War er im Kriegsgebiet?Truppenbesuch passt kaum «zu Putins Sicherheits-Obsession»
uri
19.4.2023
Putin auf Truppenbesuch in besetzten Gebieten der Ukraine
STORY: Der russische Präsident Wladimir Putin hat laut den Angaben aus dem Kreml am Dienstag, mehrere militärische Hauptquartiere in den ukrainischen Regionen Cherson und Luhansk besucht, die teilweise von Russland besetzt sind. Gezeigt werden Bilder, auf denen der russische Präsident an einer militärischen Kommandositzung teilnimmt und Berichten von Kommandeuren zuhört. Laut dem Kreml nahmen an den Gesprächen Luftlandetruppen sowie hochrangige Offiziere der Regionen Cherson und Saporischschja teil. Beide Regionen wurden als Teil Russlands erklärt wurden. Der Kreml gab nicht bekannt, an welchen Tagen genau Putin an den Treffen teilgenommen hat. Russische Truppen sind am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert. Die Regierung in Moskau bezeichnet ihr Vorgehen als Sondereinsatz zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung des Nachbarlandes.
18.04.2023
Bereits zum zweiten Mal innert weniger Wochen hat Wladimir Putin russische Truppen in den besetzten ukrainischen Gebieten besucht – heisst es. Beobachter erkennen in den Videoaufnahmen aber Ungereimtheiten.
uri
19.04.2023, 16:48
19.04.2023, 20:00
uri
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der russische Präsident Wladimir Putin soll jüngst seine Truppen in den ukrainischen Regionen Cherson und Luhansk besucht haben.
Da der Kremlchef sehr auf seine Sicherheit bedacht ist, gibt es jedoch Zweifel an dieser Darstellung.
Auch für Russland-Experte Ulrich Schmid von der Uni St. Gallen ergeben sich einige Zweifel.
Bereits zum zweiten Mal seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine ist Wladimir Putin ins Kriegsgebiet gereist. Das ist jedenfalls die offizielle Botschaft des Kreml, die auch mit einem Video unterlegt wurde.
Dieses zeigt, wie Putin aus einem Helikopter steigt und uniformierten Männern die Hände schüttelt. Anschliessend wird laut der «Frankfurter Rundschau» aus einem Auto heraus gefilmt, wie Putin in die Stadt Henitschesk, Oblast Cherson, gefahren wird. Dort steige Putin dann aus dem Wagen, um mit Militärs zu sprechen.
Im Anschluss daran soll Putin das Hauptquartier in der Region Luhansk besucht haben. Das Video zeigt demnach, wie Putin erneut aus dem Helikopter steigt, um in den Stützpunkt zu fahren.
Video wurde neu geschnitten
Beobachter haben unterdessen Auffälligkeiten bemerkt, die die offizielle Mitteilung, der russische Präsident habe die Soldaten zum russischen Osterfest am vergangenen Sonntag und Montag besucht, wenigstens infrage stellen.
So zeigen die Videoaufnahmen auch, wie Putin Soldaten die Kopie einer Ikone schenkt. Laut dem kremlkritischen russischen Newsportal «Agentstwo» sagt Putin in einer zuerst veröffentlichten Videoaufnahme: «Jetzt wird doch Ostern sein, ja?» Kurze Zeit später sei der Clip indes so geschnitten worden, dass Putin «jetzt ist Ostern» sagt.
Kremlsprecher Dmitrij Peskow erklärte gemäss der FAZ daraufhin, das orthodoxe Osterfest werde 40 Tage lang gefeiert, weshalb eben nun die Osterwoche sei. Die Annahme, dass die Reise bereits vor Ostern stattgefunden habe, sei «einfach irrig».
Putin hält auffallend wenig Abstand
Weiter halte Putin im Video nur wenig Abstand zu Anwesenden, bemerkt die FR. Das sei laut dem früheren Verbündeten und heutigen Erzfeind Igor Girkin allerdings ein Zeichen dafür, dass es sich dann um einen Doppelgänger Putins handle.
Aus Sorge vor einer Coronainfektion bewahrt der echte russische Präsident nämlich grossen Abstand zu Personen – zumindest, wenn diese nicht nachweislich getestet sind und eine Quarantänezeit eingehalten haben. Gerade im Fall von Offizieren an der Front scheinen solche Vorsichtsmassnahmen indes fast unmöglich zu sein.
Zudem falle auf, so die FR, dass die Perspektiven im Video immer so gewählt sind, dass der Kremlchef niemals mit markanten Bauten oder Landschaften zu sehen ist. Das wiederum verunmögliche die Verifizierung des Bildmaterials weitgehend.
Aufnahmen passen nicht zu Putins Sicherheits-Obsession
Auch für den Russland-Experten Ulrich Schmid von der Uni St. Gallen passen die neuen Aufnahmen nicht zu «Putins Obsession mit der eigenen Sicherheit», wie er blue News auf Nachfrage mitteilte.
Damit würden sich dieselben Fragen stellen wie bereits bei Putins angeblichem ersten Besuch im Kriegsgebiet, als er sich im März offiziell nach Mariupol aufmachte.
Auch dieses Mal waren «die Videos, die auf der offiziellen Kreml-Website veröffentlicht wurden, stark verwackelt, der Ton war schlecht», erklärt der Professor für die Kultur und Gesellschaft Russlands. «Es bestehen zumindest Zweifel, ob die Videoaufnahmen tatsächlich Putin am orthodoxen Osterfest in den besetzten Gebieten zeigen», ordnet Schmid die Aufnahmen ein.
Zum Sinn und Zweck der Videos sagt Schmid, der Kreml wolle damit einmal mehr unterstreichen, dass der Präsident die Truppen unterstütze. Sie könnten aber auch eine weitere Funktion erfüllen: «Möglicherweise stehen auch personelle Änderungen in der Kommandostruktur bevor – Putin kann solche Ernennungen mit grösserer Autorität vornehmen, wenn er darauf verweisen kann, dass er sich vor Ort ein Bild gemacht hat.»