Reform der Medikamentenpreise Ausgerechnet günstige Mittel könnten massiv teurer werden

uri/SDA

17.1.2023

Bei günstigeren Medikamenten müssen Konsument*innen womöglich tiefer ins Portemonnaie greifen.
Bei günstigeren Medikamenten müssen Konsument*innen womöglich tiefer ins Portemonnaie greifen.
Archivbild: Keystone

Mit einer Reform will Bundesrat Alain Berset Arzneimittel-Kosten senken. Kritiker bemängeln, dass dann aber ausgerechnet günstige Medikamente wie Schmerzmittel oder Nasensprays deutlich teurer werden.

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17.1.2023

Günstige rezeptpflichtige Medikamente werden durch die von Gesundheitsminister Alain Berset geplante Kostensenkung von Arzneimittel teilweise doppelt so teuer. Dazu zählen Präparate wie Nasensprays oder Schlafmittel, wie der Krankenkassenverband Santésuisse den Tamedia-Medien sagte.

Ursächlich für die Preissteigerungen ist laut dem Bericht ausgerechnet ein paradox wirkender Effekt der geplanten Reform, die eigentlich Mittel aus dem Hochpreissegment günstiger machen soll.

Grund für die ungewünschte Preissteigerung bei den kostengünstigeren Medikamenten ist demnach eine «komplexe politische Formel», die die Preise der Medikamente bestimmt, so die Tamedia-Titel.

Arzneimittel mit Fabrikpreis unter 15 Franken werden teurer

So setze sich der Betrag, den man in der Apotheke für eine Arnzeimittel-Packung bezahle, aus mehreren Komponenten zusammen. Dabei handle es sich zum einen Fabrikabgabepreis der Hersteller, und andererseits um genau festgelegte Zuschläge für die Apotheken und andere Glieder in Lieferkette.

Im Fall von rezeptpflichtigen Arzneien gelte dabei die Regel, dass die Zuschläge umso höher ausfallen, je höher der ursprüngliche Fabrikabgabepreis ist. Aus diesem Grund bestünde für Apotheken derzeit auch ein Anreiz, möglichst teure Medikamente zu verkaufen.

Um zu bewirken, dass Händler künftig mehr günstige Generika anstatt teurer Originalpräparate verkaufen, wolle das EDI die Koppelung der Zuschläge an den Fabrikpreis nun lockern.

Allerdings habe die Reform für günstige Arzneimittel mit einem Fabrikpreis von unter 15 Franken gegenteilige Folgen für Konsumenten. Hier würden die neu definierten Zuschläge dann allesamt höher liegen als bislang.

Der stellvertretende Direktor von Santésuisse, Christoph Kilchenmann, rechnet bei einer Umsetzung der Reform zwar mit Einsparungen von einem Zehntel, denn sehr teure Arzneien würden dabei günstiger.

Deutlicher Aufschlag etwa beim Nasenspray

Allerdings bemängelt er, dass mehr als die Hälfte aller Medikamente teurer werde, wobei der Aufschlag bei Präparaten mit einem Fabrikabgabepreis von acht bis elf Franken besonders hoch ausfalle. Diese hohen Zuschläge im Tiefpreissegment würden den Einspar-Effekt dann weitgehend wieder zunichtemachen, so Kilchenmann.

Eines seiner Beispiele betrifft etwa ein gängiges Nasenspray gegen Entzündungen und Allergien, das bislang in der Apotheke 19.55 Franken kostet und künftig auf 27.15 Franken komme.

Zudem treffe es bei den günstigeren Medikamenten gerade die Konsumentinnen und Konsumenten, so der Santésuisse-Vize. Wegen Selbstbehalt und Franchise müssten sie nämlich gerade jene Arzneimittel in der Regel selbst bezahlen, die nun teurer würden.

Für weniger dramatisch hält Pius Zängerle, Direktor des Krankenkassenverbands Curafutura, die Preissteigerungen der Reform. Er rechnete in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» lediglich mit moderaten Preissteigerungen von wenigen Franken bei den günstigen Medikamenten. Das sei «vertretbar», wie er sagte.