Fragen und AntwortenGasspeicher in der Schweiz sollen unter die Erde
Monique Misteli
9.11.2022
Hätte die Schweiz Speicher für Erdgas, Biogas und Wasserstoff, würde das einer sicheren Landesversorgung dienen. Der Bund prüft nun, ob solche Speicher gebaut werden können.
Monique Misteli
09.11.2022, 18:06
Monique Misteli
Am Mittwochmorgen hat der Bundesrat einen Bericht zum Bau von Gasspeichern in der Schweiz zur Kenntnis genommen. Dieser zeigt, dass saisonale Speichermöglichkeiten für Erdgas, Biogas oder Wasserstoff einer sicheren Energieversorgung in der Schweiz dienen könnten.
Denn die Schweiz verfügt weder über eigene Erdgasvorkommen noch über grössere inländische Speicherkapazitäten. Deshalb importiert sie das Erdgas zu 100 Prozent aus dem Ausland.
Erdgasversorgung in der Schweiz
Gemäss dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) macht Erdgas rund 15 Prozent des Energiebedarfs in der Schweiz aus. Es wird vor allem zum Heizen und Kochen (rund 300'000 Privathaushalte heizen mit Gas) sowie in der Industrie und im Gewerbe verbraucht.
Die Schweizer Gasunternehmen beziehen das Erdgas auf den Handelsplätzen in den umliegenden EU-Ländern.
Der Bundesrat hat nun das Wirtschafsdepartement (WBF) und das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beauftragt, die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für den Bau von inländischen Gasspeichern abzuklären. Dabei geht es vor allem um saisonale Speicher, die unter der Erde gebaut werden.
Die Branche soll in dem Prozess involviert werden. Ergebnisse werden für Ende April 2023 erwartet.
Hier findest du die Antworten auf die momentan wichtigsten Fragen zu unterirdischen Gasspeichern.
Was sind Gasspeicher überhaupt?
Um Erdgas zu speichern, werden meist grosse unterirdische Speicheranlagen gebaut. Diese werden im Sommerhalbjahr gefüllt und während der Heizperiode im Winter geleert.
Verbrauchsspitzen während des Tages werden hingegen von kleineren Übertage-Metallspeichern ausgeglichen. Es gibt sie als Niederdruckspeicher (Gasometer) und Hochdruckspeicher (Kugel- und Röhrenspeicher).
Die Gasspeicher sind seit Kriegsausbruch in der Ukraine bedeutender geworden. Bereits 2009, als es zwischen Russland und der Ukraine zu Liefereinschränkungen kam, wurden die Kapazitäten in Mittel- und Westeuropa massiv ausgebaut.
Weshalb sollen die Speicher unterirdisch sein?
Unterirdisch können grössere Gasspeicher als an der Oberfläche gebaut werden, sagt Marianne Zünd vom Bundesamt für Energie auf Anfrage von blue News und verweist auf die umliegenden Ländern, welche grösstenteils über unterirdische Gasspeicher verfügen.
Der Bau solcher Anlagen dauere vom Entscheid bis zur Realisierung erfahrungsgemäss zwischen fünf und zehn Jahren.
Wie viele Gasspeicher sind geplant und wo sollen sie gebaut werden?
«Wie viele Gasspeicher mit welcher Kapazität und wo die gebaut werden sollen, ist noch nicht bekannt», sagt Zünd. Zunächst werde mit der Gasbranche zusammen geprüft, welche gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen nötig sind, damit Gasspeicher überhaupt gebaut werden können.
Konkret heisst das: Welche Bewilligungen braucht es? Muss das Energieversorgungsgesetz geändert werden? Wer würde die Gasspeicher betreiben? Wie würde dies abgegolten werden? Was kostet der Bau eines Gasspeichers überhaupt?
Was will man mit den Gasspeicher bezwecken?
Laut Zünd hat die Schweiz heute keine grossen Gasspeicher, es gebe lediglich Tagesspeicher, die sehr rasch leer sind. Das gas muss daher laufend über Pipelines importiert werden.
Mit eigenen unterirdischen Gasspeichern wolle man sich aus der Abhängigkeit lösen und eine eigene wirtschaftliche Landesversorgung gewährleisten.
Wie passt mehr Gasspeicher mit den Klimazielen zusammen?
Dank Elektrifizierung und Energiesparmassnahmen werde der Anteil des Erdgases im Schweizer Energieverbrauch bis 2050 deutlich sinken, schreibt das BFE. Zudem sollen die Gasspeicher zusehends Biogas und Wasserstoff speichern.
Warum prüft der Bund erst jetzt?
Die Branche hat in der Vergangenheit einige solche Projekte näher. Umgesetzt wurden sie aber bisher nicht, meist aus wirtschaftlichen Gründen oder fehlenden Informationen zum Untergrund.
Die Gasbranche habe sich vorwiegend auf die bisher reibungslos funktionierende Beschaffung des Gases auf den europäischen Gasmärkten und laufende Importe verlassen.
«Dieses Schönwetterprogramm wurde in diesem Jahr aber stark gestört», sagt Zünd. Während der jetzigen Krise habe man nun realisiert, dass Handlungsbedarf bestehe und die Schweiz auf möglichst viel eigene Produktion beim Strom und auch auf inländische Speichermöglichkeiten beim Gas setzen sollte, so Zünd.