SRF-Frau Simona Caminada«Berlusconi verstand es, sich als Mann des Volkes zu präsentieren»
Von Alex Rudolf
12.6.2023
Silvio Berlusconi ist verstorben. Was hinterlässt der ehemals mächtigste Mann Italiens seinem Land? SRF-Korrespondentin Simona Caminada gibt Auskunft.
Von Alex Rudolf
12.06.2023, 20:56
Alex Rudolf
Was hinterlässt der verstorbene Silvio Berlusconi dem Land?
Silvio Berlusconi hat Italien zweifelsohne geprägt. Er brachte dem Land den politischen Populismus und das private Fernsehen und 2011, nach seiner Zeit als Regierungschef, hat Berlusconi ein Italien hinterlassen, welches wirtschaftlich schlecht dastand.
Was war Silvio Berlusconis Erfolgsrezept?
Berlusconi verstand es, sich als Mann des Volkes zu präsentieren, obwohl er ganz klar zur politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes gehörte. Er hat es geschafft, dass die Menschen ihn sympathisch fanden, ihn als einen von ihnen sahen. Und er verstand es, sich scheinbar der Sorgen und Nöte der Italienerinnen und Italiener anzunehmen und ihnen mit Versprechungen Hoffnung zu schenken – auch wenn kaum eine seiner vielen Versprechungen, wie etwa tiefere Steuern oder höhere Renten, je umgesetzt wurden.
Seit vergangenem Sommer ist Simona Caminada Korrespondentin für Italien des Schweizer Radio und Fernsehens. Sie hat einen Bachelor of Arts der Universität Zürich in den Fächern Publizistik- und Kommunikations- sowie Filmwissenschaften. Anschliessend absolvierte sie ein Studium an der Universität Hamburg und am Medienausbildungszentrum MAZ in Luzern mit dem Abschluss Master of Arts in Journalism. Zwischen 2016 und 2022 war sie TV-Korrespondentin für den Kanton Graubünden sowie aushilfsweise für den Kanton Tessin tätig.
Was hat die Leute an ihm fasziniert?
Silvio Berlusconi war ein Meister der Inszenierung. Er verstand es, sich in Szene, sich in den Mittelpunkt zu setzten. Er fing klein an und hat sich zu einem grossen Player in der Wirtschaft des Landes entwickelt und es an die politische Spitze in Italien geschafft. Einer, der sich hochgearbeitet hat und sich stets mit einem Lächeln im Gesicht präsentierte – egal wie gross der Skandal gerade war.
Wie hat er das Medienverhalten der Italiener*innen geprägt?
Durch sein Medienimperium konnte Berlusconi die Berichterstattung über seine Person massiv beeinflussen. So konnte er sich so darstellen lassen, wie es ihm passte. Er hat «seine» Medien zu seinen Gunsten genutzt. Zum Beispiel indem er die Justiz diskreditierte oder sich als Verfolgter darstellte. Das hatte sicherlich einen grossen Einfluss auf die Wahrnehmung der Italienerinnen und Italiener.
Meloni ist eine Ziehtochter von Berlusconi. Unter ihm wurde sie auch zur Jugendministerin ernannt und war Teil eines seiner Regierungsteams. Berlusconi hat als Ministerpräsident auch erstmals die ehemaligen Neofaschisten der «Alleanza Nazionale» in der Regierung beteiligt. Heisst, er hat sozusagen die extreme Rechte in Italien enttabuisiert.
Gibt es jemanden, der sein Erbe fortsetzt?
Seine fünf Kinder sind schon seit längerem in wichtigen Positionen seines Unternehmens integriert. Politisch allerdings ist unklar, wer das Erbe fortsetzt. Ob die Forza Italia auch ohne Berlusconi bestehen kann. Denn Berlusconi war nicht nur Gründer, Gesicht und Geldgeber – er war die Forza Italia. Es könnte sein, dass die Partei mit einer der anderen beiden Regierungsparteien fusioniert. Denn mit ihren 8 bis 9 Prozent Wähleranteil ist die Forza Italia mittlerweile zu klein, um alleine prägend zu sein.