Naturgewalten 1,8 Millionen Menschen in der Schweiz wohnen gefährlich

toko

16.12.2023

Hier soll nie mehr gewohnt werden. Die Behörden wollen alle Gebäude in der roten Erdrutschzone in Schwanden GL abreissen lassen. 
Hier soll nie mehr gewohnt werden. Die Behörden wollen alle Gebäude in der roten Erdrutschzone in Schwanden GL abreissen lassen. 
sda (Archivbild)

Nach dem Erdrutsch darf niemand mehr im betroffenen Gebiet in Schwanden GL wohnen. Auch andernorts drohen in der Schweiz Naturgefahren: Rund 1,8 Millionen Menschen leben in einer Gefahrenzone.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die 40 vom Erdrutsch betroffenen Bewohner in Schwanden GL können nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren.
  • Für viele Menschen in der Schweiz sind Naturgefahren Alltag. 1,8 Millionen Menschen leben in einer Gefahrenzone.
  • In der häufig von Hochwasser betroffenen Region um den Sarnersee sind die Menschen an die Situation fast schon gewöhnt. Ab 2025 soll ein Stollen Abhilfe schaffen.

Nun ist es amtlich: Das vom Erdrutsch betroffene Gebiet in Schwanden GL ist unbewohnbar, die Gefahr von weiteren Ereignissen ist zu gross. Nie wieder sollen dort Menschen wohnen. 

Das Drama in Schwanden führt einmal mehr vor Augen, wie gefährdet viele Menschen in der Schweiz leben. Etwa 1,8 Millionen Menschen in der Schweiz leben in Gefahrenzonen, wie es in einem Bericht von «10vor10» des SRF heisst.

«Die Leute haben ihre Dinge in die Höhe geräumt»

Etwa in Sachseln im Kanton Obwalden: Alleine in den letzten 20 Jahren ist der Sarnersee etwa 30 Mal über die Ufer getreten, für die Menschen also fast schon Alltag. «Die Leute haben ihre Dinge in die Höhe geräumt», sagt Gemeindepräsident Knut Hackbarth dem Sender. Die Garagen seien so leer, dass möglichst wenig Schäden entstünden.

Warum es in dem Gebiet überhaupt eine Siedlung gibt, weiss auch er nicht. «Das ist mir nicht bekannt», sagt er und vermutet historische wie auch allzu aktuelle Entwicklungen. «Es ist ein Teil Geschichte und zum Teil auch, wie viel Wasser mehr man plötzlich verkraften muss wie vielleicht vor 100 oder 200 Jahren, weil die Ereignisse extremer werden.»

Stollen soll Region entlasten

Die Gefahrenlage schlägt sich auch in der Bauordnung in Sachseln nieder. Wohnräume etwa müssen vier Meter über Boden gebaut sein. Der Architekt Ernst Spichtig, selbst dort lebend, sagt: «Man geht nie ins Riet zum Wohnen oder Bauen. Das ist ein Grundsatz.» Selbstkritisch fügt er hinzu: «Damals machte der Kanton dort aber ein Baugebiet, man könne dort bauen. Das haben wir als Architekten gerne angenommen.»

Immerhin: Die Region um den See solle entlastet und ein Stollen gebaut werden, mit dem man ab 2025 Wasser ablassen kann, heisst es in dem Bericht.

Und was sagt die Forschung? Christoph Hegg von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) bringt es auf die durchaus einfache Formel: «Wenn ein brutaler Prozess droht, wie ein Rutschgang oder eine schwere Lawine, und man so ein Gebäude nicht so bauen kann, dass die Leute darin nicht gefährdet sind, dann macht das keinen Sinn», sagt er.

Die Rheinschlucht bei Flims.
Die Rheinschlucht bei Flims.
imago / blickwinkel

Flimser Bergsturz

Welche gewaltigen Kräfte Naturgewalten freisetzen und damit die Landschaft verändern können, lässt sich nahe Flims beobachten. Der Flimser Bergsturz aus prähistorischer Zeit (vor rund 9400 Jahren) ist das grösste Bergsturzereignis in den Alpen und eines der grössten bekannten Ereignisse weltweit.

Die Gesteinsmassen waren so gewaltig, dass sie in einem breiten Trogtal den Vorderrhein aufstauten und und für einige Zeit ein Stausee entstand. Der Rhein wird noch sehr lange brauchen, bis er auf dem ursprünglichen Talgrund angelangt ist.