Neue Wirkstoffe durchlaufen zahlreiche Tests, auch an Tieren. Die Anzahl Tierversuche liesse sich mit einer besseren Vorauswahl reduzieren. Hierbei können Amöben helfen, wie ein Genfer Forschungsteam zeigen konnte. Dafür erhält es nun einen Preis.
Tierversuche reduzieren, aussagekräftiger machen und wann immer möglich ersetzen, oder auf Englisch: «reduce, refine, replace» – das ist das sogenannte «3R-Prinzip» und Ziel zahlreicher Forschungsgruppen, die an alternativen Testmöglichkeiten für neue Wirkstoffkandidaten arbeiten. Die Universität Genf zeichnet solche Projekte ihrer Forschenden mit einem «3R-Preis» aus und macht dadurch auf spannende Forschungsprojekte aufmerksam.
So auch bei der Arbeit von Thierry Soldati und seinem Team, die sich dieses Jahr über die Auszeichnung freuen dürfen. Die Forschenden entwickelten eine Methode, um mögliche neue Antibiotika-Kandidaten an infizierten Amöben vorab zu testen. Dies reduziere die Anzahl notwendiger Tests an Mäusen erheblich, schrieb die Uni Genf. Die Methode beschrieben die Forschenden bereits 2018 im Fachblatt «Scientific Reports».
Amöben ähneln Immunzellen
Bakterien werden zunehmen immun gegen Antibiotika. Ein Beispiel ist der Tuberkulose-Erreger, dem immer schwieriger mit vorhandenen Medikamenten beizukommen ist. Neue Wirkstoffe müssen her. Die Pharmaforschung testet neue Substanzen dabei zunächst an den Tuberkulose-Bakterien selbst. Allerdings versagen die meisten Wirkstoffkandidaten im nächsten Schritt, bei Tests mit Zellen und Mäusen, weil sich die Bakterien in diesen Fällen anders verhalten.
Um diese Substanzen bereits auszusortieren, bevor die Tests an Mäusen anstehen, setzten Soldati und sein Team auf Amöben. Amöben sind einzellige Lebewesen, die beispielsweise im Waldboden vorkommen. In gewisser Weise ähneln sie bestimmten Zellen des menschlichen Immunsystems, Makrophagen genannt. Sowohl die Immunzellen als auch die Amöben können vom Tuberkulose-Erreger infiziert werden.
Mit ihrer Forschung lieferten Soldati und seine Mitarbeitenden den Nachweis, dass sich infizierte Amöben eignen, die vielversprechendsten Wirkstoffkandidaten auszuwählen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bei Tierversuchen ihre antibakterielle Wirkung entfalten.
Nur fünf Prozent der Stoffe wirksam
In ihren Studien testeten die Forschenden 180 Kandidaten-Substanzen gegen Tuberkulose, die alle gegen die Bakterien allein wirksam waren. Allerdings erwiesen sich nur fünf Prozent auch bei den infizierten Amöben als effektiv. Dadurch liesse sich die Anzahl benötigter Versuchstiere für den nächsten Schritt – Tests an infizierten Mäusen – somit erheblich reduzieren.
«Unsere Forschung fokussiert nun auf die Auswahl natürlicher Substanzen, die oft in Arzneipflanzen vorkommen und in der traditionellen Medizin Verwendung finden», erklärte Soldati gemäss der Mitteilung. Die Forschenden hoffen mithilfe ihrer Amöben-basierten Methode die Entwicklung neuer effizienter Antibiotika voranzutreiben.
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