«Drakonische Massnahmen» gegen CoronaNordkorea laut UN-Berichterstatter isoliert wie noch nie
dpa
23.10.2021 - 16:19
Nordkorea schottet sich zum Schutz vor Corona noch stärker ab als zuvor. Das hat dramatische Folge für die Versorgung der Bevölkerung.
23.10.2021, 16:19
dpa/twei
Nordkorea hat sich nach Einschätzung eines UN-Sonderberichterstatters international so stark abgeschottet wie noch nie zuvor. Dies sei die Folge drastischer Massnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie, erklärte der Sonderberichterstatter für das Land, Tomás Ojea Quintana, vor dem Menschenrechtsausschuss der UN-Vollversammlung am Freitag. Die abgebrochenen Beziehungen ins Ausland hätten dramatische Auswirkungen auf die Menschenrechte im Land.
Ojea Quintana sagte vor dem Ausschuss und auf einer Pressekonferenz, die Menschen in Nordkorea seien mit einer Nahrungsmittelknappheit und dem Zusammenbruch ihrer Lebensgrundlage konfrontiert. Kinder und ältere Menschen seien vom Hungertod bedroht. Er sei auch sehr besorgt über das Ausmass des Hungers in politischen Gefangenenlagern.
Gravierende Mängel bei medizinischer Versorgung
Nordkorea hat seine Grenzen geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus verhindern. Eine solche Entwicklung hätte laut Ojea Quintana verheerende Auswirkungen auf das Recht der Bevölkerung auf angemessene Gesundheitsversorgung, da die medizinische Infrastruktur in Nordkorea unterfinanziert sei und grosse Mängel aufweise.
«Zu den drakonischen Massnahmen, die die Regierung ergriffen hat, um ein Eindringen des Coronavirus zu verhindern, soll auch die Erschiessung von Menschen gehören, die versuchen, das Land zu betreten oder zu verlassen», sagte der Berichterstatter.
In seinem Abschlussbericht an die Vollversammlung nach sechs Jahren als UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Nordkorea fügte Ojea Quintana hinzu, dass die zunehmenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und die Schliessung der Landesgrenzen die Marktaktivitäten erstickt hätten.
Diese seien aber unerlässlich, um eine Versorgung der Menschen mit dem Nötigsten zu garantieren. Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un habe die Lage erkannt und investiere in Bemühungen, eine Hungersnot im Land zu verhindern. Infolge der Grenzschliessungen sei jedoch auch Arbeit der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen zum Erliegen gekommen.
Nordkorea lehnt Hilfe von Covax ab
«Die Menschen in der Demokratischen Volksrepublik Korea sollten nicht wählen müssen zwischen der Angst vor Hunger und der Angst vor Covid-19», sagte Ojea Quintana. Die Pandemie habe gezeigt, dass ein Virus, das sich nicht an internationale Grenzen halte, nur durch internationale Zusammenarbeit bekämpft werden könne.
Nordkorea habe ein Angebot über die Lieferungen von Impfstoffen mit Hilfe des internationalen Covax-Programms abgelehnt, sagte der Berichterstatter. Nordkorea fürchte einen Corona-Ausbruch im Land, und wenn nicht die gesamte Bevölkerung geimpft werde, könnte es sein, dass die Grenzen weiterhin geschlossen blieben.
In seinem Bericht an die Vollversammlung empfahl der UN-Beauftragte, angesichts der Pandemie die internationalen Sanktionen gegen Nordkorea zu überprüfen. Möglicherweise müssten die Sanktionen neu bewertet und gegebenenfalls gelockert werden. Zwar sei humanitäre Hilfe von den Strafmassnahmen ausgenommen, sie hätten aber dennoch Folgen für die Menschen. Als Beispiel nannte er die Einschränkungen beim Export von Textilien und Meeresfrüchten. Sie hätten dazu geführt, dass Frauen, die den Lebensunterhalt für ihre Familien bestritten, entlassen worden seien.