Kämpfe in diese verlegten, flüchteten viele in die Hauptstadt Kabul. Der Grossteil der Binnenflüchtlinge kam den UN-Daten zufolge aus Provinzen im Nordosten.

    Zusätzlich zu den in diesem Jahr neu geflüchteten Menschen gelten in Afghanistan fünf Millionen Menschen als Langzeitvertriebene.

  • 14.29 Uhr

    US-Regierung verpflichtet Airlines zur Unterstützung bei Evakuierung

    Die US-Regierung aktiviert in einem seltenen Schritt die zivile Luftreserve und verpflichtet kommerzielle Fluggesellschaften zur Unterstützung der Evakuierungsmission in Afghanistan. Betroffen von der Anordnung seien insgesamt 18 Flugzeuge von 6 US-Airlines, teilte das Pentagon am Samstag mit. Diese Maschinen sollten nicht den Flughafen in Kabul ansteuern, sondern für den Weitertransport von Evakuierten aus Zwischenstationen eingesetzt werden. Damit würden Kapazitäten von Militärflugzeugen entlastet, die für die Luftbrücke von und nach Kabul genutzt werden könnten.

    Die USA fliegen schutzsuchende Afghanen zunächst in andere Länder aus, bevor sie weiter in die Vereinigten Staaten reisen können. Zu den Transitländern gehören beispielsweise Deutschland und Katar. Das Pentagon teilte am Samstag mit, US-Verteidigungsminister Lloyd Austin «schätzt die Unterstützung unserer Industriepartner bei dieser wichtigen Aufgabe sehr». Die 18 für den Einsatz vorgesehenen Flugzeuge stammten aus den Flotten von American Airlines, Atlas Air, Delta Air Lines, Omni Air, Hawaiian Airlines und United Airlines.

  • 13.41 Uhr

    Deutsche Bundeswehr fliegt weitere 196 Menschen aus

    Die deutsche Bundeswehr hat weitere 196 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen. Eine Transportmaschine A400M sei am Sonntag um 11.19 Uhr (MESZ) vom Flughafen der Haupstadt Kabul in Richtung Usbekistan gestartet, teilte das Einsatzführungskommando via Twitter mit.

    «Die Lage dort ist nach wie vor sehr schwierig. Es wird alles getan, so viele Schutzbedürftige wie möglich pro Flug nach Taschkent auszufliegen.» Insgesamt dürfte die Bundeswehr nach eigenen Zahlen nun mehr als 2300 Menschen evakuiert haben.

  • 11.57 Uhr

    Schweiz investierte eine halbe Milliarde in Afghanistan

    Afghanistan war zuletzt ein Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungshilfe. Die Ausgaben des Bundes in dem zentralasiatischen Binnenstaat beliefen sich in den letzten zwanzig Jahren auf rund 500 Millionen Franken, wie die Zeitungen «SonntagsBlick» und «SonntagsZeitung» mit Verweis auf Angaben des Aussendepartements berichteten. Zuletzt waren es jährlich über 30 Millionen Franken.

    Von den Geldern profitierten Kleinbauern, Kinder, Künstler oder die afghanische Menschenrechtskommission. Nach dem Fall des Taliban-Regimes eröffnete die Schweiz 2002 ein Kooperationsbüro in Afghanistan, um die notleidende Bevölkerung zu unterstützen.

    Am Anfang stand vor allem die humanitäre Hilfe im Vordergrund, etwa in Form von medizinischer Hilfe oder der Bekämpfung von Hunger aufgrund von Dürren. Später ging es vermehrt darum, Wiederaufbauhilfe zu leisten, in Bildung zu investieren oder landwirtschaftliche Projekte zu unterstützen.

  • 11.32 Uhr

    In Afghanistan geht das Bargeld aus

    Nach der Machtübernahme der  Taliban geht den Menschen zunehmend das Bargeld aus. Einwohner Kabuls berichteten der Deutschen Presse-Agentur, die Geldautomaten in der Stadt seien praktisch leer. Banken und auch der Geldwechslermarkt seien seit einer Woche geschlossen. «Alle in der Stadt beschweren sich mittlerweile, dass sie kein Geld abheben können», sagte ein Bewohner.

    Ein Mann sagte dem lokalen TV-Sender ToloNews, seine Bank habe zudem eine Obergrenze für Abhebungen eingeführt. Wenn denn ein Geldautomat doch noch befüllt sei, könne man nur 10'000 Afghani (rund 100 Euro) abheben. Viele drücke die Sorge, dass sie angesichts der aktuellen Krise überhaupt nicht mehr an ihr Geld kommen.

    Auf der Facebook-Seite des Finanzministeriums hiess es in der Nacht zu Sonntag, die Zentralbank, private Banken und andere Finanzinstutionen nähmen bald wieder ihren Betrieb auf. Gleichzeitig wurde das «technische Personal» des Ministeriums aufgerufen, zur Arbeit zurückzukehren.

