Berüchtigtes NadelöhrBis die Axenstrasse sicherer wird, ist es noch ein weiter Weg
Von Stefan Michel
25.7.2022
Unfallauto an der Axenstrasse konnte bisher nicht geborgen werden
Polizeitaucher haben das am Sonntag von der Axenstrasse in den Vierwaldstättersee gestürzte Auto nicht orten können, dies weil der See dort sehr tief ist.
25.07.2022
Stärkere Abschrankungen oder ein Strassentunnel hätten den schweren Unfall auf der Axenstrasse womöglich verhindert. Die erste Massnahme lohnt sich aber nicht, weil die zweite seit Jahren blockiert ist.
Von Stefan Michel
25.07.2022, 18:06
26.07.2022, 14:54
Stefan Michel
Wie konnte so etwas bloss passieren? Diese Frage stellen sich viele angesichts des Autounfalls, der sich am Sonntag auf der Axenstrasse ereignet hat.
Zur Erinnerung: Ein Fahrzeug geriet aus noch unbekannten Gründen ausser Kontrolle, durchbrach die Abschreckung und stürzte 50 Meter tief in den Vierwaldstättersee. Weil das Wasser an der Unfallstelle bis zu 180 Meter tief ist, konnte die Polizei das Gefährt bisher noch nicht bergen.
Die Axenstrasse, die von Brunnen im Kanton Schwyz dem Urnersee entlang nach Flüelen führt, ist berüchtigt. Nicht nur ist sie ein Nadelöhr auf dem Weg von der Alpennord- auf die Alpensüdseite. Unfälle wirken sich oft grossflächig aus. Zudem kommt es auf der kurvenreichen, in den Fels gehauenen Strecke regelmässig zu Steinschlag – oder die Sensoren schlagen Alarm, bevor es soweit kommen kann.
Die Folgen sind bekannt: Meldungen, dass die Axenstrasse gesperrt werden musste, sind keine Seltenheit.
Diesmal war es ein Autounfall. Fragen drängen sich auf: Warum gibt es an der Unfallstelle, an der die Strasse buchstäblich am Abgrund verläuft, keine stärkere Abschrankung? Eine Leitplanke oder sogar eine Mauer scheinen aus Laiensicht angesichts der Gefahrenlage nicht übertrieben.
Tragfähigkeit ist beschränkt
Das Bundesamt für Strassen (Astra) erklärt auf Anfrage von blue News: «Der Einsatz eines stärkeren Fahrzeugrückhaltesystems vor Ort wäre nur unter grösstem baulichen Aufwand» möglich. Der Verkehr könnte über längere Zeit nur mindestens auf einem Streifen geführt werden, «da die Tragfähigkeit der Auskragung nicht gegeben ist. Darauf weisen auch Tafeln vor Ort hin, dass keine Lastwagen auf das Trottoir fahren dürfen.»
Ausserdem seien grössere bauliche Massnahmen aus Sicht des Landschaftsschutzes an der besagten Stelle nur schwer umsetzbar. Der Landschaftsschutz und weitere Umwelterwägungen verweisen auf die seit Jahren projektierte «Neue Axenstrasse».
Eigentlich sollte die Axenstrasse an der Unfallstelle – dem sogenannten Wolfsprung – längst in einem Tunnel verlaufen. Die Kantone Uri und Schwyz haben die Realisierung des Projekts bewilligt.
Seit Jahren beschäftigen sich Gerichte aber mit Einsprachen von Umweltverbänden. Diese vermissen flankierende Massnahmen, weil sie Mehrverkehr als Folge der neuen Strasse befürchten.
Bleibt die Frage: Ist die Axenstrasse überhaupt sicher genug für den Verkehr? Ja, bestätigt das Astra. Die geltenden Normen und Standards für eine Nationalstrasse dritter Klasse – die für gemischten Verkehr freigegeben sind – seien erfüllt. «Das Hauptrisiko für unsere Kundschaft geht auf dieser Strecke von den Naturgefahren aus, und hier hat das Astra in den letzten 15 Jahre viel investiert.»
Kurzfristige Massnahmen ergriffen
Als Sofortmassnahme hat das Astra im Bereich der Unfallstelle die gültige Maximalgeschwindigkeit von 80 auf 60 km/h gesenkt. «Damit wird die Sicherheit gewährleistet, bis die Reparaturarbeiten erledigt sind.» Übergangsweise sei auch das zerstörte Geländer durch ein Steinschlagschutznetz ersetzt worden.
Die Axenstrasse habe gesperrt werden müssen, sei nun aber wieder befahrbar, hält man beim Astra fest. Und weiter: «Langfristig und nachhaltig wird sich die Sicherheitssituation auf der Axenstrasse nur durch den Bau der Neuen Axenstrasse verbessern.»