Vermisstenfall im Amazonas Verdächtiger führt Polizei zu «menschlichen Überresten» 

Von Martina Farmbauer, dpa/amo

16.6.2022 - 17:25

Offenbar Leichname der in Brasilien vermissten Männer gefunden

Offenbar Leichname der in Brasilien vermissten Männer gefunden

Im Fall des im Amazonas-Regenwald Brasiliens vermissten britischen Journalisten Dom Phillips und des Indigenen-Experten Bruno Pereira hat die Polizei sterbliche Überreste im Regenwald gefunden. Einer der Verdächtigen hatte gestanden, die Leichen

16.06.2022

Ein britischer Journalist und sein Begleiter werden im Amazonasgebiet vermisst. Die Hoffnungen schwinden und ein Verbrechen wird vermutet. Nun deuten die Ermittlungen der Polizei vor allem in eine Richtung.

Von Martina Farmbauer, dpa/amo

16.6.2022 - 17:25

Ein Verbrechen mitten im abgelegenen Amazonasgebiet Brasiliens? Vieles deutet mittlerweile darauf hin, dass ein vermisster britischer Journalist und ein ebenfalls verschollener Indigenen-Experte dort getötet wurden. In einem Gebiet, das als besonders gefährlich gilt. Zwei Verdächtige wurden bislang festgenommen, einer von ihnen gestand nun, er sei an einem Mord an den beiden beteiligt gewesen, wie die Bundespolizei in Manaus am Mittwochabend (Ortszeit) mitteilte.

Er habe die Polizei zu «menschlichen Überresten» geführt, hiess es. Diese sollten untersucht werden. Die beiden Vermissten sollen einem Ermittler zufolge erschossen worden sein.

«Auch wenn wir noch die endgültigen Bestätigungen abwarten, beendet dieser tragische Ausgang unsere Ängste und Qualen, nicht zu wissen, wo Dom und Bruno sind», schrieb Alessandra Sampaio, die Frau von Dom Philipps, in einer Mitteilung. «Jetzt können wir sie nach Hause bringen und mit Liebe verabschieden.» Zudem beginne die Suche nach Gerechtigkeit.

Polizisten bergen menschliche Überreste im Amazonasgebiet in Säcken, nachdem einer der Verdächtigen ein Geständnis abgelegt hat.
Polizisten bergen menschliche Überreste im Amazonasgebiet in Säcken, nachdem einer der Verdächtigen ein Geständnis abgelegt hat.
KEYSTONE/AP Photo/Edmar Barros

Spekulationen über Motiv für mutmassliches Verbrechen

Die Indigenen-Vereinigung des Javari-Tals beklagte den «unschätzbaren Verlust» von «zwei Partnern». Es waren vor allem die Indigenen der Region gewesen, die die Suche nach den Vermissten von Anfang an vorangetrieben hatten. Der Fundort liegt laut Polizei gut drei Kilometer von dort entfernt, wo persönliche Gegenstände von Dom Phillips und Bruno Pereira gefunden wurden.

Das Motiv für das mutmassliche Verbrechen blieb zunächst noch unklar. Regionale Medien spekulierten, Phillips und Pereira könnten Opfer eines Hinterhalts im Auftrag von Drogenhändlern geworden sein. Ein weiterer Ermittlungsstrang nimmt den Zusammenhang mit illegalem Fischfang und der Jagd in den Blick.

Phillips und Pereira waren nach Angaben einer regionalen Ureinwohner-Organisation nicht wie geplant am 5. Juni mit dem Boot in der Stadt Atalaia do Norte angekommen. Zuvor hatte Pereira bei der Polizei gemeldet, mehrmals bedroht worden zu sein. Er hatte illegale Machenschaften im Vale do Javari für die Behörden aufgezeichnet.

Gut eine Woche nach dem Verschwinden der Männer waren laut Medien persönliche Gegenstände von ihnen gefunden worden. Am Mittwoch war ein zweiter Verdächtiger festgenommen worden. Er ist Fischer und Bruder des bis dahin einzigen festgenommenen Verdächtigen.

Javari-Tal ist eine der gefährlichsten Amazonas-Gegenden

Das Javari-Tal ist mit einer Fläche etwas grösser als Österreich eines der grössten indigenen Gebiete Brasiliens. Viele Indigene leben dort isoliert. Das Grenzgebiet zu Peru und Kolumbien ist durch illegale Goldsuche, Abholzung, Jagd und illegalen Fischfang sowie Drogenschmuggel zudem besonders konfliktreich.

«All dies hat mit der systematischen Schwächung der Indigenen- und Umweltbehörden sowie der Bundespolizei durch die Regierung gigantische Ausmasse angenommen», hiess es in einem Bericht des brasilianischen Fernsehens zu der Frage, weshalb das Javari-Tal zu einem der gefährlichsten Gegenden des Amazonasgebiets geworden sei.

«Brasilien befindet sich in einer Situation, die an Barbarei grenzt, und dieses Szenario kann nicht weiter fortschreiten», hiess es in einem Tweet von Greenpeace Brasilien.

Das Land ist der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge im Jahr 2020 das viertgefährlichste Land für Umweltschützer gewesen, 20 Naturschützer und Umweltaktivisten wurden getötet. Unter den Opfern waren in den vergangenen Jahren die US-Umweltaktivistin Dorothy Stang und der als «Hüter des Waldes» bekannte Aktivist Paulo Paulino Guajajara.

SDA/amo

Von Martina Farmbauer, dpa/amo