USA Wie Rechtsextreme die Republikanische Partei verändern

AP/toko

7.12.2021 - 20:50

Der Vorsitzende der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy.
Der Vorsitzende der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy.
Uncredited/House Television/dpa

Hass und Hetze zu verbreiten scheint sich im US-Kongress zu lohnen – jedenfalls bei den Republikanern. Eine Gruppe von ihren Abgeordneten hat sich auf diese Weise Aufmerksamkeit verschafft – und reichlich Spenden. Was bedeutet das für die Partei?

7.12.2021 - 20:50

Eine Gruppe von weit rechts stehenden Republikanern im US-Abgeordnetenhaus hat in jüngster Zeit mit hetzerischen, rassistischen und manchmal islamfeindlichen Attacken verbreitet Empörung ausgelöst. Aber kaum in den eigenen Reihen oder bei der eigenen Parteiführung. Hätten derartige Verstösse gegen traditionelle Normen im Kongress sie früher zu Aussenseitern im eigenen Lager gemacht, zu internen Strafmassnahmen geführt, ist das jetzt ganz anders: Man stellt ihnen sogar eine Beförderung in Aussicht.

Forderungen von Kritikern an die republikanische Spitze, die Abgeordneten – allen voran Marjorie Taylor Greene aus Georgia, Lauren Boebert aus Colorado und Paul Gosar aus Arizona – zu disziplinieren, sind verhallt. Man schweigt oder spielt die Kontroversen herunter – wie zuletzt im Fall von Boebert, die ihre demokratische muslimische Kongresskollegin Ilhan Omar mit einer Terroristin verglichen hat, die eine Bombe in einem Rucksack versteckt hat. Oder Gosar, der ein Zeichentrickvideo ins Internet stellte, das ihn dabei zeigt, wie er die demokratische Abgeordnete Alexandra Ocasio-Cortez tötet.

Die konservative Basis feiert die Parlamentarier, insbesondere Greene und Boebert werden im Vorfeld der Kongresswahlen im November 2022 mit Wahlkampfspenden überflutet.



Empörung in Macht umwandeln

Die alarmierende Rhetorik und der Geldsegen, den sie zunehmend produziert, sind ein weiteres Beispiel dafür, wie stark der frühere Präsident Donald Trump der Partei seinen Stempel aufgedrückt, die Art und Weise geändert hat, wie Republikaner Einfluss und Macht gewinnen. Wurde Erfolg im Kongress einst durch die Gesetzesarbeit definiert, wird er jetzt zunehmend an der Fähigkeit gemessen, Aufmerksamkeit zu erregen, sogar wenn sie negativ ist. Denn das hilft, Trumps loyalste Gefolgsleute anzuheizen.

Die konservative Basis feiert die äusserst rechten Parlamentarier wie Marjorie Taylor Greene.
Die konservative Basis feiert die äusserst rechten Parlamentarier wie Marjorie Taylor Greene.
AP Photo/Susan Walsh/Keystone

«Wir sind die Basis der Partei»

Empörung in Macht umzuwandeln scheint für die Republikaner zu einer Strategie in ihrem Bestreben geworden zu sein, den Demokraten bei der Wahl 2022 die Mehrheit im Abgeordnetenhaus abzunehmen. Und das gibt weit rechts Stehenden wie Greene, Bobert und Gosar ein Spielfeld, wie es früher nicht möglich gewesen wäre – die Erlaubnis, Hass, Verschwörungstheorien und falsche Informationen zu verbreiten.

«Wir sind nicht der Rand. Wir sind die Basis der Partei», so Greene, die sich in der jüngsten Vergangenheit hinter Rufe nach der Ermordung prominenter Demokraten gestellt hat.

