Privater Pikettdienst ist KonkursHausärzten im Aargau drohen jetzt 36-Stunden-Schichten
smi
1.12.2023
Im Kanton Aargau können die Hausärzt*innen den ambulanten Notfalldienst nicht mehr stemmen. Der Grund: Die Mobile Ärzte AG hatte während Jahren den Pikettdienst übernommen. Doch die ist Konkurs.
smi
01.12.2023, 19:23
smi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Kanton Aargau sucht nach einem Ersatz für die Mobile Ärzte AG, die unter anderem jahrelang den ambulanten Notfall übernommen hatte.
Die Mobile Ärzte AG hat Mitte November Konkurs angemeldet.
Das Gesetz verpflichtet Hausärzt*innen dazu, gelegentlich Pikett-Notfalldienste zu übernehmen. Für praktizierende Hausärzt*innen könnte das in 36-Stunden-Schichten münden, warnt der Aargauische Ärzteverband.
Wenn in der Nacht das dringend benötigte Schmerzmittel ausgeht, wenn jemand nicht mehr aufstehen kann oder ein anderes medizinisches Problem besteht, das sehr wahrscheinlich keine Hospitalisierung nötig macht: Dann ist der ambulante Notfalldienst gefragt.
Im Kanton Aargau führte während mehrerer Jahre das Unternehmen Mobile Ärzte diesen Dienst aus. Dessen Angestellte übernahmen zudem amtsärztliche Tätigkeiten wie das Ausstellen von Totenscheinen, beurteilten, ob die Polizei eine Person vernehmen oder verhaften kann oder ob eine Person fürsorgerisch in die Psychiatrie eingewiesen werden muss.
Doch Mitte November meldete die im Kanton Basel-Stadt domizilierte Firma Konkurs an. Im Aargau hinterlässt sie eine besonders grosse Lücke.
Allerdings ist in den letzten Jahren auch immer wieder Kritik aufgekommen an der Art, wie die Mobilen Ärzte praktizierten. Es kämen Mediziner*innen zum Einsatz, die schlecht Deutsch sprächen und die hiesige Kultur nicht kennen würden, zitiert SRF die Präsidentin des Gesundheitsverbands Aargau Vaka. Die Sendung «Kassensturz» hat in einem Bericht die schlechten Arbeitsbedingungen der Angestellten aufgedeckt.
Kein Nachfolger für den ambulanten Notfalldienst
Mit den amtsärztlichen Aufgaben hat der Kanton inzwischen die Oseara AG beauftragt. Diese ist besonders in der medizinischen Untersuchung und Abklärung von Asylsuchenden aktiv. Für den ambulanten Notfalldienst hat der Kanton Aargau hingegen noch keinen Nachfolgeregelung gefunden.
Das Gesetz verpflichtet Hausärzt*innen, Pikettdienst zu leisten. Diese Pflicht entfiel in den letzten Jahren, weil die Mobilen Ärzte diese Einsätze übernahmen. Doch nun müssen wieder die Hausärzt*innen ausrücken.
Der Aargauische Ärzteverband schlägt nun Alarm: Müssten praktizierende Hausärzt*innen den Pikettdienst wieder übernehmen, drohten ihnen 36-Stunden-Schichten, da sie tagsüber in ihren Praxen gefordert seien. Solche überlangen Einsätze seien weder den Mediziner*innen zuzumuten, noch im Sinne der Patient*innen, zitiert die «Aargauer Zeitung» aus einem am Donnerstag veröffentlichten Communiqué.
Ist keine Hausärztin verfügbar, kommt die Ambulanz
Hinzu komme, dass nächtliche Hausbesuche nur im Zweierteam möglich seien. Das sei beim gegenwärtigen Ärztemangel nicht zu stemmen. In ersten Bezirken brächen die Notfallstrukturen bereits zusammen, schreibt der Ärzteverband weiter. Der Pikettdienst führe zu Spannungen unter den Hausärzt*innen, die der Kanton so dringend benötige.
Entwarnung gibt der Ärzteverband bezüglich der Versorgung. Die Abdeckung sei für alle zu jeder Zeit gegeben. Wenn kein Hausarzt oder keine Hausärztin für einen Hausbesuch verfügbar sei, komme stattdessen die Ambulanz ein. Die Patient*innen würden dann auf die ebenfalls überlasteten Notfallstationen abgewälzt.
Die Direktion Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau hat eine Taskforce gebildet und bietet dem Ärzteverband an, ihm bei der Erarbeitung einer Lösung beizustehen.