Italien wählt Meloni nimmt trotz niedriger Wahlbeteiligung Kurs auf Wahlsieg

dpa

25.9.2022 - 17:15

In Italien sind noch für wenige Stunden die Wahllokale geöffnet. Die Wahlbeteiligung könnte historisch niedrig ausfallen. Favoritin Meloni von den rechtsradikalen Fratelli d'Italia verschob ihre Stimmabgaben. Ihr und dem gesamten Rechtsblock wird ein Sieg vorhergesagt.

25.9.2022 - 17:15

Die italienischen Wählerinnen und Wähler haben mit der Abstimmung über ein neues Parlament begonnen. Rund 51 Millionen Menschen waren am Sonntag aufgerufen, über die Sitzverteilung in Senat und Abgeordnetenkammer zu entscheiden.

Die Wahlen sind um sechs Monate vorgezogen worden, nachdem die Regierung des populären Ministerpräsidenten Mario Draghi im Juli auseinandergebrochen war. Draghi ist noch geschäftsführend im Amt. Die Wahllokale sollten bis 23.00 Uhr geöffnet sein. Erste Ergebnisse wurden für den frühen Montagmorgen erwartet.

Stärkste Kraft dürfte die rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia mit ihrer Vorsitzenden Giorgia Meloni werden. Die Römerin sowie der von ihr angeführte Rechtsblock lag in den Umfragen deutlich vorne, die allerdings letztmals am 9. September veröffentlicht werden durften.

Meloni könnte die erste Ministerpräsidentin Italiens werden. Zu ihrer Allianz gehören noch die rechtspopulistische Lega von Matteo Salvini und die konservative Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Nach dem Rücktritt des bisherigen Regierungschefs Mario Draghi steht das Land damit vor einem harten Ruck nach rechts.

Meloni will «gemeinsam Geschichte schreiben»

Während die meisten Parteichefs schon am Vormittag wählten, verschob Meloni ihre Stimmabgabe spontan auf den Abend. «Lasst uns gemeinsam Geschichte schreiben», hatte sie am Morgen getwittert.

Auch ihre Verbündeten setzten am Sonntag wie schon tags zuvor in den sozialen Netzwerken etliche Wahlbotschaften ab. Sie ignorierten damit eine Vorgabe, auf derartige Äusserungen am Vortag und am Tag der Wahl zu verzichten. Die Lega etwa veröffentlichte einige beleidigende Tweets über ihre politischen Gegner.

Am frühen Abend zeichnet sich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung ab. Um 19.00 Uhr und damit vier Stunden vor Schliessung der Wahllokale hatten in dem Mittelmeerland nur rund 51 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie das Innenministerium bekannt gab. 

Bei den Wahlen im Jahr 2018 waren es zu dem Zeitpunkt rund 59 Prozent gewesen. Dabei hatte Italien damals am Ende mit knapp 73 Prozent die niedrigste Wahlbeteiligung seiner Nachkriegszeit registriert - dieser Wert könnte nun noch einmal deutlich unterschritten werden.

Besonders schwach war der Zulauf laut der Auswertung im Süden des Landes in den Regionen Kalabrien, Apulien, Kampanien und Basilikata sowie auf den Inseln Sizilien und Sardinien mit teils deutlich unter 40 Prozent.

Wird Giorgia Meloni die erste weibliche Ministerpräsidentin Italiens?
Wird Giorgia Meloni die erste weibliche Ministerpräsidentin Italiens?
Cecilia Fabiano/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Schlangen vor Wahlbüros trotz niedriger Wahlbeteiligung

Viele Bürger sind nach dem Sturz der Regierung Draghi frustriert und fühlen sich von keiner Partei vertreten. Die Links- und Zentrumsparteien bekämpften sich im Wahlkampf gegeneinander, statt geschlossen gegen den rechten Block aufzutreten.

Dennoch kam es am Sonntag vor manchen Wahllokalen zu Schlangen, was teilweise für Empörung sorgte. Dies lag auch daran, dass von den zwei ausgefüllten Stimmzetteln – je einen für das Abgeordnetenhaus und eine für den Senat – ein Streifen sorgfältig abgerissen werden musste, bevor sie in die Wahlurne kamen. Dieses zusätzliche Prozedere zur Bekämpfung von Wahlbetrug verzögerte den Vorgang. «Ich habe noch nie so eine Schlange gesehen», sagte Forza-Italia-Chef Berlusconi.

In Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten sorgen sich viele vor einer Regierung mit den Fratelli und Meloni an der Spitze. Die «Brüder Italien» sind Nachfolger einer von Faschisten gegründeten Partei. Meloni hat den Faschismus ausserdem nie gänzlich verurteilt. Daneben äussert sich die Parteichefin immer wieder kritisch zur EU und lehnt progressive Rechte wie jener zur Adoption für homosexuelle Partner ab.

dpa