    Andere Ministeriumsmitarbeiter sollten eine Entscheidung der Finanzkommission der Taliban abwarten. Es hiess zudem, alle zivilen Staatsangestellten würden ab dem Beginn der «neuen islamischen Regierung» wieder wie früher bezahlt werden.

  • 10.19 Uhr

    Berichte: Mehrere Kinder am Flughafen Kabul vermisst 

    Im Gedränge der Tausenden Menschen am Flughafen Kabul in Afghanistan sind nach Berichten örtlicher Medien mehrere Kinder verloren gegangen. So kümmert sich einer Reportage des Fernsehsenders Ariana News zufolge eine Familie aus der Hauptstadt seit einer Woche um ein Kind im Grundschulalter, das es am Flughafen im Stacheldraht festhängend gefunden hatte. Bis heute seien die Eltern trotz vieler Bemühungen nicht auffindbar, sagte die Familie.

    Diese Kinder und ihre Familien hatten Glück: Sie wurden aus Kabul evakuiert und warten auf einen Bus in Washington.
    Diese Kinder und ihre Familien hatten Glück: Sie wurden aus Kabul evakuiert und warten auf einen Bus in Washington.
    AP

    Der etwa sechs Jahre alte Junge habe gesagt, er sei mit den Eltern zum Flughafen gefahren, um das Land zu verlassen. Sein Vater sei vorgegangen, dann sei er selbst aber hingefallen. Kurz darauf habe er beide Elternteile nicht mehr sehen können. Auch lokale Journalisten berichteten in sozialen Medien, dass Menschen Fotos von vermissten Kindern am Flughafen anbringen.

  • 9.31 Uhr

    Sieben Tote bei Chaos nahe dem Flughafen von Kabul

    In Kabul sind im Gedränge rund um den Flughafen nach Angaben der britischen Regierung sieben Menschen ums Leben gekommen.

    «Unsere Gedanken sind bei den Familien von sieben afghanischen Zivilisten, die tragischerweise in der Menge in Kabul gestorben sind», hiess es am Sonntag in einem Statement des Verteidigungsministeriums.

    Zuvor hatte bereits ein Korrespondent des britischen Senders Sky News von chaotischen Szenen vor den Toren des Flughafens berichtet, bei denen Menschen am Samstag «gequetscht» worden seien. Viele seien dehydriert und verzweifelt gewesen. Seinem Bericht zufolge konnten Sanitäter bei mehreren Menschen keine Lebenszeichen mehr feststellen, woraufhin diese in weisse Tücher gehüllt wurden.

    Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan versuchen täglich zahlreiche Afghanen und ausländische Staatsbürger, sich Zutritt zum Flughafen der Hauptstadt zu verschaffen, um mit einem der Evakuierungsflüge dem Land zu entkommen. Die deutsche und die amerikanische Botschaft in Kabul rieten ihren Staatsbürgern am Samstag von Versuchen ab, den Flughafen zu erreichen.

  • 9.27 Uhr

    Cassis soll Afghanistan-Konferenz in Schweiz planen

    Aussenminister Ignazio Cassis strebt offenbar eine Afghanistan-Konferenz in der Schweiz an. Der Tessiner Bundesrat habe Staatssekretärin Livia Leu den Auftrag erteilt, eine Durchführung auf Schweizer Boden zu prüfen, berichtete die «NZZ am Sonntag» unter Berufung auf zwei gut unterrichtete Quellen. Gemäss Angaben einer dritten Person fanden dazu bereits Gespräche auf internationaler Ebene statt.

    Leu soll demnach analysieren, ob ein solches Treffen zur Lösung der Krise beitragen kann, und welchem Zweck es dienen soll. Möglich seien etwa eine Geberkonferenz oder die Organisation eines humanitären Korridors aus Afghanistan heraus, hiess es im Bericht. Ein Sprecher des Aussendepartements liess gegenüber der Zeitung durchblicken, dass die Schweiz Interesse an einer aktiven Rolle habe. Die Gespräche zwischen den Taliban und der ehemaligen Regierung liefen in Afghanistan weiter, sagte er.

    Es bleibe abzuklären, ob und wo im friedenspolitischen Bereich Bedürfnisse bestünden.

    Die Schweiz stehe seit Jahren mit allen Akteuren im Kontakt und verfüge über entsprechende Zugänge. Cassis war im letzten Juni ein diplomatischer Coup gelungen, als die Delegationen aus den USA und Russland Genf als Treffpunkt für einen Gipfel zwischen US-Präsident Joe Biden und Kremlchef Wladimir Putin ausgewählt hatten.

  • 8.53 Uhr

    Trump: Bidens Abzug aus Afghanistan ist «totale Kapitulation»

    Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat den Rückzug der US-Streitkräfte aus Afghanistan als die grösste aussenpolitische Demütigung in der Geschichte der Vereinigten Staaten bezeichnet. «Dies ist kein Rückzug. Das war eine totale Kapitulation», rief Trump vor Anhängern in Cullman im Bundesstaat Alabama.

