RassismusBerufung gegen Freispruch für Ex-SVP-Nationalrat Perrin
SDA/tgab
23.2.2021 - 19:31
Gegen den Freispruch für den Neuenburger Ex-SVP-Nationalrat Yvan Perrin vom Vorwurf der Rassendiskriminierung hat Generalstaatsanwalt Pierre Aubert Berufung eingelegt. Er zieht den Fall ans Kantonsgericht weiter.
In ihrer Berufungserklärung vom 11. Februar, die am Dienstag vom Radiosender RTN veröffentlicht wurde, beantragt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des Urteils des Polizeigerichts vom 15. Juli 2020. Sie fordert eine Verurteilung von Perrin zu einer Geldstrafe von 90 Tagen mit einer Bewährung von zwei Jahren.
Der ehemalige Staatsrat wurde wegen Rassendiskriminierung strafrechtlich verfolgt, nachdem er sich im April 2019 auf Facebook abwertend über Muslime geäussert hatte. Seine Posts standen im Zusammenhang mit einem Artikel in der Zeitung «24 heures» über die Qatar Papers und die Muslimbruderschaft.
Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, dass dieser auf seinem virtuellen Anschlagbrett Kommentare Dritter, in denen zu Hass und Gewalt gegen Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit aufgerufen wurde, nicht gelöscht habe. Diese Kommentare seien für die breite Öffentlichkeit lesbar gewesen.
Perrin: Nur gegen Muslimbruderschaft
Perrin verteidigte sich, in dem er sagte, dass seine Kommentare an die Muslimbruderschaft, eine Bewegung, die als terroristisch gelte, und nicht an Muslime im Allgemeinen gerichtet gewesen seien.
Einzelrichter Bastien Sandoz befand, dass Aussagen von Dritten nicht Perrin zugewiesen werden könnten. Indem Perrin die Aussagen nicht gelöscht habe, habe er sie nicht aktiv verbreitet. Eine Verurteilung wegen der unterlassenen Löschung sei auf Grund der Gesetzeslage heikel.
Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass die Veröffentlichung von Perrins Kommentaren von einem grossen Teil der Internetnutzer «als Anklage gegen den Islam und die mit ihm verbundenen Personen und nicht gegen eine seiner extremen Formen» wahrgenommen wurde.
Früheres SVP-Zugpferd
Perrin galt währen mehreren Jahren als Aushängeschild und Hoffnungsträger der SVP in der Romandie. Er gehörte von 2003 bis 2013 dem Nationalrat an. Im Mai 2013 wurde er in den Neuenburger Regierungsrat gewählt, musste aber im Juni 2014 nach kurzer Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten.
Im Herbst 2019 wagte er ein Comeback. Nachdem er als Nationalratskandidat gescheitert war und die Neuenburger SVP ihren Sitz in der grossen Kammer verloren hatte, zog er sich aus der Politik zurück.