Noch 2019 hatte der Chef der republikanischen Minderheit in der Kongresskammer, Kevin McCarthy, selbst einen Parteikollegen aus Parlamentsausschüssen abgezogen – nach dessen Klage darüber, dass weisse Vorherrschaft und weisser Nationalismus zu anstössigen Begriffen geworden seien. Auch Greene und Gosar sind aus derartigen Gremien verstossen worden – aber von den Demokraten.

Muslimische Abgeordnete erhielt Todesdrohungen

Boebert zog die Parallele zwischen Omar und Terroristen in einer Rede vor Anhängern, in kürzlich aufgetauchten Videos dokumentiert.  Bereits zuvor hatte Boebert die Abgeordnete aus Minnesota, eine von drei Muslimen im Kongress, als Mitglied eines «Dschihad-Trupps» und «böse» bezeichnet. Eine öffentliche Entschuldigung lehnte sie ab, aber telefonierte mit Omar – um danach mit neuen Angriffen gegen sie aufzuwarten.

Im Gefolge der Kontroverse erhielt die Muslimin Todesdrohungen. So hinterliess ein Mann eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter, in der er sie eine «Verräterin» nennt, die bald vom «Angesicht dieser (es folgt ein Schimpfwort) Erde» entfernt werde. «Wir können nicht so tun, als ob diese Hassrhetorik von führenden Politikern keine realen Konsequenzen hat», sagte Omar am Dienstag.

Boebert hat derweil in diesen Jahr bereits 2,7 Millionen Dollar (2,4 Millionen Euro) an Spenden eingenommen, deutlich mehr als die meisten anderen republikanischen Abgeordneten.

McCarthy, der bei einem Sieg der Partei 2022 Vorsitzender des Abgeordnetenhauses werden könnte, hob hervor, dass Boebert versucht habe, sich per Telefon privat bei Omar zu entschuldigen. «Das ist es, was wir in Amerika tun. Und dann wenden wir uns anderem zu», sagte er. Bereits im November hatte er angedeutet, dass jene Abgeordneten, die von den Demokraten bestraft worden seien, vielleicht sogar bessere Ausschussposten als zuvor erhalten könnten, sollte er Vorsitzender der Kammer werden.

Was machen die Demokraten?

Für die Demokraten ist das alles mehr als irritierend. Denn je stärker sie auf das Verhalten von Boebert & Co. reagieren, desto grösser ist die Gefahr, dass sie ihnen genau damit in die Hände spielen. «Dies hier ist schwierig, denn diese Leute tun das um der Publicity willen», sagte die Chefin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, kürzlich in einer Fraktionssitzung. Man müsse sich genau überlegen, inwieweit man ihr Spendensammeln und ihr Bestreben fördere, sich als möglichst widerwärtig zu präsentieren. 

Tatsächlich zeigt sich in vielen Fällen, dass das Auslösen von Empörung profitabel sein kann und die möglichen negativen Folgen dagegen verblassen können. Greene, die dieses Jahr ins Parlament einzog, ist ein Paradebeispiel dafür. Als frühere Anhängerin der Verschwörungstheorie-Bewegung QAnon hat sie einst öffentlich darüber nachgedacht, ob eine jüdische Familie Weltraumlaser verwendet haben könnte, um Waldbrände in Kalifornien auszulösen. Sie hat Überlebende von Schulschiessereien belästigt, Pelosi beschuldigt, Verbrechen begangen zu haben, auf die in den USA die Todesstrafe stehe.

Ihre Nonstop-Attacken, die oft Online viral gehen, haben ihr zu 6,3 Millionen Dollar (rund 5,6 Millionen Euro) an Spenden verholfen. «Wenn du etwas Verrücktes sagst, etwas Extremes, bringst du Geld zusammen», sagt die Abgeordnete Nancy Mace, eine der wenigen Republikaner, die öffentlich die Rhetorik ihrer Kollegen und Kolleginnen kritisiert hat. So ist Greene in ihren Augen eine «Trickbetrügerin erster Klasse», die «verletzliche Konservative» ausnutze.     

AP/toko