Iran Unruhen und Tote nach Benzinpreiserhöhung

SDA

17.11.2019 - 20:54

Wut auf die Regierung wegen Benzinpreiserhöhung und wirtschaftlicher Misere auf der Autobahn in Teheran.
Wut auf die Regierung wegen Benzinpreiserhöhung und wirtschaftlicher Misere auf der Autobahn in Teheran.
Source: KEYSTONE/EPA/STRINGER

Im Iran sind bei landesweiten Protesten gegen die Rationierung und Verteuerung von Benzin mindestens zwei Menschen getötet worden. Wie viele Verletzte es gab, war bis zum Sonntag – dem dritten Tag der Proteste in Folge – nicht bekannt.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars wurden rund 1000 Menschen festgenommen. Sie hätten am Samstag mehr als 100 Banken und mehrere Kaufhäuser in Brand gesetzt, berichtete die Agentur am Sonntag.

Die politische Führung will mit harter Hand gegen die Proteste vorgehen. Das Internet war seit Samstagnachmittag stark eingeschränkt. Das Parlament kam zu einer Sondersitzung hinter verschlossenen Türen zusammen.

Tiefe Wirtschaftskrise

Der Iran steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die durch die harten US-Sanktionen gegen das Land ausgelöst wurde. Als Konsequenz daraus hatte die iranische Regierung in der Nacht zum Freitag Benzin rationiert und zugleich die Treibstoffpreise erhöht, was heftige Proteste auslöste. Viele Iraner befürchten, dass sich die Wirtschaftskrise damit noch weiter verschlimmert und fordern eine umgehende Aufhebung der Beschlüsse der Regierung.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna vom Sonntag wurde bei den Unruhen im Westiran ein Polizist getötet. Er sei bei Zusammenstössen mit Demonstranten in der Stadt Kermanschah umgekommen.

Bei Krawallen in der südiranischen Stadt Sirdschan gab es am Freitag einen Toten und mehrere Verletzte, wie ein Sprecher der Stadtverwaltung sagte. Berichte über mehrere weitere Tote wurden zunächst nicht bestätigt.

Die Sachschäden der Unruhen sind angeblich enorm. Viele Tankstellen, Banken, Kaufhäuser und auch Privatautos wurden landesweit angezündet.

Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei, der das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat, verteidigte die Treibstoffpreiserhöhung und -rationierung und kritisierte die Proteste.

Präsident Hassan Ruhani, Parlamentspräsident Ali Laridschani und Justizchef Ibrahim Raeissi berieten am Samstag über die Proteste. Das Parlament kam am Sonntag in Teheran zu einer Sitzung hinter verschlossenen Türen zusammen. Ursprünglich wollte das Parlament eine Rücknahme der Regierungsentscheidung zum Treibstoff erzwingen. Medienberichten zufolge wurde dies aber abgelehnt.

Geheimdienst soll durchgreifen

Der Geheimdienst will nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna gegen Unruhestifter konsequent vorgehen.

Mit einer staatlichen Benzinkarte können die Iraner nur noch bis zu 60 Liter Benzin im Monat zu einem Literpreis von umgerechnet 13 Rappen tanken. Wer mehr tanken will, muss pro Liter 24 (Normalbenzin) bis 33 Rappen (Super) zahlen – fast das Dreifache des bisherigen Preises.

Rationierung hat es im Iran auch in den vergangenen Jahren mehrmals gegeben, auch Benzinpreiserhöhungen. Folge waren Kritik und Proteste. Unruhen wie diesmal blieben aber bisher aus.

Der Benzinpreis gilt im Iran als die «Mutter aller Inflationen», weil nach jeder Preiserhöhung alles teurer wurde. Die Regierung von Präsident Ruhani wollte die Benzinpreise seit längerer Zeit erhöhen, hatte es aber aus Angst vor einer Verschärfung der Inflation – und Protesten – immer wieder verschoben.

Viele Iraner wollen nicht hinnehmen, dass in einem ölreichen Land, das der viertgrösste Ölproduzent der Welt ist, Benzin rationiert und immer teurer wird.

Zugang zum Internet eingeschränkt

Die Berichterstattung über die Proteste wurde erschwert, weil der Zugang zum Internet stark eingeschränkt war. Nach Angaben des iranischen Telekommunikationsministerium wurde das Internet auf Anweisung des Nationalen Sicherheitsrats für 24 Stunden «limitiert».

Die Nichtregierungsorganisation Netblocks, die Blockaden des Internets registriert, schrieb am Samstag auf Twitter, die landesweite Internetnutzung sei innerhalb etwa einer Stunde auf nur noch sieben Prozent der normalen Nutzung gefallen.

Informationen zu den Unruhen in mehreren Städten werden zwar von Augenzeugen per Telefon Medien mitgeteilt, können aber nicht verifiziert werden.

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