E-Auto-Fahrer nutzen Strassen gratis «Auch Fussgänger und ÖV-Nutzer*innen sollen zahlen»

Von Alex Rudolf

1.7.2022

EU-Umweltminister: Ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen

EU-Umweltminister: Ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen

STORY: Die EU-Staaten wollen ab 2035 nur noch Neuwagen ohne CO2-Emissionen zulassen. Darauf einigten sich die Energie- und Umweltminister der EU in der Nacht zum Mittwoch. Dazu sollen auch Fahrzeuge zählen, die mit sogenanntem E-Fuels fahren, das klimaneutral etwa mit Ökostrom hergestellt werden soll. Obwohl der Trend klar zum E-Auto geht, wollte vor allem die deutsche Industrie zumindest teilweise die Option für den Einsatz von Verbrennern mit E-Fuels offen halten. Bis 2030 soll der Ausstoss des klimaschädlichen Gases durch neue Pkw um 55 Prozent reduziert werden, wie der Rat der Europäischen Union mitteilte. Die Minister beschlossen bei ihrem zweitägigen Treffen weitere Klimaschutzvorgaben auf Basis des «Fit-for-55»-Pakets der EU-Kommission, mit der die EU ihre Klima-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent senken und damit die Vorgaben des Pariser Weltklimaabkommens einhalten will. Das endgültige Massnahmenpaket muss nun mit dem EU-Parlament ausgehandelt werden. Dafür sei das zweite Halbjahr 2022 vorgesehen, erklärten Wirtschaftsministerium und Umweltministerium.

02.07.2022

Ab 2030 sollen auch E-Auto-Fahrer zur Kasse gebeten werden. Der Verband Auto Schweiz fordert bei dieser Gelegenheit gleich eine grundlegende Erneuerung des Systems.

Von Alex Rudolf

Die Schweizer Strassen werden zur Hälfte mit den Erträgen aus Benzin- und Dieselsteuern finanziert. Wer ein Elektroauto fährt, benutzt die Infrastruktur bislang gratis. Dies soll sich nun ändern. Künftig sollen auch jene, die mit alternativem Antrieb fahren, stärker belastet werden.

Eine Ersatzabgabe pro Kilometer sei eine Option, liess der Bundesrat jüngst mitteilen. Geprüft werden verschiedene Systeme. Zur Erhebung dieser Steuer braucht es eine Verfassungsänderung, über die das Volk noch befinden muss.

Dass sich die Besitzer*innen von E-Autos auch bei den Kosten für die Infrastruktur beteiligen, sei sicher fair, sagt Marionna Schlatter. Die Zürcher Nationalrätin der Grünen sagt zu blue News weiter: «Elektroautos sind bessere Autos, aber sie sind noch immer Autos.»

Auf die Umsetzung komme es an

Auch Andreas Burgener, Direktor von Auto Schweiz, findet den Vorschlag des Bundes fair und hatte ihn auch erwartet. «Jeder soll für die Infrastruktur aufkommen, die er in Anspruch nimmt.» Es komme darauf an, wie die Massnahme genau umgesetzt wird.

«Ohne eine Verlagerung zum ÖV, zum Velo und zum Fussverkehr schaffen wir das nicht.»

Marionna Schlatter

Nationalrätin Grüne/ZH

Der Teufel liege in den Details, die nun erarbeitet würden. So fliesst ein Teil der Einnahmen aus der Mineralölsteuer direkt in die Bundeskasse. «Hierbei sollen alle gleich behandelt werden. «Auch Fussgänger und ÖV-Nutzer*innen sollen zahlen», sagt Burgener.

Ein Elektro-SUV und ein Miet-E-Bike unterwegs in der Zürcher Innenstadt.
Ein Elektro-SUV und ein Miet-E-Bike unterwegs in der Zürcher Innenstadt.
KEYSTONE

Schlatter hätte sich gewünscht, dass man den Verkehr ganzheitlich betrachtet und nicht nur Anpassungen bei der Besteuerung von E-Autos macht. «Niemand spricht mehr über Mobility-Pricing oder von einer besseren Ausnützung der Verkehrsinfrastruktur», sagt sie. Damit der Schweizer Verkehr nachhaltig wird, würden diese Massnahmen nicht ausreichen. «Ohne eine Verlagerung zum ÖV, zum Velo und zum Fussverkehr schaffen wir das nicht.»

Auch die Schweiz brauche ein Verbot

Werden E-Autos nun unattraktiver? Dies ist unwahrscheinlich, da in der EU Verbrennungsmotoren ab 2035 verboten sind. Den Automobilist*innen bleibe also gar keine andere Wahl als der Umstieg. Schlatter will noch weiter gehen: «Es braucht ganz klar auch in der Schweiz ein Verbot.» Nur dies gebe dem Markt eine Planungssicherheit.

Der E-Auto-Markt erlebe derzeit ein Wachstum, nicht zuletzt wegen der Hersteller, die ihre Emissionsziele einhalten müssen, sagt Burgener. Dass die Nachfrage nach Elektroautos einen Knick bekommt, kann er sich nicht vorstellen.