18. Juni Das musst du über die OECD-Mindeststeuer wissen

Von Alex Rudolf

24.4.2023

Finanzministerin legt Argumente für die OECD-Mindeststeuer vor

Finanzministerin legt Argumente für die OECD-Mindeststeuer vor

Stabile Rahmenbedingungen schaffen und Steuereinnahmen und Arbeitsplätze für die Schweiz sichern: Mit diesen Begründungen empfehlen Bundesrat und Parlament ein Ja zur Mindestbesteuerung von international tätigen Konzernen gemäss OECD und G20-Regeln.Finanzministerin Karin Keller-Sutter stellte am Montag in Bern die Argumente für ein Ja am 18. Juni vor. Umgesetzt werden soll die OECD/G20-Mindeststeuer auf der Grundlage einer Verfassungsänderung, über die Volk und Stände an der Urne entscheiden.

24.04.2023

Die Steuern für grosse Unternehmen sollen erhöht werden und die SP wehrt sich dagegen. Diese überraschende Ausgangslage bietet die Vorlage zur OECD-Mindestbesteuerung, über die das Volk am 18. Juni befindet.

Von Alex Rudolf

24.4.2023

Warum werden die Steuern erhöht?

Grosse Unternehmen müssen künftig mindestens 15 Prozent Steuern entrichten. Darauf einigten sich die 38 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gemeinsam mit weiteren 100 Staaten. In der Schweiz sollen nach Angaben des Bundes rund 2000 Unternehmen betroffen sein. Eine Zahl, die sich aber rasch verändern kann.

In der EU soll der neue Steuerstandard ab 2024 gelten, genauso wie in Grossbritannien, Kanada und Japan. Sagt das Volk am 18. Juni Ja zur Vorlage, kann auch die Schweiz ab nächstem Jahr mitziehen. 

Betroffen sind Unternehmensgruppen, die in mehr als einem Land tätig sind und einen Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro aufweisen. 

Priska Birrer-Heimo
Die Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo und Ständerat Matthias Michel (FDP/ZG) stellen vor den Medien die Arbeitsgruppe vor, die Indiskretionen aus dem Bundesrat im Zusammenhang mit der Pandemie untersuchen soll.
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Weil in der Bundesverfassung steht, dass steuerlich alle gleich behandelt werden sollen, diese Steuer aber nur für grosse Unternehmensgruppen gilt, braucht es eine Anpassung der Bundesverfassung.

Was ist, wenn sich ein Staat dagegen wehrt?

Entrichtet ein Unternehmen weniger als 15 Prozent Steuern, so soll es künftig von Drittstaaten besteuert werden können, bis die 15-Prozent-Hürde erreicht ist. Das heisst: Steuergelder, die eigentlich der Schweiz zustehen würde, könnten andere Länder erheben.

Wie viel Geld nimmt der Bund zusätzlich ein?

Mit der sogenannten Ergänzungssteuer für grosse, international tätige Unternehmen sollen laut Angaben des Bundes zwischen 1 und 2,5 Milliarden Franken eingenommen werden. Das Parlament hat beschlossen, dass davon 75 Prozent an die Kantone und 25 Prozent an den Bund fliessen soll. 

Wer sind die Gegner*innen und was sagen sie?

Wie eine Minderheit des Parlaments empfiehlt die SP ein Nein zur Vorlage. Der Grund ist, dass die Sozialdemokrat*innen denken, dass die Verteilung der Gelder ungerecht ist. Die Grünen entschieden sich für Stimmfreigabe, doch teilten sie Mitte März mit, dass man davon überzeugt sei, dass sämtliche Zusatzeinnahmen an den Bund fliessen sollen. Auch die Grünen-Jungpartei ist dezidiert gegen die Vorlage.

