Wilde Schlägerei Proteste und Prügelattacke in Georgien gegen «russisches Gesetz»

dpa/AFP

16.4.2024 - 18:20

Vor dem Parlament in Tiflis versammelten sich Demonstranten.
Vor dem Parlament in Tiflis versammelten sich Demonstranten.
Bild: Keystone

In dem zwischen Russland und der EU hin und her gerissenen Schwarzmeerstaat Georgien gibt es neue Proteste. Prowestliche Kräfte kritisieren einen Gesetzentwurf, in dem sie russische Methoden sehen.

16.4.2024 - 18:20

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  • Im georgischen Parlament in Tiflis haben sich Abgeordnete während einer Debatte über das umstrittene Gesetz zu «Interessen ausländischer Mächte» am Montag eine Prügelei geliefert.
  • Auf Videobildern war zu sehen, wie ein Oppositionsmitglied einem Angehörigen der Regierungspartei einen Schlag gegen den Kopf versetzte, was eine Schlägerei zwischen mehreren Abgeordneten auslöste und zum Abbruch der Direktübertragung aus dem Parlament führte.
  • In der Hauptstadt protestierten unterdessen etwa ’000 Menschen gegen das Gesetz.

In der Südkaukasusrepublik Georgien haben prowestliche Demonstranten erneut gegen ein als «russisch» kritisiertes Gesetz für mehr Kontrolle über die Zivilgesellschaft protestiert. Bis zu 20’000 Menschen versammelten sich in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) am Montag vor dem Parlament, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Es habe mehrere Festnahmen gegeben. Ein Ausschuss bewilligte den Entwurf über das Gesetz zur Offenlegung ausländischer Finanzierungen bei Nichtregierungsorganisationen, bevor er an diesem Dienstag in erster Lesung verabschiedet werden soll.

Ein Abgeordneter der Opposition schlug bei einer Prügelattacke aus Protest gegen das Vorhaben mit der Faust auf den Fraktionschef der Regierungspartei Georgischer Traum, Mamuka Mdinaradse, ein. Kurz danach gingen Abgeordnete auf den Schläger los. Die Proteste, die schon am Morgen begonnen hatten mit einigen Hunderten Menschen, verliefen weitgehend friedlich. 

Sorge vor «Sowjetisierung»

Die prowestliche Präsidentin Salome Surabischwili kritisierte, dass die Polizei Wasserwerfer auffuhr, während die Bürger für ihre europäische Zukunft eintraten. «Georgien wird sich keiner neuen Sowjetisierung ausliefern», sagte sie mit Blick auf die kommunistische Diktatur der Sowjetunion, als Moskau das Sagen hatte in dem Land.

Die Regierungspartei wies zuletzt immer wieder zurück, dass es sich um ein Gesetz nach russischem Vorbild handele. Das sei reine Desinformation, hiess es. Nach einem Besuch in Deutschland und Gesprächen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) informierte Regierungschef Irakli Kobachidse am Montag auch westliche Botschafter über das Gesetz, das nach seinen Angaben allein georgischen Interessen diene.

Kobachidse hatte beim Treffen mit Scholz vorige Woche in Berlin erklärt, das Gesetz stehe «in vollem Einklang mit allen Rechtsprinzipien und Grundrechten». Scholz stellte sich klar gegen das Gesetz: «Wir hoffen, dass dieses Gesetz jetzt so nicht beschlossen wird.» Die gesamte EU sehe es kritisch. «Wir glauben, dass es solche Gesetze nicht braucht.»

Massive Strassenproteste

In Russland gibt es ein umstrittenes Gesetz gegen sogenannte ausländische Agenten, das Organisationen oder Personen als Marionetten des Westens stigmatisiert, wenn sie Geld für ihre Arbeit von dort erhalten. Das Gesetz wird vor allem genutzt, um Andersdenkende politisch zu verfolgen.

In Georgien hängen viele Projekte der Zivilgesellschaft an westlichen Geldtöpfen. Kritiker des Gesetzes werfen der georgischen Regierung vor, prowestliche Kräfte in dem Land schwächen zu wollen. Alle Nichtregierungsorganisationen, die zu mehr als 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, sollen nach dem Gesetzentwurf einmal im Jahr Rechenschaft ablegen müssen. Die Regierung will so «einen Einfluss auf politische Entwicklungen in Georgien» von aussen verhindern.

Nach massiven Strassenprotesten in der Hauptstadt Tiflis zog das Parlament das Gesetz 2023 zurück. Unter Kobachidse, der seit Februar im Amt ist, wurde das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Kritikern zufolge könnte es Georgiens EU-Perspektive gefährden. Die Ex-Sowjetrepublik ist seit Dezember offiziell ein EU-Beitrittskandidat.

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