Lagebild Ukraine Hier könnte die ukrainische Offensive zuschlagen

Von Christian Thumshirn und Philipp Dahm

15.5.2023

Lagebild Ukraine Hier könnte die ukrainische Offensive zuschlagen

Lagebild Ukraine Hier könnte die ukrainische Offensive zuschlagen

Die lange angekündigte Gegenoffensive der ukrainischen Armee lässt Mitte Mai 2023 auf sich warten: blue News erklärt, welche Gebiete dafür infrage kommen.

15.05.2023

Die lange angekündigte Gegenoffensive der ukrainischen Armee lässt auf sich warten: blue News erklärt, welche Gebiete dafür infrage kommen. In Bachmut rücken Kiews Kräfte derweil an den Flanken weiter vor.

,

Von Christian Thumshirn und Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im Video: An diesen Orten ist eine ukrainische Gegenoffensive denkbar.
  • In Bachmut machen die ukrainischen Streitkräfte im Norden und Süden der Stadt an den Flanken Boden gut.
  • Im Süden der Ukraine befestigt Russland die Städte und hat mehrere Verteidigungslinien errichtet.
  • Neue Langstrecken-Waffen des Westens stellen die russische Armee vor Probleme.

«Ich möchte alle bitten, keine öffentlichen Analysen unserer Offensivpläne zu machen», wendet sich Roman Grischchenko, der Kommandeur der 127. Brigade, via Twitter an die Ukraine. Der Feind dürfe nicht vorgewarnt werden: «Glaubt uns, wir tun alles Mögliche und Unmögliche.»

Wo die lange angekündigte Offensive stattfinden wird, weiss nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten, doch Spekulieren wird ja wohl noch erlaubt sein – siehe obiges Video. Die Grundvoraussetzungen stimmen inzwischen jedenfalls: Es ist trocken in der Ukraine – und so bleibt es in den kommenden Tagen auch. Die Temperaturen liegen deutlich über 20 Grad.

Vorwärts geht es für die ukrainischen Streitkräfte schon mal in Bachmut: Auf der nördlichen Flanke von Bachmut rücken sie auf Berchiwka vor. Ein Video auf CNN zeigt, wie sich dort eine Gruppe russischer Soldaten zurückzieht. Auch gepanzerte Fahrzeuge seien auf dem Rückzug, berichtet der US-Sender. 

Bachmut: Ukrainische Erfolge an den Flanken

«Wir wollen unser Territorium zurückerobern und so viele Russen wie möglich töten», sagt ein ukrainischer Soldat an der Front dem Reporter Nic Robertson. «Wir sind bereit [für den Kampf]. Es ist unser Land.» «Wir haben eine Menge [gepanzerte Fahrzeuge] in dem Gebiet gesehen», sagt der CNN-Journalist. «Wenn die Ukrainer wollen, können sie noch viel mehr in den Kampf investieren.»

Im Süden von Bachmut verschafft sich die ukrainische Armee bei Iwaniwske weiter Luft und bedroht nun Klischtschijwka. «Die Flanken brechen ein», warnte Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin bereits Ende vergangener Woche.

Prigoschin kritisiert, dass die russische Armee nicht taktisch wichtige Stellungen, sondern Siedlungen in der Gegend besetzt. Die liegen aber in die Regel tief und sind schwer zu verteidigen. In Bachmut selbst konnten seine Wagner-Söldner zuletzt keine Fortschritte erzielen.

Russland befestigt Stellungen im Süden

Im Süden der Ukraine bauen russische Truppen auf breiter Front ihre Stellungen aus. Das gilt zum einen für die Tiefe: Vor dem Regionalzentrum Tokmak gibt es mehrere Verteidigungslinien, die eine etwaige ukrainische Offensive bremsen sollen.

In der Tiefe könnte Mariupol Kiews Ziel sein: Ein Vorstoss würde die russischen Truppen im Süden in zwei Armeen teilen. Doch auch die Besatzer in Mariupol, das 160 Kilometer östlich von Melitopol liegt, bereiten sich auf einen etwaigen Angriff vor, schreibt ein Berater des ukrainischen Bürgermeisters auf Telegram: Gräben, Betonbunker und Schiessstände seien gut getarnt, warnt Petro Andriuschtschenko.

Hättest du diese Verteidigungsanlagen in Mariupol erspäht?
Hättest du diese Verteidigungsanlagen in Mariupol erspäht?
Bild: t.me/andriyshTime/9696

«Unterschätzt nicht die Schwierigkeit der Arbeit, die vor unseren Streitkräften liegt», schreibt Andriuschtschenko. Wer noch in der Stadt aushalte, solle sie verlassen. «Das Schlimmste, was den Bewohnern passieren kann, ist, als Geisel genommen und als menschlicher Schutzschild der Besatzer benutzt zu werden. Was Ihr tun solltet? Geht, solange es noch geht.»

Langstrecken-Munition und die F-16-Frage

Ein grosses Plus für die kommende ukrainische Offensive ist die Unterstützung aus Grossbritannien. Bisher haben die Russen ihre Depots einfach 90 Kilometer hinter die Front verlegt, wo die Himars-Raketen mit maximal 80 Kilometer Reichweite nicht zuschlagen können.

Das hat sich mit dem Flugkörper Storm Shadow geändert, der von der Luft aus abgefeuert wird und 250 Kilometer weit fliegen kann. Nun will London ausserdem Kampfdrohnen liefern, die angeblich 200 Kilometer weit fliegen können. Russland will bereits eine Storm Shadow abgeschossen haben. Es könnte sich dabei aber auch um einen Täusch-Flugkörper gehandelt haben, der der Ukraine aus den USA geschickt worden sein soll.

Bewegung gibt es auch in Sachen F-16: Nachdem die Niederlande, die USA, Grossbritannien und Dänemark darüber diskutieren, ob der Kampfjet exportiert werden soll, verspricht nun der britische Premier Rishi Sunak, eine «Jet-Koalition» bilden und auch mit der Ausbildung von Piloten beginnen zu wollen.