Negativer Asyl-EntscheidSchweiz will Iranerinnen trotz Unruhen zurückschicken
Von Alex Rudolf
27.10.2022
Iraner versammeln sich an Aminis Grab zum Ende der Trauerzeit
Genau 40 Tage ist es her, dass die 22-jährige Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die iranische Sittenpolizei in Teheran unter bis heute ungeklärten Umständen gestorben ist. Zum Ende der traditionellen Trauerzeit im Iran wollen dutzende Mensche
26.10.2022
Iraner*innen, die in der Schweiz ein Gesuch auf Asyl stellen, können bei einem negativen Entscheid zurückgeführt werden. Die Proteste stellen keinen Grund dar, diese Praxis zu sistieren.
Von Alex Rudolf
27.10.2022, 19:06
27.10.2022, 20:08
Alex Rudolf
Die Proteste im Iran reissen nicht ab. Seit dem Tod von Mahsa Amini in Polizeigewahrsam Mitte September gehen Menschen auf die Strasse.
Menschenrechtsorganisationen nehmen an, dass bisher über 240 Personen getötet und über 12'000 festgenommen wurden. Expert*innen wie der schweizerisch-iranische Historiker Kijan Espahangizi gehen im «Blick» davon aus, dass das Regime vor dem Kollaps steht. Das Chaos ist riesig.
Was geschieht mit Iraner*innen, deren Asylgesuch abschlägig beantwortet wurde? Diese werden zurück in den Iran gebracht, sagt ein Sprecher des SEM auf Anfrage von blue News. «Die Proteste im Iran stellen momentan keine Situation allgemeiner Gewalt (...) dar», erklärt Samuel Wyss. Der Vollzug einer Wegweisung sei also allein aufgrund der Proteste nicht unzumutbar.
Umfrage
Asylsuchende Iran
In der Schweiz wird als Flüchtling anerkannt, wer aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit einer sozialen Gruppe oder wegen politischer Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist. Als solche Nachteile gelten etwa die Gefährdung des Lebens oder der Freiheit. Oder Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken.
«SEM beobachtet die Lage im Iran»
Die momentanen Unruhen im Iran werden vom SEM offenbar nicht als solche Gefährdungen eingestuft. «Das SEM beobachtet die Lage im Iran laufend aufmerksam und passt seine Praxis entsprechend an», sagt Wyss weiter.
Iranische Asylsuchende, die nachweisen können, dass sie aufgrund einer Teilnahme an regimekritischen Protesten – egal ob in der Schweiz oder im Iran — verfolgt werden, erhalten bereits heute den Flüchtlingsstatus. «Diese Praxis gilt auch für die aktuellen Proteste», so Wyss.
Die schweizerische Flüchtlingshilfe betont, dass bei Asylsuchenden aus dem Iran besondere Vorsicht geboten ist. «Die Gesuche iranischer Staatsangehöriger müssen sehr detailliert geprüft werden, um alle Personen mit einem Risikoprofil zu identifizieren», sagt Sprecher Lionel Walter auf Anfrage.
Denn: «Menschen sind nicht nur wegen Teilnahme an Demos gefährdet, sondern es gibt verschiedene Gefährdungsprofile», sagt er. Darunter fallen laut dem Factsheet der Organisation auch Frauen und Mitglieder der LGBTIQ-Community.
Wie viele Menschen waren seit Mitte September effektiv von dieser Praxis betroffen? «Im Jahr 2022 wurden bisher keine abgewiesenen iranischen Asylsuchenden in den Iran zurückgeführt», sagt Wyss.