Militärputsch Mit Hacks und Strassenprotest – die Bürger Myanmars begehren auf

tsha/dpa/AP

18.2.2021

Auch am Donnerstag gingen in Myanmar viele Menschen auf die Strasse.
Auch am Donnerstag gingen in Myanmar viele Menschen auf die Strasse.
Bild: Keystone

Die Proteste gegen die Militärjunta in Myanmar nehmen kein Ende. Auch online wird nun gegen die neuen Machthaber demonstriert.

Mit diesem Volksaufstand hatten die Militärs wohl nicht gerechnet: Am 1. Februar hatte die Armee in Myanmar die Macht übernommen und die Regierung um De-facto-Staatschefin Aung San Suu Kyi für abgesetzt erklärt. Seitdem kocht in dem südostasiatischen Land der Volkszorn.

Unterdessen haben die Demonstranten eine neue Front eröffnet: im Internet. Wie der «Guardian» berichtet, haben Hacker Angriffe auf wichtige staatliche Internetseiten gestartet. Den Attacken seien eine Propagandaseite des Militärs, die Website der Zentralbank des Landes und der Staatssender MRTV zum Opfer gefallen. Auf Facebook erklärte die Hackergruppe, die sich «Myanmar Hackers» nennt, ihre Ziele: «Wir kämpfen für Gerechtigkeit in Myanmar», heisst es in einem Aufruf. Die Hacks seien «wie Massenproteste von Menschen vor Regierungswebseiten». 



Die Militärjunta hatte zuletzt immer wieder versucht, die Kontrolle über das Internet des Landes zu übernehmen. In der Nacht auf Donnerstag wurden Teile des Netzes heruntergefahren, wie NetBlock berichtet, eine Gruppe, die weltweit ungewöhnliche Vorgänge im Netz beobachtet. Demnach habe die Online-Aktivität in Myanmar bei nur 21 Prozent des sonst üblichen Niveaus gelegen. Ein neues Gesetz, das die Junta vorbereitet, soll ausserdem viele Internetaktivitäten unter Strafe stellen. 

«Das Volk ist mutiger als je zuvor»

Zuletzt hatte die Militärregierung immer wieder versucht, soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook zu sperren. Um die Blockaden zu umgehen, griffen viele Bürger allerdings auf VPN-Netzwerke zurück. Welche Rolle dem Netz bei den Protesten zukommt, sagte Ko Jimmy, einer der bekanntesten Demokratieaktivisten des Landes, im Interview mit dem «Spiegel»: «Heute können wir alles live im Internet streamen. Für die Generäle ist es schwieriger, mit unseren Leuten umzuspringen, wie es ihnen beliebt. Und ich sehe, dass unser Volk mutiger ist als je zuvor.»

Überhaupt zeigen sich die Myanmarer kreativ, wenn es um die Form der Proteste geht. So kam es am Mittwoch in der Metropole Rangun zu einer der grössten Demonstrationen seit dem Putsch. Während viele Menschen mit Schildern für die Freilassung von Aung San Suu Kyi demonstrierten, gaben andere vor, eine Autopanne zu haben – und blockierten somit den Verkehr in der Millionenstadt.



Noch vor Kurzem hatte die Junta erklärt, die Proteste gegen den Putsch würden nachlassen – die Demonstranten aber offenbar noch bestärkt. «Wir sind nicht schwach, wir werden nie zurückschrecken im Kampf gegen das Militärregime. Darum sind wir zurück auf der Strasse», zitierte die Nachrichtenagentur AP Kyi Pyar, eine Ex-Politikerin von Aung San Suu Kyis Partei.

«Es geht nur um Selbstverteidigung»

Auch mittels Symbolen machen die Demonstranten ihre Ablehnung des Putschs immer wieder deutlich. Hunderte Dozenten und andere Mitarbeiter der Universität von Rangun sowie viele andere Bürger zeigten etwa den Dreifingergruss der Rebellen aus der Science-Fiction-Filmreihe «Die Tribute von Panem», der im vergangenen Jahr im Nachbarland Thailand zum Symbol der Proteste gegen die Regierung geworden war.



Als weiteres Zeichen des Widerstands gelten rote Schleifen. Rot ist die Farbe von Suu Kyis Regierungspartei «Nationale Liga für Demokratie» (NLD). Auch lautes Schlagen auf Töpfe und Pfannen war in vielen Regionen zu hören. Damit sollen in Myanmar böse Geister vertrieben werden. Andere zündeten in Fenstern und auf Balkonen Kerzen an, um Hoffnung zu verbreiten. Zudem gab es Aufrufe, Produkte von Firmen, die dem Militär gehören, zu boykottieren. Dazu gehören eine beliebte Biermarke und SIM-Karten.

Im «Spiegel»-Interview beteuerte Aktivist Ko Jimmy, die Proteste würden gewaltfrei bleiben: «Es geht dabei nur um Selbstverteidigung.» Das Militär hingegen ging zuletzt immer wieder bewaffnet gegen die Demonstranten vor. So hatten am Mittwochabend mehr als zwei Dutzend Männer in Polizeiuniform in der Stadt Mandalay offenbar Schüsse und Schleudern abgefeuert und ausserdem Steine auf Gebäude geworfen, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet.

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