Möglicherweise kommen Bäume mit der Klimaerwärmung besser klar als gedacht. Zu einem gewissen Mass können sie sich nämlich an neue Bedingungen anpassen. Und die «Erinnerung» an diese Anpassung sogar an ihre Nachkommen weitergeben, wie WSL-Forschende zeigen.
Im Zuge des Klimawandels geraten einige Baumarten in der Schweiz unter Druck. Trockene Sommer wie 2018 dürften immer häufiger werden. Abgestorbene Bäume zeichneten in der Folge die Wälder in der Schweiz und anderen Ländern. Manche empfindlichen Baumarten wie die Fichte dürften über kurz oder lang aus tieferen Lagen verschwinden.
Nun regt sich jedoch Hoffnung, dass sich Waldbäume vielleicht doch besser an den Klimawandel anpassen könnten als bisher vermutet: Sofern die trockenen Bedingungen nicht so extrem werden wie 2018, können sich Bäume anpassen, indem sie mehr Wurzeln bilden. Und – anders als bisher vermutet – die «Erinnerung» an diese Anpassung an ihre Nachkommen vererben, wie Wissenschaftler im Fachblatt «Plant, Cell & Environment» berichten.
Angepasste Eltern, angepasster Nachwuchs
Nachweisen konnten dies Forschende um Arun Bose und Arthur Gessler von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) erstmals anhand eines Experiments, das sich an einen Langzeitversuch anschloss: Im Pfynwald im Wallis, wo Föhren unter extrem trockenen Bedingungen wachsen, bewässern WSL-Forschende seit 2003 bestimmte Parzellen des Waldes. Bei einem Teil davon stellten sie die Bewässerung nach zehn Jahren wieder ein.
Bose und seine Kollegen sammelten Zapfen von den verschiedenen Parzellen und entnahmen diesen Samen, die sie teils in einem Gewächshaus unter verschiedenen Bedingungen, teils im Freien im Pfynwald auf den unterschiedlich bewässerten Parzellen aussäten.
Das Ergebnis im Gewächshaus war eindeutig, wie die WSL in einer Mitteilung vom Donnerstag schrieb: Die Nachkommen von Bäumen, die an Trockenheit gewöhnt waren, bildeten mehr Wurzeln und gediehen deutlich besser mit wenig Wasser. Bei ausreichender Wasserversorgung hatten jedoch die Nachkommen der Bäume von bewässerten Flächen die Nase vorn. Sie bildeten wie ihre «Eltern» mehr Nadeln und konnten deshalb bei guten Bedingungen besser wachsen.
Dies sei der erste Nachweis, dass Elternbäume Umweltinformationen an ihre Nachkommen weitergeben, die dadurch besser mit den Lebensbedingungen klarkommen, liess sich Gessler in der Mitteilung zitieren. «Die Nachkommen sind von Anfang an auf die Situation vorbereitet.» Andere Erklärungen wie grössere Energiereserven in den Samen konnten die Forschenden ausschliessen.
Das Erbgut lernt
Die Anpassung der Bäume an Umweltbedingungen beruht auf den gleichen Mechanismen wie bei anderen Pflanzen und Tieren: Kleine chemische Anhängsel an das Erbgutmolekül DNA, genauer gesagt Methylgruppen, steuern die Aktivität von Genen. Die Umwelt prägt dabei zu einem gewissen Grad das Muster dieser Methylgruppen und in der Folge auch, wie stark verschiedene Gene abgelesen werden. Das Erbgut kann auf diese Weise quasi «lernen», ohne dass sich die eigentliche Erbgutsequenz ändert.
Lange ging man davon aus, dass dieses «Erlernte» von einer Generation zur nächsten komplett gelöscht werden. Erst in jüngerer Zeit entdeckten Wissenschaftler Mechanismen, die zeigen, dass es doch eine gewisse Weitergabe dieser sogenannten epigenetischen Markierungen gibt. Durch ihre Studie konnten die WSL-Forschenden dies nun auch erstmals für Waldbäume nachweisen – zwar nicht auf Ebene des Erbguts, aber anhand der Ausprägung von Merkmalen der Jungpflanzen. Ob das vererbte «Gedächtnis» der Bäume tatsächlich auf DNA-Methylierung beruht, untersuchen derzeit Forschende an anderen Institutionen.
Anpassungen an neue Bedingungen im Rahmen der Evolution, also auf Ebene der Erbgutsequenz selbst, bräuchten deutlich länger, nämlich mehrere Generationen. Bei langlebigen Organismen wie Bäumen bräuchte diese Form der Anpassung viel zu lang im Vergleich zur Geschwindigkeit, mit der sich im Rahmen des Klimawandels die Bedingungen ändern.
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