«Wir befürworten, dass die international harmonisierte Mindeststeuer erhoben wird», sagt Prisca Birrer-Heimo (SP/LU), das Problem sei aber die Umsetzung. Zahlen würden zeigen, dass besonders die Kantone Zug und Basel vom zusätzlichen Geld profitieren würde. Dies laufe darauf hinaus, dass man den Unternehmen aus der einen Tasche mehr Geld nehme, dieses aber in Form von Goodies wieder in eine andere Tasche der Unternehmen oder ihrer Manager zuführe. Ein Beispiel dafür wären Steuersenkungen für die Reichen.

Was sagen die Befürworter*innen?

Neben dem Bundesrat sprach sich auch der Nationalrat für eine Umsetzung der Vorlage aus. Ebenfalls dafür sind SVP, FDP, GLP und Mitte-Partei. «Es geht darum, dass wir die Steuereinnahmen in der Schweiz sicherstellen wollen», sagt Finanzvorsteherin Karin Keller-Sutter vor den Medien. 

Dass die Kantone mit vielen internationalen Unternehmensgruppen vom zusätzlichen Geld profitieren, ist auch so gewollt, wie es in der Abstimmungszeitschrift heisst. Denn «damit können die Einnahmen gezielt dort eingesetzt werden, wo die zusätzliche Steuerbelastung zu einer Einbusse an Standortattraktivität führt», schreibt der Bund. Auch ein Teil des Geldes, das der Bund erhalten würde, soll in die Standortattraktivität der ganzen Schweiz investiert werden.

Zudem kommt es so oder so zu einer gewissen Umverteilung, denn die Mehreinnahmen aus OECD-Steuer werden für die Verteilung des nationalen Finanzausgleichs berücksichtigt, wie es in der Abstimmungszeitung heisst: «Davon profitieren auch finanziell schwächere Kantone», sagt Keller-Sutter am Montag.

Welche Chancen haben die Gegner*innen?

Eigentlich kämpft die SP gegen Windmühlen, nicht mal ihre treue Gefährtin, die Grünen, wollen sich in die Nesseln setzen. Die Befürworter, allen voran Bundesrätin Karin Keller-Sutter, sollten sich allerdings nicht zu sehr in Sicherheit wähnen. Denn die SP gewann in den letzten Monaten gleich zwei Steuervorlagen gegen augenscheinlich übermächtige Gegner*innen. So behielt das Volk die Stempelsteuer bei und wollte auch die Verrechnungssteuer nicht streichen.

Was macht die SP so zuversichtlich, dass eine erneute Vorlage ebenfalls in ihrem Sinn ist? «Es gab gegen die Übernahme der internationalen Regeln nur wenig Vorbehalte im Parlament», sagt Birrer-Heimo. Denn allen sei klar: «Besteuern wir die Unternehmensgruppen nicht, tun es andere.»

Was sagen die Kantone?

Die Kantone würden die Bestrebungen einstimmig unterstützen, wie der Zürcher Regierungsratspräsident Ernst Stocker (SVP) im Rahmen der Medienkonferenz sagt. «Attraktive Steuern werden für die Investitionsentscheide künftig eine weniger grosse Rolle spielen», zeigte sich Stocker überzeugt. Für die öffentliche Hand sind Mehreinnahmen zu erwarten. «Die beschlossene Verteilung ist angebracht.» Dass man heute schon über den Verteilschlüssel spreche, hält Stocker für verfrüht. «Man kann noch nicht über Geld sprechen, das man noch nicht hat.»

Was passiert bei einem Nein?

Wie Birrer-Heimo verweist SP-Co-Präsident Cédric Wermuth im «Tages-Anzeiger» darauf, dass bereits am nächsten Tag eine Vorlage erarbeitet werden könnte, da man sich hinsichtlich der Eckwerte einig sei. Wäre dies der Fall, bekäme wohl die Idee der Mitte, wonach die Mehreinnahmen hälftig zwischen Bund und Kantonen aufgeteilt würden, grossen Aufwind.

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