    Trump machte erneut US-Präsident Joe Biden für den Fall Afghanistans an die radikal-islamischen Taliban verantwortlich. Der Abzug der USA, der den Zusammenbruch auslöste, war allerdings noch von seiner eigenen Regierung mit den Taliban ausgehandelt worden. «Bidens verpfuschter Abzug aus Afghanistan ist die erstaunlichste Zurschaustellung grober Inkompetenz durch den Führer einer Nation, vielleicht aller Zeiten», sagte Trump auf der Veranstaltung.

    Der frühere US-Präsident Donald Trump bezeichnet Bidens Abzug aus Afghanistan als «totale Kapitulation».
    Der frühere US-Präsident Donald Trump bezeichnet Bidens Abzug aus Afghanistan als «totale Kapitulation».
    Bild: Keystone

    Die Taliban, mit denen er verhandelt habe, hätten ihn respektiert. Wäre er noch im Amt gewesen, hätte die schnelle Übernahme Afghanistan durch die Taliban nicht stattgefunden. «Wir hätten das Land mit Ehre verlassen können. Stattdessen verlassen wir es nun mit dem Gegenteil von Ehre.»

    US-Präsident Joe Biden sagte dagegen, er habe ein schlechtes Abzugsabkommen von Trump geerbt. Er kritisierte das afghanische Militär und die sich nun im Exil befindliche afghanische Regierung, weil sie sich geweigert hätten, gegen die Taliban zu kämpfen.

  • 8.50 Uhr

    UN-Programm warnt vor «humanitärer Katastrophe» in Afghanistan

    Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen warnt angesichts der Entwicklung in Afghanistan vor einer «humanitären Katastrophe». Die Afghanistan-Direktorin des Programms, Mary-Ellen McGroarty, forderte nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban eine enge Abstimmung innerhalb der internationalen Gemeinschaft. «Andernfalls wird sich eine ohnehin schon schreckliche Situation zu einer absoluten Katastrophe entwickeln», sagte die UN-Vertreterin der britischen Sonntagszeitung «The Observer».

    Das WFP schätzt, dass von den etwa 38 Millionen Menschen in Afghanistan heute schon 14 Millionen nicht genug zu essen haben. Das Land wird auch von einer schweren Dürre geplagt. McGroarty appellierte an die Staatenwelt: «Wir müssen Unterstützung ins Land bringen – nicht nur Nahrung, auch medizinische Unterstützung und Schutz. Wir brauchen Geld, und wir brauchen es jetzt.» Falls nicht innerhalb von sechs oder sieben Wochen Hilfe eintreffe, werde es zu spät sein – viele Strassen seien dann durch Schnee nicht mehr passierbar.

  • 8.40 Uhr

    Taliban kontrollieren laut Augenzeugen Zugang zum Flughafen Kabul

    Augenzeugen berichten, die Taliban hätten eine Art Ordnung rund um den Flughafen von Kabul hergestellt. Sie verhinderten Menschenansammlungen rund um den Flughafen und sorgten für ordentliche Warteschlangen ausserhalb der Flughafentore.

    Am frühen Sonntagmorgen gebe es schon lange Menschenschlangen, aber kein Durcheinander oder Gewalt. Seit dem vergangenen Sonntag sind nach Aussagen von Nato-Offiziellen und der Taliban am Flughafen zwölf Menschen erschossen oder zu Tode getrampelt worden.

  • 8.32 Uhr

    Kanzler Kurz gegen Aufnahme von Flüchtlingen in Österreich

    Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz ist gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan in seinem Land. Dazu werde es in seiner Amtszeit nicht kommen, sagte er dem TV-Sender Puls 24. Österreich habe bereits früher einen unverhältnismässig grossen Beitrag zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan geleistet.

    In einer Statistik des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR werden Österreich mehr als 40'000 afghanische Flüchtlinge zugerechnet. Das ist die zweithöchste Zahl in Europa nach Deutschland mit 148'000.

    Kurz forderte laut vorab veröffentlichten Interview-Auszügen, dass die aus Afghanistan fliehenden Menschen in der Region bleiben sollten. So hätten Turkmenistan und Usbekistan bislang nur ganz wenige Menschen aus Afghanistan aufgenommen.

    Seit mehreren Jahren gehört Afghanistan zu den wichtigsten Herkunftsländern von Asylsuchenden auch in der Schweiz. Im Jahr 2020 stammten von insgesamt 11'041 Asylgesuchen in der Schweiz laut der Flüchtlingshilfe 1681 Gesuche von Afghaninnen und Afghanen. Zwischen 2019 und 2020 hat demnach die Anzahl Asylgesuche von Personen aus Afghanistan um über 20 Prozent zugenommen.